Pleite in Helsinki Schalker Schockstarre
Man weiß nicht, was Raúl daheim getan hat, während seine Schalker Kollegen sich im fernen Finnland blamierten: Falls er seinen Teamgefährten im Fernsehen zugesehen hat, dürfte dies seine Bereitschaft, bei den Königsblauen zu bleiben, jedenfalls nicht sehr gesteigert haben. Ohne ihren spanischen Superstar, der am Donnerstag offiziell für die Bundesliga geschont wurde, verlor S04 das Playoff-Hinspiel bei HJK Helsinki 0:2 und bot dabei eine saft- und kraftlose Vorstellung.
Die Elf von Trainer Ralf Rangnick trug mit ihrem Auftritt maßgeblich dazu bei, dass im deutschen Fußball jetzt ein Sorgengespenst umgeht: Es könnte sein, dass nach den Playoffs kein einziges Team aus der Bundesliga in der Europa League vertreten wäre: Mainz schon ausgeschieden, Hannover muss wegen des Gegentreffers des FC Sevilla ums Weiterkommen bangen - und Schalke hat vor dem Rückspiel am Donnerstag eine extrem ungünstige Ausgangsposition zu meistern. Nur ein finnischer Treffer - und die Schalker Offensive müsste gleich vier Tore erzielen, um die Gruppenphase doch noch zu erreichen.
Dass die Angreifer dazu in der Lage sind, haben sie zwar mit dem 5:1-Heimsieg gegen den 1. FC Köln am vergangenen Wochenende bewiesen. Dennoch herrschte danach keine entspannte Ruhe, wie man hätte erwarten können. Stattdessen mussten sich Rangnick, Sportdirektor Horst Heldt und die Mannschaft tagelang mit der Personalie Raúl beschäftigen. Die Frage, ob der 34-Jährige auch nach dem Ende der Transferperiode am 31. August noch das Schalker Trikot trägt, ist immer noch offen. Tagelang stand ein Wechsel in die Premier League zu den Blackburn Rovers im Raum. Kaum war das Thema erledigt, meldete der französische Spitzenclub Paris St. Germain Begehrlichkeiten in Richtung Rául an.
Kein klares Bekenntnis zum Club
Die Schalker Verantwortlichen werden zwar nicht müde zu betonen, dass Raúl Schalker sei und bleibe - aber der Verzicht auf den Spanier bei der Helsinki-Reise ist Kraftnahrung für Spekulationen. Hätte Raúl die Mannschaft nach Finnland begleitet, wäre das jedenfalls viel eher als ein Bekenntnis zu Schalke ausgelegt worden. So bleibt dem Verein das Thema auch in den kommenden Tagen erhalten. Bis Sonntag, so Held, soll es eine definitive Entscheidung im Fall Raúl geben.
"Blöd angestellt" habe man sich in Helsinki, befand Nationalspieler Benedikt Höwedes nach dem Spiel - und womöglich war das die angemessenste Analyse des Abends. Die Gäste waren zwar feldüberlegen, konnten daraus aber überhaupt kein Kapital schlagen. Stattdessen lief man in die finnischen Konter, die Teemu Pukki in der 18. und 54. Minute erfolgreich abschloss. Wenn Tormann Ralf Fährmann nicht einen Manuel-Neuer-Gedächtnistag erwischt hätte, wäre die Niederlage sogar noch drastischer ausgefallen.

So bleibt mit dem 0:2 als Endresultat zumindest die Hoffnung. Es müsste allerdings quasi ein offensiver Kraftakt herhalten, wie er Liga-Konkurrent Werder Bremen in der Vergangenheit mehrfach gelungen ist. Quasi ein Wunder an der Emscher. Die jungen Schalker Spieler wie Lewis Holtby oder Höwedes können von diesem Abend zumindest mitnehmen: Wenn Rául schon nicht auf dem Feld stand, haben sie zumindest eine andere Legende live erlebt. Jari Litmanen, der größte finnische Fußballer der Geschichte, wurde im gesegneten Alter von 40 Jahren in der zweiten Halbzeit bei den Platzherren eingewechselt und spielte noch eine halbe Stunde mit.
In der Vorsaison waren es bei Schalke gerade die Auftritte im Europapokal, die Lichtpunkte in einer desaströsen Bundesliga-Saison setzten. Der Pokalsieggegen den hoffnungslos unterlegenen MSV Duisburg kam hinzu. All dies scheint jetzt schon wieder verspielt zu sein.