
Sechser Khedira und Kramer Der Star und sein Herausforderer
- • Verletzte bei DFB-Termin: Mehr als ein Betriebsunfall
- • Khediras Kreuzbandriss: "Ein bitterer Rückschlag für Sami und uns alle"
Wenn jemand sagt, alles sei zuletzt "perfekt gelaufen", dann wirkt das schon wohltuend in diesem von unglücklichen Begleitumständen angereicherten WM-Trainingslager. Wenn das noch einer sagt, der vor einem halben Jahr als größter Pechvogel der Nationalmannschaft galt, wiegt es umso schwerer. Sami Khedira ist der Phoenix dieser Mannschaft. Vor sechs Monaten hat keiner daran geglaubt, dass es der defensive Mittelfeldspieler von Real Madrid nach seinem Kreuzbandriss im November noch in den WM-Kader schafft. Genauer gesagt: Einer hat daran geglaubt - er selbst.
"Als die Verletzung passierte, war ich fünf Minuten sauer und traurig. Dann habe ich schon nach vorne geblickt", sagt der 27-Jährige. Mit dieser Einstellung hat er sich gerade noch rechtzeitig in einen Fitnesszustand gebracht, der es dem Bundestrainer ermöglicht, ihn ohne großes schlechtes Gewissen mit nach Brasilien zu nehmen. Joachim Löw hat ihn bei seiner Ankündigung, nur absolut gesunde Spieler in den Kader zu berufen, immer als Ausnahme bezeichnet. Khedira hatte einen Persilschein. Er braucht ihn jetzt gar nicht. Er kommt gar als aktueller Champions-League-Sieger zur Nationalmannschaft.
So weit, so gut. Wer Khedira allerdings in seinen 60 Einsatzminuten beim Endspiel von Lissabon gesehen hat, der weiß auch, wie recht Löw hat, wenn er sagt: "Der Sami muss noch einiges nachholen." Das versucht Khedira gerade. Er trainiert zwar "uneingeschränkt mit der Mannschaft", wenn die Teamkollegen jedoch schon wieder vor der Playstation hängen, geht es für den Mittelfeldspieler noch in den Kraftraum zur Sonderschicht.
In gutem Zustand führt an Khedira kein Weg vorbei
Er wolle dem DFB als Dank, dass er "in der schweren Zeit an mich geglaubt hat, jetzt bei der WM einiges zurückgeben", nennt Khedira seine besondere persönliche Motivation. Wenn er dabei wirklich wieder den Leistungsstand erreicht, den er vor der Verletzung hatte, führt an dem früheren Stuttgarter kein Weg vorbei. Zu sehr hat Löw ihm die Führungsrolle geradezu aufgedrängt.
Aber was, wenn nicht? Dann schlägt in Brasilien möglicherweise die Stunde von einem, der auch sagen kann, alles sei zuletzt perfekt gelaufen. Christoph Kramer gehörte nicht einmal dem ursprünglichen 30er-Kader von Löw an. Dann spielte er sich in dem an sich unbedeutenden Testkick gegen Polen in den Vordergrund, und jetzt gilt der Mönchengladbacher beinahe als gesetzt für Brasilien.
Der Bundestrainer hat den 23-Jährigen vor ein paar Tagen über den grünen Klee gelobt, seine "wahnsinnige Laufleistung" und sein Defensivverhalten als "absolut positiv" gewürdigt. Nun zeigt die Vergangenheit, dass ein Löw-Lob nicht immer einer Nominierung gleichkommt. Aber nach den Worten des Bundestrainers hat er an sich kein Argument mehr, Kramer am Montag noch von seiner Kaderliste zu streichen.
Kramer gilt als Marathon-Mann
Der Gladbacher gilt als Dauerläufer, als Marathon-Mann, circa 13 Kilometer hat er im Schnitt pro Ligaspiel absolviert. "Ich bin von Natur aus so aktionistisch und will am liebsten überall sein und mithelfen", sagt er. Und dass "es ja nicht immer was Gutes sein muss, wenn man so viel läuft", es gebe ja auch "unnötige Laufwege".
So viele unnötige Laufwege können es aber nicht gewesen sein, wenn er es damit erst ins Notizbuch und dann in den Kader des Bundestrainers geschafft hat. Kramer mit seiner Pferdelunge könnte in Brasilien, wenn es auf die Puste ankommt, eine Alternative sein: Bayerns Bastian Schweinsteiger, neben Khedira der Platzhirsch auf der Sechser-Position, muss zurzeit erst mal froh sein, überhaupt wieder auf dem Platz stehen zu können. Khedira hat in Sachen Kondition auch erheblichen Aufholbedarf. Und Philipp Lahm wird auf der Außenverteidigerposition wohl dringender gebraucht.
Hitze, Luftfeuchtigkeit - Kramer lacht dagegen nur, wenn er das hört: "Wer bei einer WM es nicht hinbekommt, seinen inneren Schweinehund zu überwinden, dem ist doch wirklich nicht zu helfen", sagt er und dass das Klima "wirklich keine Ausrede sein kann, um weniger zu laufen". Solche Leute werden in Brasilien gebraucht.
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Sami Khedira zählt in der Nationalmannschaft zu den Führungsspielern. Doch seine WM-Teilnahme war lange in Gefahr. Nach seiner schweren Verletzung im vergangenen November drohte der 27-Jährige die Weltmeisterschaft in Brasilien zu verpassen.
Kreuzbandriss im Spiel gegen Italien: "Als die Verletzung passierte, war ich fünf Minuten sauer und traurig. Dann habe ich schon nach vorne geblickt", sagt Khedira.
Mit eisernem Willen kämpfte sich Khedira zurück. Beim Champions-League-Finale stand der defensive Mittelfeldspieler sogar in der Startelf von Real Madrid. Glänzen konnte er allerdings nicht. Das weiß auch Bundestrainer Joachim Löw: "Der Sami muss noch einiges nachholen."
Falls Khedira seinen Rückstand bis zum WM-Start nicht rechtzeitig aufholen kann, steht Christoph Kramer bereit.
Kramer gehörte nicht einmal dem ursprünglichen 30er-Kader von Löw an. Dann spielte er sich im Freundschaftsspiel gegen Polen in den Vordergrund, und jetzt gilt der Mönchengladbacher beinahe als gesetzt für Brasilien.
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