Gleichberechtigung im Fußball Nationaltorhüterin Schult prangert Haltung des DFB an

In vielen Ländern kämpfen Fußballerinnen gegen Ungerechtigkeit, in Deutschland herrschte lange Schweigen. Nationaltorhüterin Almuth Schult kritisiert nun den Verband - mit ungewöhnlich offenen Worten.
Almuth Schult

Almuth Schult

Foto: Matthias Hangst / Getty Images

Dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ein seltsames Verständnis von Gleichberechtigung im Fußball hat, ist bekannt. Doch dass sich dagegen Widerstand aus den eigenen Reihen regt - das ist neu.

Nationaltorhüterin Almuth Schult hat nun Stellung bezogen und den Verband für seine Haltung kritisiert. Die 28-Jährige, die mit dem VfL Wolfsburg am Mittwoch im Pokalfinale auf den SC Freiburg trifft (17.15 Uhr/TV: ARD), sieht den DFB angesichts des europaweiten Aufschwungs des Frauenfußballs auf dem falschen Weg. "Wir hoffen, dass der DFB den Frauenfußball weiter nach vorne bringt. Aber die Signale, die ich momentan wahrnehme, deuten leider in eine andere Richtung", sagte Schult der "FAZ" .

Das mache sich auch finanziell bemerkbar. "Wir sind dankbar dafür, wie sich die Prämien der Frauen-Nationalmannschaft bei den Turnieren entwickeln", sagte die Torhüterin. Doch bei den nicht öffentlich kommunizierten Prämien gehe die Entwicklung in die andere Richtung. "Maßnahmen und Länderspiele werden von Geld aus einem Topf gefördert, der sich wirtschaftliche Beteiligung nennt", sagte die Olympiasiegerin von 2016. "Dieser wurde deutlich reduziert. Das ist etwas schade in Zeiten, in denen man das Gefühl hat, dass sich etwas bewegt."

Ihr sei durchaus bewusst, dass man beim Thema Gleichberechtigung im Fußball weiter sei als in manchen anderen Sportarten. Aber: "Wirklich gleichberechtigt ist vermutlich nur Tennis, Biathlon oder Ski alpin. Ich denke, dass wir als Fußballerinnen auch für andere Sportarten mitkämpfen sollten", sagte Schult.

Verbandsinterne Geringschätzung

Noch immer nehme sie zudem verbandsinterne Geringschätzung beim DFB wahr. Die Spielerinnen bekämen seit der Umstrukturierung mit, "wie im DFB in frauenfußballfernen Bereichen über uns gedacht wird. Wie sollen wir denn draußen Vorurteile und Vorbehalte gegenüber dem Frauenfußball abbauen, wenn wir im eigenen Verband noch damit zu kämpfen haben?", sagte Schult. Sie vermisse etwa, "dass sich mal DFB-Mitarbeiter außerhalb unseres festen Betreuerstabs bei uns blicken lassen, um uns kennenzulernen. Ich habe stattdessen den Eindruck, dass die meisten es nicht gerade als Vorteil ansehen, wenn Frauenfußball im Lebenslauf auftaucht."

Die Spielerinnen der US-Nationalmannschaft etwa führen einen juristischen Kampf um Gleichberechtigung und gleiche Bezahlung. Schult sieht darin einen Einsatz für den gesamten Frauenfußball und die Anerkennung von Frauen weltweit. Es gehe ihr bei ihrer Kritik keineswegs ums Geld: "Auch im Fußball bestimmen Angebot und Nachfrage das Geschäft, und da ist es nun mal realistisch, dass im Männerfußball mehr Geld im Spiel ist. Aber es geht um die Relation - und ich glaube, dass in der Öffentlichkeit eine falsche Wahrnehmung dieser Relation besteht." In der Bundesliga würde etwa die Spannweite bei den Gehältern von 200 Euro bis 10.000 Euro reichen.

Es sei noch einiges zu tun. Auch in der Vermarktung seien die Möglichkeiten gerade im WM-Jahr bisher nicht ausgeschöpft worden, auch bei den Vereinen. "Es gibt auch bei einigen Bundesliga-Klubs in der Kommunikation noch sehr viel Potenzial. Oft werden wir Frauen einfach vergessen", bemängelte Schult. "Wir müssen in Deutschland vielleicht auch noch mehr Blockaden im Kopf lösen."

Der Zuschauerschwund bei Länderspielen sei jedoch zum Teil auch einer "Fußball-Übersättigung in Deutschland" geschuldet, was für die Spielerinnen bitter sei, "da wir im Ausland derzeit eine Euphorie spüren mit 40.000, 50.000 oder gar 60.000 Zuschauern bei Highlight-Spielen in England, Spanien und Italien".

mey/sid
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