
Reus' Vertragsverlängerung beim BVB Uns Marco
- • Bundesliga: Reus bleibt bis 2019 bei Borussia Dortmund
- • Dortmunds Niederlage gegen Augsburg: Torlos, ideenlos, fassungslos
72-mal hat Marco Reus für Borussia Dortmund in der Bundesliga bisher gespielt. Er hat dabei 34 Tore erzielt, er hat 28 Treffer vorbereitet, seine Passquote liegt bei starken 76 Prozent. Man kann unwidersprochen behaupten, dass Marco Reus der wichtigste Spieler von Borussia Dortmund ist, zumindest was die Offensive angeht. Und er wird es bleiben.
Die Saison war für den BVB bislang eine Spielzeit, in der schiefzugehen schien, was schiefgehen kann. Absturz ans Tabellenende, Zweifel am bislang unantastbaren Trainer, Verletzungen, immer wieder Verletzungen. An Borussia Dortmund klebte die Seuche. Eine Krise, tiefer, als man es je für möglich gehalten hätte.
Aber es gibt Momente, in denen sich alles umkehren kann. Dieser Dienstag kann ein solcher Moment für den BVB sein. Die Vertragsverlängerung von Reus ist weit mehr als der Umstand, dass ein Schlüsselspieler, zudem Deutschlands Fußballer des Jahres 2012, sich zunächst dauerhaft an seinen Klub bindet. Es ist in der aktuellen Dortmunder Situation ein Signal, und es wird von allen auch so verstanden werden. Wenn dies keine Kräfte im Abstiegskampf freisetzt, dann kann wahrscheinlich kein Mittel der Welt mehr helfen.
Reus bestimmt das Tempo des BVB-Spiels
Reus ist der Schlüssel des Dortmunder Tempospiels. Er ist, sofern er gesund und fit ist, in der Lage, jede Geschwindigkeit auf dem Weg nach vorn nicht nur mitzugehen, sondern selbst zu bestimmen. Reus ist torgefährlich, zumindest an seinen vielen guten Tagen. Er ist aber gleichzeitig, und das weist die hohe Zahl seiner Assists aus, ein Teamspieler, einer mit Blick für besser postierte Nebenleute. Nicht vielen Fußballern gelingt es, diese beiden Qualitäten auszubalancieren. Reus gehört zu den wenigen.
Die leidige Führerschein-Geschichte, die wiederholten Verletzungspausen, sie haben möglicherweise dazu geführt, dass das Interesse anderer Top-Vereine an dem 25-Jährigen zuletzt etwas nachgelassen hat. Dass der FC Barcelona, dessen Spielstil Reus so zusagt, in diesem Sommer mit einem Transferverbot belegt ist, kommt hinzu. All das wird die Entscheidung des gebürtigen Dortmunders beeinflusst haben. Es wird nicht nur echte Treue im Spiel gewesen sein, sondern auch reine Pragmatik. Aber dem BVB kann das relativ gleichgültig sein.
Der Verein ist der große Gewinner. Die Ausstiegsklausel, die die Transfersumme für Reus auf für ihn eher niedrige 25 Millionen Euro festgeschrieben hat, ist vom Tisch. Wenn der Spieler künftig Angebote bekommt, werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit höher sein. Deutlich höher. Geschadet hat es dem BVB jedenfalls nicht, dass der gefühlte Marktwert seines Edelangreifers zuletzt gesunken war. Ab sofort kann er aus Sicht des Vereins wieder steigen.
Ein monatelanges Hin und Her ist jetzt zu Ende
Und das ist durchaus denkbar. Denn mit der Unterschrift geht eine monatelange Hängepartie zu Ende, die in die gleiche Zeit fiel wie die heftigste Krise des Vereins seit vielen, vielen Jahren. Die Probleme rund um Reus begannen im Juni vergangenen Jahres, als er sich bei der WM-Generalprobe gegen Armenien einen Teilriss der Syndesmose zuzog. Während die deutsche Nationalmannschaft in Brasilien Weltmeister wurde, schuftete der Dortmunder in der Reha-Klinik.
Mitten in die Sommerpause hinein dann der nächste Nackenschlag: Bayern Münchens Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge plauderte in der Öffentlichkeit vertrauliche Vertragsdetails über Reus' Ausstiegsklausel aus, sein Dortmunder Kollege Hans-Joachim Watzke schäumte. Das ohnehin angespannte Verhältnis der beiden Klubs wurde nach dem Abgang von Robert Lewandowski nach München erneut auf eine Belastungsprobe gestellt.
