Rückkehr in die Fußball-Bundesliga Endlich bekommt Löw die Antwort von Mario Götze

Mario Götze bei der offiziellen Vorstellung in Frankfurt
Foto: Heiko Becker / REUTERSDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Mario Götze ist wieder da, in der Bundesliga, und mit ihm der Trubel. Der das einstige Wunderkind des deutschen Fußballs durch seine ganze Karriere begleitet hat – und der auch ein Grund war, warum Götze sich vor zwei Jahren in die vermeintlich kleinere niederländische Ehrendivision verabschiedet hatte.
Damals war es auch eine Art Flucht vor den Erwartungen, die an ihn immer etwas höher waren als an andere. Und die ihn in den letzten Bundesligajahren in München und Dortmund eher belastet als beflügelt hatten.
Mittlerweile ist Götze 30, der Ausflug nach Eindhoven ist Vergangenheit, und Götze macht am Dienstagmittag, als Eintracht Frankfurt seinen prominenten Zugang der versammelten Presse vorstellt, den Eindruck eines Erfrischten, Erholten.
Die Antwort auf den berühmten Löw-Satz
»Ich muss mir nur noch selbst etwas beweisen«, sagt er, und es mag ihm möglicherweise selbst nicht aufgefallen sein, aber es klingt natürlich wie die Antwort auf den berühmtesten Satz, den Götze seit Rio 2014 mit sich herumschleppt. Den Satz von Joachim Löw, nach dem er der Welt beweisen solle, dass er besser sei als Lionel Messi.

Götze bei der PSV
Foto: IMAGO / ANPMessi-Vergleiche stellt in Frankfurt acht Jahre später niemand mehr an, aber die Aufregung, einen Mario Götze in der Stadt und in der Mannschaft zu haben, sie ist immer und überall noch spürbar. Wo er denn wohnen wolle, welchen Eindruck er von der Stadt habe, ob die Familie mit ihm ziehe – es sind weihevolle Fragen, die ein wenig klingen, als werde da ein US-Popstar interviewt, der seinen Lebensmittelpunkt von Los Angeles nach Frankfurt verlege.
Dabei war es zuletzt nicht L.A., sondern doch nur Eindhoven, ein Klub und eine Stadt, vor denen sich Frankfurt eigentlich nicht verstecken muss.
»Das gesamte Paket«
Tausend Fans sind zum Trainingsauftakt erschienen, die Euphorie um den Klub ist nach der Europa-League-Himmelfahrt der Vorsaison immer noch riesig, die Personalie Götze setzt noch eins drauf. »Das gesamte Paket« habe ihn von der Eintracht überzeugt, erzählt der Spieler, die »emotionalen Fans, die Liga, die Challenge der Champions League«.
Pressekonferenzen mit Mario Götze waren in der Vergangenheit für die Journalistinnen und Journalisten nicht immer ein Vergnügen, Götze gab gern den Unnahbaren, in der Öffentlichkeit war ihm selten mehr als die gängigen Fußballerphrasen zu entlocken, manche haben ihm das als Arroganz ausgelegt.
Davon ist jetzt nur noch wenig zu spüren. Noch immer ist Mario Götze nicht der große Unterhalter, wenn er sagt, dass er »den Impact auf die Mannschaft legen« wolle und er bemüht sei, »meine Performance zu finden«, aber man merkt dem 30-Jährigen an, dass er Lust hat auf das, was ihn erwartet.
Eindhoven-Kapitel ist abgehakt
Die vollen Stadien, »die man jetzt wieder genießen kann«, zum Bundesliga-Auftakt wartet gleich sein Ex-Klub Bayern München, dann geht es zum Supercup gegen Real Madrid, »es könnte schlechter sein«. Ein Auftritt, den man fast schon locker nennen darf.

Götze mit dem WM-Pokal
Foto: Shaun Botterill / FIFA / Getty ImagesEs sei »eine gute Zeit« bei der PSV in den Niederlanden gewesen, »mal andere Teams, mal eine andere Sprache«, aber man merkt ihm an, dass er dieses Kapitel schon abgehakt hat, beinahe so etwas wie eine Auszeit, so wie er das meiste aus der Vergangenheit am liebsten vergangen sein lässt: »Mein Fokus liegt auf dem, was noch kommt. Ich bin im Hier und Jetzt.«
Das Hier und Jetzt, das ist das Training unter Oliver Glasner, und der hatte am Vortag schon klargemacht, dass »wir unsere Spielidee jetzt nicht an Mario Götze orientieren«. Star hin oder her – der 30-Jährige wird sich bemühen, »meine Qualitäten in das bestehende System zu integrieren«. Was heißt: »Meine Stärken liegen sicher im letzten Drittel, darin, gegen tiefer stehende Gegner Lücken zu finden.«
Schon 60 Mal in der Champions League
Und Erfahrungen weiterzugeben. Götze hat 60 Champions-League-Partien bereits auf seinem Konto, da kann kein anderer Frankfurter mithalten, auch nicht Kevin Trapp, Sebastian Rode oder der andere bekannte Sommerzugang Lucas Alario. Ob er denn auch geholt worden sei, damit sich die Jüngeren an ihm orientieren? »Ich gehe auf dem Platz gern voran, lieber als verbal jedenfalls«, sagt Götze, aber »wenn jemand nach Tipps fragt, bin ich natürlich bereit«.
Er wird sich an die Rolle als Leitfigur dieser neuen ambitionierten Eintracht gewöhnen müssen, dafür hat sein Name einfach noch zu viel Strahlkraft. So viel, dass sich die Frage nach einer möglichen WM-Teilnahme an diesem Mittag fast aufdrängt. »Das Wichtigste ist für mich, dass ich selbst besser werde. Alles andere ist weit weg für mich. Das letzte Länderspiel war vor ein paar Jahren. Da hatte ich eine gewisse Rolle, da war das sehr nah.«
Aktuell sei das »kein Thema«, aber als er auf Nachfrage erwähnt, dass auch Bundestrainer Hans Flick zu denen gehört habe, die ihm zur Rückkehr nach Deutschland gratuliert haben, muss er doch ein bisschen lächeln.
Erste Kontakte im Vorjahr
Bereits im Vorjahr habe es erste Anbahnungskontakte zwischen dem Klub und ihm gegeben, berichtet Götze. Aber damals habe er »das Projekt in Holland noch weiterführen wollen«. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Eintracht als Champions-League-Teilnehmer und Europacupsieger ökonomisch andere Möglichkeiten hat als vor Jahresfrist.
Trainer Oliver Glasner hat erzählt, die Idee für den Transfer sei mitten in den Europa-League-Feierlichkeiten zustande gekommen, weil Sportdirektor Markus Krösche »mich auf Mallorca im Bierkönig angerufen hat, er hat in Frankfurt gefeiert, ich auf Malle, und dann haben wir uns einfach gedacht: Lass uns den Götze attackieren.«
Natürlich ist diese Geschichte nicht wahr und nur ein Scherz von Glasner, und das ist ja auch gut so, weil man sonst denken könnte, die Verpflichtung von Mario Götze sei eine Schnapsidee gewesen. Die Frankfurter Anhängerschaft, sie hat zwar eine leichte Neigung, sich an sich selbst und am Klub zu berauschen, aber Götze und Eintracht Frankfurt – das scheint selbst bei nüchterner Betrachtung einiges zu versprechen. Stand jetzt.