
TV-Experte: Mein lieber Scholli
Streit um Dopingberichterstattung Scholl boykottierte ARD-Sendungen
Aufmerksame TV-Zuschauer dürften irritiert gewesen sein. Am vergangenen Mittwoch, kurz vor dem Confed-Cup-Halbfinale zwischen Portugal und Chile, stand nicht wie üblich Mehmet Scholl als Fußballexperte vor der ARD-Kamera, sondern Thomas Hitzlsperger. Der Grund dafür: Streit zwischen Scholl und dem Sender.
Scholl, 46, soll sich im Vorfeld der Sendung geweigert haben, über die Dopingvorwürfe gegen das russische Nationalteam zu sprechen. Das berichtet die "Bild"-Zeitung. Stattdessen habe Scholl über die Erfolge der DFB-Mannschaften sprechen wollen. Einig wurden sich der Experte und die ARD-Redaktion nicht - also soll Scholl vor Sendebeginn das Studio verlassen haben. Auch das zweite Halbfinale zwischen Deutschland und Mexiko ließ er aus, jeweils sprang Hitzlsperger ein.
Die ARD bestätigte dem SPIEGEL den Disput. "Ja, es gab eine Meinungsverschiedenheit", teilte Sportkoordinator Axel Balkausky auf Anfrage mit. Das sei jedoch an sich nicht außergewöhnlich. Man werde das Thema "intern klären". Ob tatsächlich die Dopingberichterstattung Streitanlass gewesen ist, ließ Balkausky unkommentiert.
"Es ist alles prima zwischen der ARD und mir"
Dass Scholl mit dem Doping-Thema nichts anzufangen weiß, ist nicht neu. Schon in der Vergangenheit hatte der ehemalige Profi des FC Bayern behauptet, zu dopen ergebe im Fußball keinen Sinn, weil der Sport zu komplex sei. Ein fragwürdiger Standpunkt, den viele aktuelle und ehemalige Fußballer vertreten. Verschiedene Anti-Doping-Experten sehen das anders. Und dass im Fußball gedopt wurde und wird, gilt als sicher.
Scholls Vertrag mit der ARD läuft noch bis 2018. Offenbar ist er gewillt, diesen auch zu erfüllen. "Es ist alles prima zwischen der ARD und mir. Ich freue mich auf die WM 2018", wird er in der "Bild" zitiert. Der nächste Einsatz steht am 14. August an, wenn die ARD das DFB-Pokalspiel zwischen Hansa Rostock und Hertha BSC überträgt. Die Frage, ob Scholl dann vor der Kamera stehen werde, ließ die ARD unbeantwortet.
Scholl begann 2008 als Experte bei der ARD, als er neben Günter Netzer erstmalig die EM begleitete. Seither sorgte er mehrfach für Schlagzeilen. Während der EM 2012 kritisierte er Nationalstürmer Mario Gomez mit den Worten: "Ich hatte Angst, dass er sich wund gelegen hat, dass man ihn wenden muss". Bei der EM 2016 polarisierte er mit fragwürdiger Kritik an der Taktik des DFB-Teams im Viertelfinale gegen Italien. Zuletzt war Scholl mit einem homophoben Spruch gegenüber Cristiano Ronaldo aufgefallen: "Vielleicht kommt Cristiano Ronaldo ja wirklich in den Knast. Dann mache ich mir Sorgen, dass er als Miss September endet", hatte Scholl gesagt - und damit viel Kritik hervorgerufen.