

Hamburg - Die Polizei Gelsenkirchen hat den harten und von vielen Seiten als übertrieben kritisierten Einsatz der Beamten beim Champions-League-Spiel des FC Schalke 04 gegen Paok Saloniki gerechtfertigt. "Zur Sicherung des polizeilichen Einsatzes und insbesondere zum Schutz der eingesetzten Kräfte war ein massiver Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock notwendig", teilte die Polizei am Donnerstag mit.
In der zweiten Halbzeit hatte eine Hundertschaft Polizisten den Schalke-Block gestürmt, in dem sich hauptsächlich Mitglieder der Ultras Gelsenkirchen aufhalten. Zuvor war dort eine mazedonische Flagge gezeigt worden, die angeblich die Griechen provozierte habe. Die Schalker Ultras sind mit Anhängern des mazedonischen Erstligisten Vardar Skopje befreundet.
Dabei habe es sich "um volksverhetzende Tatbestände" gehandelt, so die Polizei in einem Statement. Die mehr als 2000 griechischen Fans hätten angeblich damit gedroht, den Schalke-Block und das Spielfeld zu stürmen sowie für einen Abbruch des Spiels zu sorgen. Daher schritt die Polizei ein und wollte das Banner aus dem Schalke-Block entfernen, weil bei einer Eskalation Leib und Leben zahlreicher, auch unbeteiligter Zuschauer gefährdet worden wären.
Polizei versteht Schalke nicht
"Nach Abwägung aller Umstände, die wir getroffen haben, war es die absolut geeignetste Maßnahme, um nachher noch eine größere Lebensgefahr für alle Unbeteiligten abzuwenden. Das stand für uns an vorderster Stelle und wir können auch nicht verstehen, wie Schalke da jetzt auf einmal so reagiert", sagte Polizeisprecherin Stefanie Dahremöller dem Radiosender Emscher Lippe.
Schalke beurteilt die Lage jedoch ganz anders und kritisierte den massiven Polizeieinsatz heftig. "Dieser war völlig unverhältnismäßig. Wir können dies absolut nicht gutheißen und bringen dafür nicht das geringste Verständnis auf. Wir sehen dringend Gesprächsbedarf. Dieser Vorfall muss unbedingt aufgearbeitet werden", sagte Vorstandsmitglied Peter Peters.
Der Einsatz sei weder mit dem Club abgestimmt gewesen, noch wäre er in dem Fall "auch nur ansatzweise" gefordert oder gutgeheißen worden. Polizeisprecherin Dahremöller widersprach: "Der Sicherheitsbeauftrage wusste definitiv Bescheid. Er wurde aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um das Banner entfernen zu lassen."
"Ekelhaft, peinlich, sinnfrei"
Auch Horst Heldt kritisierte den Einsatz. "Es wundert mich, dass die Polizei in der Nordkurve war. Ich habe eher auf der anderen Seite Bengalos gesehen und Böller gehört, aber dort war niemand", sagte der Schalke-Manager und fragte: "Wenn unsere Fans am Wochenende eine Fahne von Eintracht Braunschweig nach Hannover mitbringen, stehen dann auch 200 Polizisten in der Kurve?"
Die Schalker Ultras erklärten, dass die umstrittene Flagge "schon seit Jahren öfters in unserer Arena hing". Und es sei ihnen nicht bekannt, "dass es in Deutschland verboten ist, eine mazedonische Fahne aufzuhängen".
Amateuraufnahmen auf YouTube zeigen, wie die Polizisten im Fanblock stehen und immer wieder Pfefferspray in die Menge abgeben. Deutlich ist zu sehen, wie auch zwei Sanitäter, die in den Block gehen, um Verletzten zu helfen, von dem Spray getroffen werden. Sie reiben sich die Augen und verlassen die Tribüne wieder.
In den sozialen Netzwerken herrscht Unverständnis über die Vorfälle. Unter dem Hashtag #polizeigewalt twittern User ihre Wut über die Unverhältnismäßigkeit des Einsatzes: "Den nächsten Pauli-Fan mit Pauli-Flagge, den ich auf der Straße sehe, lasse ich verhaften! Ich fühle mich provoziert", schreibt ein User mit einer gehörigen Portion Ironie, viele andere fordern das Verbot von Pfefferspray.
