
Nullnummer gegen Bayern Hamburgs Trauerspiel
Die Hand ging immer wieder zum rechten Knie. Mit schmerzverzerrtem Gesicht wälzte sich Frank Rost in der 17. Minute im Duell zwischen dem Hamburger SV und dem FC Bayern München am Boden, zeigte immer wieder auf die Blessur. Der HSV-Torhüter war in einem Luftkampf mit Bayerns Bastian Schweinsteiger zusammengestoßen, beim Landen blieb er im Rasen hängen und verdrehte sich das Bein.
Schweinsteiger erkannte erst spät, wie ernst sich sein Kontrahent verletzt hatte. Der Nationalspieler trabte von der Strafraumgrenze zurück und gab dem am Boden liegenden Rost einen freundschaftlichen Klaps. Trotz der Entschuldigung war der Nationalspieler fortan der Buhmann bei den 57.000 Fans in der Hamburger Arena.
Rost konnte nach längerer Verletzungspause zunächst weiterspielen, musste aber in der 43. Minute den Platz verlassen. "Er konnte nicht mehr richtig schießen und wollte deswegen ausgewechselt werden", sagte Hamburgs Co-Trainer Michael Oenning in der Halbzeitpause im Interview mit dem TV-Sender Sky.
Die Fans befürchteten zu diesem Zeitpunkt das Schlimmste für Publikumsliebling Rost. Viele fragten sich besorgt, ob diese Partie vielleicht die letzte für den 37-jährigen Schlussmann gewesen ist. Parallelen zum Karriere-Ende von Bastian Reinhardt machten die Runde. Der heutige HSV-Sportdirektor zog sich im Januar 2009 - ebenfalls im Spiel gegen den FC Bayern - in einem Duell mit dem damaligen FCB-Stürmer Luca Toni einen Mittelfußbruch zu. Die Verletzung zwang den damals 34-Jährigen, seine Karriere nach der Saison zu beenden.
"Wir vermuten einen Bänderriss"
Dieses Schicksal könnte nun auch Frank Rost drohen. "Das Knie ist schon dick geworden, wir vermuten einen Bänderriss, er soll Samstag genauer untersucht werden", sagte Armin Veh nach dem 0:0 gegen die Bayern, die erneut stark ersatzgeschwächt angetreten waren. Der HSV-Trainer hatte Anfang Oktober aus heiterem Himmel die Torwartdiskussion eröffnet: "Es kann sein, dass ich Drobny demnächst ins Tor stelle und ihn drei Spiele absolvieren lasse", hatte Veh angekündigt. Den Zeitpunkt hatte der 49-Jährige damals offengelassen, jedoch prophezeit, dass Drobny "auf jeden Fall ein paar Spiele bekommen wird".
Veh versuchte anschließend zwar, die Torwartdiskussion kleinzuhalten und sprach Rost sein Vertrauen aus, doch am Freitagabend kam es dann zwangsläufig zu dem Wechsel. Vier Tage nach seinem 31. Geburtstag musste Drobny plötzlich von der Bank in den Hexenkessel. Der Tscheche war von der Auswechslung Rosts so überrascht, dass es Minuten dauerte, bis er einsatzbereit war. Trotzdem hatte Veh keine Bedenken bei dem Wechsel. "Ich wusste, dass ich einen Torwart draußen sitzen habe, der die nötige Sicherheit hat", sagte der Trainer nach dem insgesamt schwachen Spiel.
"Ich war wirklich überrascht, aber manchmal ist Fußball halt so", sagte Drobny nach dem Spiel. Bei allem Konkurrenzkampf: Über seinen ersten Einsatz konnte er sich unter diesen Umständen nicht freuen, das sah man ihm deutlich an. Zudem ärgerte er sich über die verschenkten Punkte. "Wir waren die bessere Mannschaft", sagte Drobny und hatte damit das Kräfteverhältnis im Nord-Süd-Gipfel treffend zusammengefasst. "Leider haben wir kein Tor gemacht", so Drobny.
Veh sauer auf lauffaulen Guerrero
Das bemängelte auch ein angefressener Armin Veh. Besonders eine Szene hatte dem gebürtigen Augsburger die Laune an diesem Abend gründlich vermiest. In der 81. Minute hatte der eingewechselte Mladen Petric seinen Mitspieler Jonathan Pitroipa mit einem tollen Pass steil geschickt, doch der 24-Jährige schoss den Ball freistehend an Torhüter Jörg Butt vorbei an den Pfosten. "Das war eine hundertprozentige Chance, die hätte er machen müssen", haderte Veh.
Richtig sauer war Veh allerdings auf einen anderen Offensivspieler. In der 62. Minute zeigte der vierte Schiedsrichter den zweiten Wechsel beim HSV an. Minutenlang hielt er die Anzeigetafel hoch, auf der die Zahlen 9 und 10 aufleuchteten. Guerrero sollte den Platz für Petric verlassen, doch der Peruaner ignorierte zunächst die Anweisung, um dann genervt im Schneckentempo vom Platz zu schleichen. "So verhält man sich nicht, so kann man nicht rauslaufen", kommentierte Veh mit ernster Miene diese Szene. Als dann in der 71. Minute auch noch Stürmer Ruud van Nistelrooy humpelnd vom Platz lief, war die Stimmung in der Hamburger Arena endgültig auf dem Nullpunkt.
So wurde das erwartete Spitzenduell mehr und mehr zum Trauerspiel. Dazu passten die schwarzen Armbinden, die die 22 Profis anlässlich des Todes von Loki Schmidt trugen. Die Frau des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt war am Abend des 20. Oktobers verstorben.
Immerhin ein HSV-Anhänger sorgte unfreiwillig für den Lacher das Abends. Bei einem auf dem Stadionparkplatz abgestellten BMW mit dem amtlichen Kennzeichen HH-SV würde das Licht brennen, so der Stadionsprecher. Zudem laufe der Motor. Es war irgendwie nicht der Abend des HSV.