Mutmaßliche Steuerhinterziehung Ermittlungen gegen Schiedsrichter Kempter

Schiedsrichter Kempter: Ermittlungen ja, Hausdurchsuchung nein
Foto: dapdHamburg - Michael Kempter ist erneut ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Der frühere Fifa-Referee gehört zu jenen Schiedsrichtern, gegen die wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. "Michael Kempter ist einer der Betroffenen des Verfahrens, das kann ich bestätigen", sagte sein Anwalt Christoph Schickhardt am Dienstag. Berichte über eine angebliche Durchsuchung der Privaträume Kempters am Montag dementierte Schickhardt: "Eine Hausdurchsuchung bei Herrn Kempter gab es nicht."
Auch Felix Brych, Fifa-Schiedsrichter aus München, ist nach Informationen von SPIEGEL ONLINE von den Ermittlungen betroffen. "Ich kann nichts zum Stand der Ermittlungen sagen, da es sich um ein schwebendes Verfahren handelt", sagte der 36-Jährige, bei dem mehrere Steuerfahnder vorstellig geworden sein sollen und anscheinend auch Einsicht in Unterlagen nahmen.
Auch bei Michael Kempter klingelte am Montagmorgen das Telefon, die Ermittler der Steuerfahndung München baten den ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichter um ein Gespräch. Im Beisein des 28-Jährigen und seines Steuerberaters schauten sich die Ermittler in der Nähe von Kempters Wohnsitz in Baden-Württemberg zahlreiche Finanzabrechnungen an. Es soll insbesondere um Spiele aus dem Zeitraum 2009/2010 gehen. "Dabei geht es aber keineswegs um kleine zweistellige Beträge. Die Summen liegen im fünfstelligen Bereich", sagte ein Ermittler SPIEGEL ONLINE.
Neben Michael Kempters sollen auch die Unterlagen seines Bruders Robert untersucht worden sein. Auch in Kempters Arbeitsstelle der Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch sollen die Steuerfahnder nach Informationen von SPIEGEL ONLINE Unterlagen abgeholt haben. Kempters Anwalt wollte sich nicht zu Details äußern, beteuerte aber, es handle sich lediglich um geringe Beträge.
Amerell stellte die Anzeige
Ausgelöst wurden die Schiedsrichter-Untersuchungen durch eine Anzeige von Manfred Amerell, mit dem sich Kempter, der aktuell als Drittliga-Schiedsrichter des DFB auf der offiziellen Meldeliste steht, seit geraumer Zeit jurisitisch auseinandersetzt. Amerell stellte die Anzeige bei der Bezirksfinanzdirektion Augsburg, nachdem ihm während des Verfahrens wegen sexueller Nötigung immer wieder finanzielle Unregelmäßigkeiten bei den Einkünften von Kempter aufgefallen waren.
Falls Kempter erneut anklagt werden sollte, droht ihm möglicherweise weitaus größeres Ungemach. Da der Bayer bereits im Jahr 2009 zu einer Steuerstrafe von 23.750 Euro verurteilt wurde, gilt er als vorbestraft. Bei einer erneuten Verurteilung droht ihm jetzt sogar eine Freiheitsstrafe.
Um eine Schutzsperre durch den DFB scheinen Kempter und Brych hingegen herumzukommen. "Das ist kein Thema. Eine Schutzsperre kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn es sich um mögliche Verfehlungen im Rahmen der konkreten Schiedsrichtertätigkeit handelt, also zum Beispiel ein Manipulationsverdacht im Raum steht. Für ein eventuelles Fehlverhalten im privaten Bereich greift eine solche Maßnahme nicht", sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker am Dienstag. Dies ist besonders für Brych von Belang, der für die morgige DFB-Pokal-Partie zwischen Hannover 96 und Mainz 05 angesetzt ist.
In einem internen Protokoll der Schiedsrichter-Kommission heißt es hingegen, "das Aussprechen von Schutzsperren durch den DFB erfolge - unabhängig davon, welcher Schiedsrichter betroffen sei - immer dann, wenn durch die Staatsanwaltschaft ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde".
Insgesamt könnten dann 20 Schiedsrichter von einer solchen Maßnahme betroffen sein, sollten sich die akuten Verdachtsmomente der Steuerfahndung nach den Hausdurchsuchungen bei den Unparteiischen im Laufe der Ermittlungen bestätigen.
Schon im Zuge des Wettskandals im Jahr 2009 hatte der DFB mehrwöchige Schutzsperren gegen die Schiedsrichter Thorben Siewer und Cetin Sevinc ausgesprochen. Die beiden Referees waren offenbar in den Ermittlungsakten der Bochumer Staatsanwaltschaft aufgetaucht und durften deshalb vorübergehend nicht mehr pfeifen. DFB-Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel will nun erst einmal die weiteren Ermittlungen abwarten. "Es wäre jetzt zu früh, um Maßnahmen zu ergreifen, schließlich wissen wir nicht im Detail, was den Schiedsrichtern vorgeworfen wird", sagte Fandel dem Kölner "Express".
Laut Lutz Michael Fröhlich, Leiter der DFB-Abteilung Schiedsrichter, herrscht derzeit eine "große Unruhe" bei den deutschen Unparteiischen. Schließlich geht es um das Image eines sensiblen Bereichs im Profifußball, der DFB stellt hohe moralische Ansprüche an die Schiedsrichter. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hielt sich am Dienstag mit einer Stellungnahme noch zurück und wollte mögliche Maßnahmen gegen die Schiedsrichter noch nicht kommentieren.