Champions-League-Aus gegen Manchester City Die Leiden der jungen Dortmunder

Der BVB durfte dank Bellingham vom Halbfinale der Champions League träumen. Beherzte 17-Jährige reichten gegen Manchester City aber nicht aus. Die Fehler machten die Routiniers – und das Handspiel von Can war Thema.
Aus Dortmund berichtet Marcus Krämer
»Es ist unglaublich, dass er erst 17 Jahre alt ist.« Pep Guardiola über Jude Bellingham (Foto)

»Es ist unglaublich, dass er erst 17 Jahre alt ist.« Pep Guardiola über Jude Bellingham (Foto)

Foto: Christopher Neundorf/Kirchner-Media / imago images/Kirchner-Media

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Wenn Edin Terzić von der Seitenlinie Spielernamen reinbrüllt, was er sehr oft tut, muss das nicht zwingend als Kritik gemeint sein. Der Trainer von Borussia Dortmund rief im leeren Westfalenstadion am häufigsten den Vornamen von Jude Bellingham, und der Engländer zeigte im Viertelfinale der Champions League erneut eine herausragende Leistung. Terzić half von außen bei der Orientierung mit, aber Bellingham trifft meist auch ohne Kommandos erstaunlich viele gute Entscheidungen.

Die Leistung des jungen Mannes war so auffällig, dass auch der Trainer des Gegners später schwer angetan schien. »Es ist unglaublich, dass er erst 17 Jahre alt ist«, sagte Citys Trainer Pep Guardiola über Bellingham. »Vielleicht ist er ein Lügner. Er ist dermaßen gut, ein fantastischer Spieler.« Doch am Ende des Rückspiels sollte es nur zu einem 1:2 aus Sicht des BVB gegen Manchester City reichen.

Der BVB träumte 40 Minuten lang vom Einzug ins Halbfinale – vor allem dank Bellingham. Er traf mit einem Schlenzer zur frühen 1:0-Führung (15. Minute), die als Endergebnis zum Weiterkommen gereicht hätte. Vor allem aber war Bellingham omnipräsent. Er lief an, er verschob, er rannte ohne Rücksicht auf Müdigkeit, er führte beherzte Zweikämpfe und war mit einer Rettungstat kurz vor der Torlinie (32.) mit dafür verantwortlich, dass Citys immenser Druck nicht schon vor der Pause zum Ausgleich führte.

»Das Einzige, was wir bei Bellingham nicht kennen, ist sein Limit«, sagte Terzić.

Bellingham ist der neue Anführer der jungen Dortmunder Garde, die mit Erling Haaland, 20, Ansgar Knauff, 19, und Mateu Morey, 21, drei weitere U21-Spieler in der Startelf hatte und mit dem eingewechselten Giovanni Reyna, 18, noch Verstärkung bekam. Wie schon im Hinspiel (1:2) verlangte der BVB in dieser Besetzung dem großen Favoriten Manchester City alles ab. Nach den 180 Minuten steht aber auch fest: Guardiolas Team war besser, es trifft nun auf Bayern-Bezwinger Paris Saint-Germain im Halbfinale.

Haaland seit sieben Spielen ohne Tor

Nach starker Anfangsphase, in der die Borussia längere Ballbesitzphasen hatte und durch Bellinghams Treffer auch im Ergebnis belohnt wurde, stellte Guardiola ein wenig um, und so begann für die Gastgeber eine lange Leidenszeit. Angetrieben von Kevin De Bruyne, der etwas zurückgezogen Angriff um Angriff initiierte, zog City das gewohnte, nur mit sehr viel Laufarbeit zu verteidigende Spiel auf.

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Der Druck wurde auch immer größer, weil die Gegenangriffe seltener wurden und Haaland in der ersten Hälfte ohne Torschuss blieb. »Wir haben seinen Einfluss minimiert«, sagte Guardiola. »Unser Plan war, Haaland so selten wie möglich den Ball zu geben und ihn weit von unserem Strafraum fernzuhalten.« Der Stürmer hat nun, inklusive der Länderspiele mit Norwegen, in sieben Partien kein Tor erzielt. Der ehrgeizige Haaland leidet in solchen Phasen ganz besonders. »Es wird nicht mehr lange dauern, ehe er wieder trifft«, ist sich Terzić sicher.

Lässt der Elfmeter das Spiel kippen?

Die Dortmunder litten jedoch auch, weil sie sich wie schon im Hinspiel vom Schiedsrichter benachteiligt fühlten. Vor einer Woche war ein Treffer von Bellingham nicht anerkannt worden. Diesmal entschied Carlos del Cerro Grande nach einer Rettungstat von Emre Can auf Handelfmeter, den Riyad Mahrez verwandelte (55.). Can köpfte sich selbst an den Oberarm, was nach neuester Regelauslegung keine strafbare Handlung ist. »Das verstehe ich nicht«, sagte Terzić, der kein regelwidriges Handspiel gesehen haben will. »City hatte, gerade in diesen beiden Szenen, das Glück auf seiner Seite.«

Womöglich änderte der Videoassistent die Entscheidung nicht ab, weil die Berührung mit dem Kopf minimal war und deshalb keine eindeutige Fehlentscheidung vorlag. Für Sky-Experte Dietmar Hamann war der Elfmeter eine »skandalöse Entscheidung«, die den BVB aus dem Tritt gebracht habe und das Spiel entschied. Andererseits war City schon zuvor immer stärker geworden und es wäre bei der Spielentwicklung schwer vorstellbar gewesen, wie die Dortmunder 35 weitere Minuten ohne Gegentor überstanden hätten.

Die Fehler machen die Routiniers

Can gehört damit, anders als Bellingham oder auch Mahmoud Dahoud, zu den persönlichen Verlierern dieses Viertelfinales. Im Hinspiel war es sein krasser Abspielfehler gewesen, der Manchester die 1:0-Führung beschert hatte. Nun der Elfmeter, der – berechtigt oder nicht – mit einer anderen Armhaltung im Zweikampf hätte vermieden werden können.

Can ist mit 27 Jahren Führungsspieler, der seit Wochen konstant gute Leistungen zeigt. In der Zukunft muss er solche Fehler jedoch abstellen. Das junge Team muss sich auf die Routiniers verlassen können.

Verbesserungspotenzial hat der BVB auf der Torhüterposition. Ähnlich wie Can zeigte Marwin Hitz ein über weite Strecken gutes Spiel, sowohl auf der Linie als auch im Aufbauspiel als Anspielstation für die beiden Innenverteidiger Mats Hummels und Manuel Akanji. Beim Siegtreffer von Phil Foden (75.) muss sich Hitz, 33, jedoch den Vorwurf gefallen lassen, die kurze Ecke nicht konsequent genug abgedeckt zu haben. Der Schweizer ist ein solider Torwart, der seinem Team jedoch zu selten Punkte rettet und vereinzelt Fehler einstreut.

In der Summe war das dann zu viel Leiden, um eine Mannschaft wie Manchester City auszuschalten.

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