

Er möchte noch um ein paar Tage Geduld bitten, hatte Karl-Heinz Rummenigge am vergangenen Samstag gesagt, Nachfragen gab es dann auch nicht. Immerhin war der FC Bayern München in Ingolstadt gerade Deutscher Meister geworden. Der Vorstandschef hatte also andere Dinge zu besprechen als die Frage zu beantworten, ob der Dortmunder Mats Hummels nun zum FC Bayern wechselt oder nicht.
Doch Rummenigge hatte sich ein Grinsen nicht verkneifen können, er schien sehr zuversichtlich. Nun ist aus der Zuversicht Gewissheit geworden: Mats Hummels wechselt im Sommer zu den Bayern. Beim Rekordmeister soll er einen Fünfjahresvertrag bekommen.
Dass Hummels zwischen seinem siebten und neunzehnten Lebensjahr für die Bayern spielte, hat den Transfer sicherlich erleichtert. Zumal er enge Verbindungen nach München pflegte und pflegt: Er hat seine Frau Cathy Fischer 2015 im Stadtteil Schwabing geheiratet, sein Bruder Jonas steht im Kader des Viertliga-Vorstadtklubs SpVgg Unterhaching. Dort war Hummels' Mutter zu Bundesligazeiten übrigens auch Pressesprecherin.
Es ist also fast schon eine Heimkehr für Mats Hummels - auch wenn der Weg länger gedauert hat als manche dachten. "Man wird noch viel Freude an ihm haben. Erst der BVB, dann Bayern München." Das hatte Hermann Gerland bereits 2008 gesagt. Damals war der heutige Co-Trainer der Bayern-Profis noch U23-Coach und als solcher zuständig für Talente wie Philipp Lahm und Thomas Müller. Hummels stand damals kurz vor einer Leihe nach Dortmund - und Gerland prophezeite bereits die Rückkehr, allerdings hatte er diese wohl sehr viel eher erwartet.
Bayern fast schon gezwungen, die Konkurrenz zu schwächen
Auf den ersten Blick wirkt es wirtschaftlich ungeschickt, wenn der FC Bayern 2009 einen Spieler für kolportierte 4,2 Millionen Euro ziehen lässt, um ihn sieben Jahre später für kolportierte 35 bis 40 Millionen zurückzuholen. Sollte sich der Transfer allerdings noch als Tauschgeschäft mit dem in München sehr unglücklichen Mario Götze herausstellen, dürften sich die tatsächlichen Ausgaben der Bayern in Grenzen halten.
Der Hummels-Transfer zeigt ein Dilemma, das den FCB mehr denn je betrifft: Man ist fast schon gezwungen, die Ligakonkurrenz regelmäßig zu schwächen, weil die eigenen Nachwuchsspieler selbst mit Anfang 20 qualitativ viel zu oft viel zu weit von den Profis entfernt sind, um Stammspieler werden zu können. Ein aktuelleres Beispiel ist Pierre Emile Højbjerg, der schon an zwei andere Bundesligisten ausgeliehen wurde. Auch Hummels hatte seinerzeit wohl zu Recht Zweifel daran, ob er Daniel van Buyten oder Martin Demichelis aus der Innenverteidigung verdrängen könne.
Das soll beim zweiten Sommerzugang, den die Münchner 41 Minuten vor Hummels' Wechsel bekannt gegeben haben, anders laufen: Renato Sanches ist noch 18 Jahre alt, und damit nur wenige Monate jünger als Hummels bei seinem Weggang aus München. Der Portugiese ist mit 35 Millionen Euro Ablöse fast genauso teuer wie Hummels. Überzeugen konnte der Profi von Benfica Lissabon vor allem mit seinem leidenschaftlichen Einsatz.
In der Champions League hat Sanches in dieser Saison eine bessere Zweikampfquote erzielt als etwa Arturo Vidal, auf dessen Position er oft spielt. Im Viertelfinale war Sanches beim Auswärtsspiel in München besonders auffällig. Es hat ihm in Bayern offensichtlich gefallen: Die Münchner haben sich im Preiskampf gegen namhafte europäische Konkurrenten durchgesetzt.
Die Kaderplanung für die kommende Saison ist damit schon sehr weit vorangeschritten. Sollte es nicht noch überraschende Abgänge geben - Götze würde nicht dazuzählen -, gibt es keine ernsthaften Baustellen mehr. Auch die rund 75 Millionen Euro, die der FC Bayern für seinen Rückkehrer und das junge Talent ausgibt, müssen nicht händeringend wieder reingeholt werden. Geldprobleme hat man in München ja bekanntlich nicht.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Mats Hummels spielt ab der kommenden Saison beim FC Bayern. Die Ablöse für den 27-jährigen Profi von Borussia Dortmund soll zwischen 35 und 40 Millionen Euro liegen.
Der Kapitän geht von Bord: Dortmunds Spielführer Mats Hummels hatte den BVB um die Freigabe gebeten.
Ihn zieht es dorthin, wo einst seine Profikarriere angefangen hatte: Bayerns Nachwuchscoach Hermann Gerland führte Hummels an die Profimannschaft heran, dort reichte es jedoch nur für einen Bundesliga-Einsatz.
Ein anderer Weg führte ihn zum Spitzenspieler: Als Profi etablierte sich der Verteidiger erst bei Borussia Dortmund. Im Winter 2008 lieh der BVB Hummels für anderthalb Jahre vom FC Bayern aus.
Hummels entwickelte sich schnell, wurde Stammspieler und eine feste Größe im Team: Der BVB zog im Sommer 2009 die Kaufoption in Höhe von 4,2 Millionen Euro. Es folgte eine erfolgreiche Zeit beim Revierklub.
Zweimal Deutscher Meister (2011 und 2012) sowie einmal Pokalsieger (2012) - diese Titel hat Hummels als BVB-Profi gewonnen. Es hätten allerdings noch mehr sein können.
Doch es setzte schmerzliche Niederlagen, besonders schwer wiegt die aus dem Mai 2013. Im Finale der Champions League unterlag Hummels mit Dortmund dem FC Bayern 1:2.
Auch im DFB-Pokal-Finale 2014 scheiterte Hummels an den Münchnern. Besonders bitter: In der 64. Minute erzielte der Verteidiger das 1:0 für die Borussia. Doch Schiedsrichter Florian Meyer erkannte das Tor zu Unrecht nicht an, in der Verlängerung verlor der BVB 0:2.
Titel gab es für Hummels erst wieder mit der deutschen Nationalmannschaft: 2014 wurde der 27-Jährige als Stammspieler Weltmeister beim Turnier in Brasilien. Mit seinem Tor beim 1:0-Sieg gegen Frankreich im Viertelfinale brachte er das DFB-Team in die Runde der besten Vier.
Schmerzvoller Tiefpunkt im April dieses Jahres: Dortmund scheiterte nach einem dramatischen Spiel im Viertelfinale der Europa League an Ex-Trainer Jürgen Klopp und dem FC Liverpool. Auch die Erkenntnis, dass es mit dem BVB in Zukunft schwer werden würde, Titel zu sammeln, dürfte zu Hummels' Entschluss geführt haben, den Verein zu verlassen.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden