Offensivtalent Amiri Hoffenheims Hoffnung

Drei Spiele ohne Treffer unter Trainer Huub Stevens, dann gab es die Erlösung. Die TSG Hoffenheim befreite sich beim 3:3 gegen Mönchengladbach vom Torfluch - und hat das vor allem einem 19-Jährigen zu verdanken.
Hoffenheim-Profi Amiri: Maßgeblich am Punktgewinn beteiligt

Hoffenheim-Profi Amiri: Maßgeblich am Punktgewinn beteiligt

Foto: Uwe Anspach/ dpa

Man könnte Huub Stevens verstehen, wenn er es längst bereut hat, diesen Satz je gesagt zu haben: "Die Null muss stehen." Fast 20 Jahre ist es her, dass er seine Auffassung vom Fußball in diesen einen Satz gegossen hat, aber Stevens wird ihn nicht mehr los. Die Null muss stehen - das ist seitdem so etwas wie ein zweiter Vorname für den niederländischen Trainer der TSG Hoffenheim geworden.

Seit vier Wochen ist Stevens in Hoffenheim in Amt und Würden. Und weil sein Team bis zum Samstag in drei Spielen noch keinen einzigen Treffer erzielt hatte, war der Satz von der Null mal wieder allgegenwärtig - auch wenn er sich ursprünglich auf die Defensive bezog, nicht auf fehlende Treffsicherheit im Angriff.

Dass Nadiem Amiri den Stevens'schen Satz gar nicht kennt, wäre sogar vorstellbar. Schließlich ist der junge Hoffenheimer Angreifer erst 19 Jahre alt. Er war gerade geboren, als Stevens seine fußballerische Philosophie einst bei Schalke 04 verkündete. Ob er den Satz kannte oder nicht: Zumindest hat er beim 3:3 im Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach viel dazu beigetragen, dass man in Sinsheim nicht mehr über die Null in der Offensive spricht.

Der neue Roberto Firmino?

Ein Treffer, eine Vorlage, dazu zahlreiche weitere Offensivimpulse: Das zwölfte Bundesligaspiel des jungen Mannes mit afghanischem familiären Hintergrund war sein bisher bestes. Seit 2012 gehört Amiri dem Hoffenheimer Talentschuppen an. Dass die "Bild"-Zeitung in ihm im Frühjahr bereits den "neuen Roberto Firmino" gesehen hat, war wohl etwas voreilig. Doch am Samstag spielte der deutsche U19-Nationalspieler tatsächlich so, wie man es von dem nach Liverpool abgewanderten Brasilianer Firmino an dessen guten Tagen in Hoffenheim gewohnt war.

Amiri ist einer aus der Region, einer, der über Ludwigshafen, Kaiserslautern und Mannheim nach Hoffenheim gekommen ist. Solche Karrieren schweben dem Boss von 1899, Dietmar Hopp, vor, wenn er seinen Klub mal wieder als einen Ausbildungsverein skizziert, statt Millionensummen in fertige Profis zu investieren - wie es Hopp auch immer wieder mal einfällt. Es ist der Spagat, den der Verein seit Jahren eingeht.

Der 19-jährige Amiri hat den Sprung aus der A-Jugend-Mannschaft geschafft, die im Vorjahr die Deutsche Meisterschaft errungen hat. Geformt von dem ebenfalls jungen Coach Julian Nagelsmann, der in der kommenden Spielzeit auch die Verantwortung für die Profis übernehmen soll. Amiri war der überragende Spieler im Finale gegen Hannover 96, spätestens seit dem steht er unter verschärfter Beobachtung der Profi-Scouts.

Eine Transferpolitik der der Gegensätze

Unter Stevens durfte Amiri am Samstag zum zweiten Mal von Anfang an spielen. Während renommierte Spieler wie Sebastian Rudy oder Jonathan Schmid zunächst auf der Bank saßen, schenkte der Niederländer Amiri das Vertrauen - es wurde ihm zurückgezahlt.

In Hoffenheims Kader stehen erfahrene Offensivkräfte wie Adam Szalai und Kevin Kuranyi - und ihnen gegenüber die Jungspunde: Amiri, Joshua Mees, 19 Jahre, Philipp Ochs, 18 Jahre. In der Abwehr dazu Nicolai Rapp, 18 Jahre, Niklas Süle, 20 Jahre und Jeremy Toljan, 20 Jahre. Kuranyi und Amiri - das zeigt beispielhaft die Heterogenität in Kader und Transferpolitik der TSG.

Ambivalenz, wohin man schaut: Dem 61-jährigen Stevens soll der 28-jährige Nagelsmann als Trainer folgen. Die Zukunft in Sinsheim könnte dank Spielern wie Amiri leuchten, aber erst einmal ist die TSG nach 14 Spieltagen in der Gegenwart Tabellenletzter.

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