Nationalmannschaft Ballacks grausige Erinnerung an Vogts
Wolfsburg - Michael Ballack fühlt ein Kribbeln im Magen, wenn er an das Länderspiel gegen die Schotten am kommenden Samstag (16 Uhr, live im SPIEGEL-ONLINE-Ticker) denkt. Nicht nur, weil er das erste Spiel in diesem Jahr für Deutschland machen darf, sondern weil er im Norden Großbritannien auch einen alten Bekannten treffen wird, mit dem er noch eine Rechnung zu begleichen hat. Denn im Glasgower Hampden Park wird ein Mann auf der gegnerischen Trainerbank sitzen, mit dem er nicht allzu gut kann: Berti Vogts. Der ehemalige Bundestrainer und jetzige Chefcoach der schottischen Nationalmannschaft war zwischen November 2000 und Mai 2001 Trainer von Ballack in Leverkusen. Eine Schreckenszeit für den sensiblen Mittelfeldspieler.
"Das war eine schwierige Zeit in Leverkusen, der Umgang war nicht einfach. Die besondere Konstellation gegen Berti Vogts ist für einige Spieler Motivation genug. Einige wollen es dem Berti zeigen, da gehöre ich dazu", sagte Ballack am Dienstag in Wolfsburg, war dabei aber auch sichtlich bemüht, sein angespanntes Verhältnis zu Vogts nicht zu sehr hochzuspielen: "Das hat nichts mit Abrechnung zu tun. Es ist doch normal, dass man mit dem einen Trainer besser als mit dem anderen zurechtkommt."
Vogts ging, Ballack blühte auf
Dennoch, die sieben Monate lange Zusammenarbeit zwischen Vogts und Ballack in Leverkusen war nicht gerade von Harmonie geprägt. "Gegen Berti Vogts muss ich mich nicht besonders motivieren. Da werde ich schon heiß, wenn ich an die alten Zeiten denke", hatte Ballack bereits am Wochenende verkündet. Von Vogts musste sich das aufstrebende Talent damals so manche öffentliche Schelte gefallen lassen, weil er sich nach Meinung seines Chef zu phlegmatisch agierte. "Ein Ballack muss sich hinterfragen, ob er genug Leistung auf dem Platz bringt", versuchte Vogts Ballack aus der Reserve zu locken. Mit fragwürdigem Erfolg: Erst als Vogts Leverkusen Richtung Kuweit verließ, blühte der Mittelfeldspieler auf.
Ballack ist nicht der einzige DFB-Spieler, der ein gespaltenes Verhältnis zum schottischen Nationalcoach hat. Auch Bernd Schneider hatte unter Vogts in Leverkusen nichts zu lachen und fand sich schnell auf der Reservebank wieder. "Unter Vogts erlebte ich eine schlimme Phase meiner Karriere", erinnert sich Schneider mit Schrecken, "da hat das Fußballspielen keinen Spaß mehr gemacht. Andere Spieler dachten sogar daran, aufzuhören." In Glasgow wollen Ballack und Schneider nun beweisen, dass sie von Vogts in Leverkusen falsch eingeschätzt wurden. Den deutschen Fußballfans kann eine solche Einstellung nur Recht sein.
Immerhin, Vogts hat vor dem Wiedersehen mit den Leverkusener Nationalspielern Selbstkritik geäußert. "Das Einzige, was ich mir für meine Zeit in Leverkusen vorwerfe, ist der mangelnde Draht zu Michael Ballack", sagte Vogts in einem Interview mit der "Sport-Bild", "es tut mir Leid, dass Ballack und Leverkusen damals nicht so in Harmonie waren. Aber er war verletzt, unzufrieden. Dazu kamen sein Manager und die feste Ablösesumme. Er wollte weg."
Vogts lobt Ballack
Am Dienstag auf der Pressekonferenz der schottischen Nationalmannschaft sprach Vogts sogar in höchsten Tönen über Ballack: "Ich habe Ballack im DFB-Pokalfinale beobachtet", so Vogts, "ich denke, im Moment ist er der beste europäische Mittelfeldspieler, der beste offensive Mittelfeldakteur. Er ist der Schlüsselspieler in der Mannschaft von Rudi Völler, aber wir spielen gegen Deutschland, nicht nur gegen Ballack. Und vor einem Jahr stand diese Mannschaft im WM-Finale."
Ballacks Kreise auf dem Spielfeld sollen durch eine klassische Manndeckung eingeengt werden. Christian Dailly von West Ham United soll Ballacks Schatten im Hampden Park sein. "Aber ich werde ihm nicht überall hin folgen, jeder hat die Aufgabe, ihn zu stören", sagte Dailly