Auf Facebook, ebenfalls unter dem Polizeigewalt-Hashtag, ist von einem Skandal die Rede: "ekelhaft", "peinlich" und "sinnfrei" sind noch die harmloseren Ausdrücke. Ein User spricht die Polizei direkt an: "Nicht Fans machen den Stadionbesuch unsicher, sondern ihr!"
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Schrecken in der Kurve: Wohl ohne Absprache mit dem Verein stürmte eine Einheit der Polizei während des Qualifikationsspiels zur Champions League einen Block in der Schalker Nordkurve, wo sich überwiegend die Gelsenkirchener Ultras aufhalten. Paok-Fans sollen sich von einer Flagge eines mazedonischen Clubs provoziert gefühlt haben, die dort hing. Weil die S04-Anhänger sich weigerten, das Banner abzunehmen, ging die Polizei in den Block. "Dieser Vorfall muss unbedingt aufgearbeitet werden", sagte Schalkes Finanzchef Peter Peters erzürnt.
Schalke-Fans sollen eine Fahne der befreundeten Anhänger des mazedonischen Clubs Vardar Skopje gezeigt haben. Griechische Polizisten, die mit den als schwierig geltenden Fans aus Saloniki angereist waren, sollen während des Spiels die Befürchtung geäußert haben, diese Fahne provoziere die Gästefans.
Für Schalke ging es in der Partie nicht nur um die Millioneneinnahmen in der Königsklasse, sondern auch darum, einen Fehlstart in die Saison zu vermeiden.
Für S04 war es auch das Wiedersehen mit Jahrhunderttrainer Huub Stevens, der seit dem Sommer bei Paok verantwortlich ist.
Die Gastgeber, hier Adam Szalai (l.), übernahmen schnell die Kontrolle über die Partie. Allerdings fehlte es an der nötigen Präsizion vor dem Sechzehner der Griechen.
Eher zufällig fiel dann auch das 1:0: Jefferson Farfán (2.v.l.) kam nach einem Abpraller an den Ball und schoss mit einem Schlenzer ins Tor.
Auch in der Folge war Schalke bemüht, Paok ließ jedoch wenig zu. Notfalls auch per Foul, wie hier Stelios Kitsiou (l.) gegen Max Meyer.
Nach dem Seitenwechsel ließen die Schalker jedoch nach, Saloniki wagte sich daraufhin weiter nach vorne - mit Erfolg: In der 73. Minute zog Miroslav Stoch (vorne) aus 20 Metern ab und erzielte das 1:1.
Daran konnten die Gelsenkirchener in der Schlussphase nichts mehr ändern. Kapitän Benedikt Höwedes vergab allein vor Salonikis Tor die größte Möglichkeit zum Siegtreffer (80. Minute).
Mit dem enttäuschenden Remis setzte sich Schalkes Fehlstart in die Saison fort.
Zu allem Überfluss musste Farfán auch noch verletzt ausgewechselt werden. Der Peruaner erlitt eine Blessur am Sprunggelenk. Ob und wie lange der Angreifer ausfällt, ist noch unklar.
Unmittelbar nach dem Ausgleichstreffer durch Stoch kam es dann zum Blocksturm durch die Polizei. Diese ging dabei wenig rücksichtsvoll vor und setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Angeblich kam die Polizei zu dem Schluss, dass die Fahne aufgrund einer Aufschrift den Tatbestand der "Volksverhetzung" erfüllt habe.
Schalkes Finanzchef Peter Peters nahm die Anhänger in Schutz: "Dieser Einsatz war völlig unverhältnismäßig. Wir können dies absolut nicht gutheißen und bringen dafür nicht das geringste Verständnis auf." Viele Unbeteiligte gerieten dabei in Panik, für sie endete der Abend mit einem Schreckenserlebnis.
Im Block der Saloniki-Fans kam es im Übrigen während des Spiels immer wieder zum Einsatz von Pyrotechnik und Kanonenschlägen - ohne ein Eingreifen der Polizei.
Schalkes Finanzchef Peter Peters nahm die Anhänger in Schutz: "Dieser Einsatz war völlig unverhältnismäßig. Wir können dies absolut nicht gutheißen und bringen dafür nicht das geringste Verständnis auf." Viele Unbeteiligte gerieten dabei in Panik, für sie endete der Abend mit einem Schreckenserlebnis.
Foto: Friso Gentsch/ dpaMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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