Als man meinte, die Aufregung habe sich gerade wieder ein wenig gelegt, verletzte sich Reus erneut - wieder in einem Länderspiel, diesmal gegen Schottland. Mit seinem Verein ging es sportlich immer weiter bergab, doch der Tiefpunkt war noch längst nicht gekommen. Der sollte erst im Dezember erreicht werden, als herauskam, dass Reus - seit Ende November abermals am Sprunggelenk verletzt - jahrelang ohne Führerschein Auto gefahren war. Die 540.000 Euro Strafe wogen dabei weniger schwer als die öffentliche Häme und der geradezu dramatische Imageverlust.
Doch: Sein Verein stellte sich konsequent hinter Reus. Watzke sicherte dem jungen Spieler die "komplette Solidarität" des Klubs zu: "Wir stehen zu Marco wie eine Eins." Es war wohl auch dieser Rückhalt, der Reus nun dazu bewegt hat, im Gegenzug für seinen Heimatverein da zu sein. Er nimmt dafür sogar in Kauf, dass er in der kommenden Saison - zumindest mit dem Klub - nicht international spielen wird. Watzke ist deshalb der Ansicht, dass Reus Entscheidung "ein Höchstmaß an Identifikation" zeige und dass Reus drauf und dran sei, "der Uwe Seeler" Dortmunds zu werden. Der Vergleich hinkt natürlich, aber ohne große Emotionen geht es in Dortmund nun mal nicht.
Marco Reus hat nun die Chance, sich beim BVB als Führungsspieler, als Retter zu beweisen. Das wird nicht nur seinem Verein, sondern vor allem auch seinem Ansehen einen ordentlichen Schub verleihen. Gehen kann er danach immer noch.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Weiter in Schwarz-Gelb: Marco Reus hat seinen Vertrag bei Borussia Dortmund bis Sommer 2019 verlängert. An dem 25-Jährigen waren angeblich mehrere europäische Spitzenklubs interessiert.
Geboren wurde Reus in Dortmund, beim Nachwuchs der Borussia schien ihm aber der Durchbruch nicht so recht zu gelingen. Daher wechselte Reus 2007 zu Rot Weiss Ahlen. Mit dem Klub stieg er 2008 in die zweite Liga auf.
Zur Saison 2009/2010 wechselte Reus (unten, Mitte) für rund eine Million Euro zu Borussia Mönchengladbach.
Dort gelang ihm auf Anhieb der Durchbruch, acht Tore erzielte er in seiner ersten Saison.
Über Reus Ballkünste staunte auch die Konkurrenz aus München, in dieser Szene Bastian Schweinsteiger.
Doch trotz Reus' starker Leistungen musste Gladbach 2011 in die Relegation. Gegen den VfL Bochum gewann die Borussia das Hinspiel 1:0, beim 1:1 im Rückspiel erzielte Reus den wichtigen Ausgleich.
Ein Jahr später verabschiedete sich Reus aus Mönchengladbach, er wechselte für rund 17 Millionen Euro zurück nach Dortmund, zur dortigen Borussia, in deren Nachwuchs er einst für nicht bundesligatauglich befunden wurde.
Gleich in seinem ersten Bundesligaspiel für den BVB traf Reus beim Saisonauftakt gegen Werder Bremen.
Gemeinsam mit seinem alten Kumpel Mario Götze, der ebenfalls aus der Dortmunder Jugend stammt, bildete Reus ein überragendes Mittelfeld-Duo.
In seiner ersten Saison beim BVB erreichte Reus mit Dortmund das Champions-League-Finale. Im Endspiel traf die Borussia auf den FC Bayern, der 2:1 gewann.
Ein Jahr später standen sich beide Teams wieder in einem Endspiel gegenüber, dem Pokalfinale. Wieder verloren Reus und der BVB. 0:2 nach Verlängerung hieß es aus Dortmunder Sicht.
Wenige Tage später die nächste große Enttäuschung für Reus: Im Testspiel gegen Armenien verletzte sich der Mittelfeldspieler so schwer, dass er seine WM-Teilnahme absagen musste. Während er zu Hause in der Reha schuftete, wurden seine Kollegen in Brasilien Weltmeister.
Zur Saison 2014/2015 war Reus wieder fit - und verletzte sich erneut schwer. Gegen Paderborn erlitt er einen Außenbandriss im rechten Sprunggelenk, die Hinrunde war für ihn gelaufen.
Zu allem Überfluss kam auch noch die Führerschein-Affäre ans Licht. Reus war jahrelang ohne gültige Fahrerlaubnis unterwegs und musste fast eine halbe Million Euro Strafe zahlen.
Zuletzt hatte Reus aber wieder Grund zum Jubeln. Beim Spiel in Freiburg erzielte er das 1:0, Endstand 3:0. Damit kletterte die abstiegsgefährdete Borussia von Platz 18 auf Rang 16.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden