
Fotostrecke: Götze und die Stille nach dem Schuss
Jungstar Götze "Ein bisserl eine Respektsgeschichte"
Mario Götze wirkte zwiegespalten im Gang zwischen Umkleidekabine und FC-Bayern-Bus - wie schon den ganzen Abend. Er ging zunächst einen Schritt auf Kameras und Mikrofone zu, dann entfernte er sich wieder. Bis Bayern Münchens Medienchef ein Machtwort sprach und einen kleinen Einblick in die Seele des 21-Jährigen gewährte: "Er möchte heute keine Interviews geben. Das ist für ihn jetzt auch ein bisserl eine Respektsgeschichte. Es hängt wirklich noch viel an ihm", sagte Markus Hörwick. Viel Erinnerung.
Götze verschwand Sekunden später im Bayern-Trainingsanzug, mit dunkler Schlumpfmütze und goldfarbenem Rucksack durch den Ausgang. In der Hand hielt er ein Trikot seines Ex-Vereins. Der Nationalspieler hatte es nach dem 3:0-Erfolg der Bayern in Dortmunds Umkleidekabine mit seinem eigenen Trikot getauscht, er hatte dieses Zeichen für wichtiger befunden, als mit seinen neuen Clubkollegen in der Fankurve zu jubeln. Götze hatte nicht einmal nach seinem wegweisenden Treffer zum 1:0 der Bayern zehn Minuten nach seiner Einwechslung die Arme in die Höhe gerissen. Auch das gehört zur Respektsgeschichte.
Dabei hatten die Borussia-Anhänger ihren einstigen Liebling, den die Bayern in diesem Sommer aus seinem Vertrag bei Dortmund herausgekauft hatten, gnadenlos ausgepfiffen. Bei der Verkündung der Mannschaftsaufstellung, beim Aufwärmen, bei jeder Bewegung. Auf einer Banderole wurde er heftig verunglimpft. Bayern-Trainer Josep Guardiola wies Götze kurz vor seiner Einwechslung an, sich gemeinsam mit den anderen Bayern-Einwechselspielern im Spielertunnel warm zu machen. Er hätte sich ansonsten vor der Südtribüne, dem Kern der Borussia-Fans, einlaufen müssen.
Ein Treffer mitten ins Herz der BVB-Anhänger
Als Götze an der Seitenlinie stand, blickte er noch einmal kurz zur Südtribüne hoch. Wieder: gellende Pfiffe. Was muss das bei einem jungen Mann auslösen, der elf Jahre lang bei der Borussia war? Und der nicht einmal ein halbes Jahr bei den Bayern spielt? Sein Offensivkollege Arjen Robben sagte später: "Ich habe großen Respekt vor ihm. Er hat gewusst, was kommt, trotzdem ist es nicht schön." Respekt war offenbar das Wort des Abends.

Bundesliga-Top-Spiel: Götzes Antwort
Mit seinem Schuss in der 64. Spielminute traf Götze dann mitten ins Herz der Borussen-Fans. Schlagartig war es still, und auch mit den Pfiffen war es danach fast vorbei. Dortmunds Anhänger konnten nicht fassen, dass ausgerechnet Götze sie auf die Verliererstraße gebracht und einen Graben von sieben Punkten Abstand zwischen sie und die Bayern gezogen hatte. Womöglich bringt dieser Schuss Götze seinem neuen Club nun näher, mit dem er bislang doch eher gefremdelt hatte.
Schon seine offizielle Vorstellung im Sommer war schiefgelaufen, Götze kam mit einem T-Shirt seines Privatsponsors Nike und verärgerte damit Bayern-Großsponsor Adidas, die Wogen mussten mühsam geglättet werden. Zudem war der Neuzugang im Sommer als Verletzter gekommen, er hatte einen Muskelbündelriss, reiste vorzeitig aus dem Trainingslager am Gardasee ab. Später zog er sich noch einen Kapselriss zu. Die meiste Zeit verbrachte Götze auf der Tribüne, wo er von Horden weiblicher Fans abgelichtet wurde, was ihn zunehmend nervte.
Richtig Anschluss fand Götze nicht, auch die Bayern-Fans bereiteten ihm einen eher unterkühlten Empfang. Dabei hat er so großartige fußballerische Fähigkeiten, seine Ballmitnahme und Handlungsschnelligkeit sind beeindruckend, auch sein Zug zum Tor. "Es ist schade, dass er da spielt, wo er spielt. Wir hätten ihn lieber bei uns. Er ist ein überragender Spieler", sagt sein ehemaliger Dortmunder Vereinskollege Lukasz Piszczek.
Bayerns Toni Kroos fragte nach dem Dortmund-Spiel dagegen rhetorisch: "Was soll man ihm vorwerfen? Mario wollte den nächsten Schritt in seiner Karriere machen. Mit seiner Qualität gehört er zu Bayern." Zumal die Dortmunder knapp 40 Millionen Euro durch seinen Verkauf erlösten.
Götze ist im Sommer mit seinem Bruder Fabian, der beim Drittligisten Unterhaching spielt, in eine WG gezogen. An Weihnachten dürften sie die Großeltern aus Ronsberg im Allgäu wiedersehen. Dort, in der Nähe von Memmingen, wuchs Mario Götze, der gebürtige Bayer, bis zu seinem sechsten Lebensjahr auf. Auch das ist etwas, was sein FCB-Kollege Thomas Müller "klassische Fußballgeschichten" nennt: "Und dann kommt er rein und macht das 1:0. Das ist unglaublich." Erfolg verbindet, das war schon immer so beim deutschen Meister.

Einzelkritik FC Bayern: Boateng als "Bruder Leichtfuß", Müller effizient

Einzelkritik BVB: Bollwerk Bender, Reus ohne Glück