Reals Ronaldo: "Armutszeugnis bei der Aufholjagd"
Foto: AP/dpaDie Pressestimmen zum Halbfinal-Aus von Real Madrid gegen Juventus Turin.
SPANIEN
Marca: "Das Fiasko des Jahrhunderts. Madrid scheitert im Bernabéu und verpasst die historische Chance, gegen Barcelona die Mutter aller Finalspiele zu bestreiten. Der schlimmste Albtraum: Rausgeworfen durch Ex-Realspieler Morata. Was gestern passierte, ist ein schmerzhafter Sturz, das Bernabéu bringt in den letzten Jahren kein Glück mehr."
AS: "Ausgerechnet Morata. Der Junge aus dem eigenen Nachwuchs, der Stürmer, den man nicht gebrauchen konnte. Für uns wieder ein Jahr ohne das Traumfinale. Real drückte, aber ohne Ordnung im Spiel. Juventus hat wenig oder gar nicht gelitten. Kroos war am Ende körperlich K.o. Die Saison Reals stinkt nach kläglichem Scheitern, innerhalb von vier Tagen das Aus in der Champions League und fast in der Meisterschaft."
Sport: "Real Madrid mit einem Armutszeugnis bei der geplanten Aufholjagd. Sie wurden durch ein Tor des 'Verräters' Morata versenkt. Ancelottis Spieler hatten fußballerisch keine Ideen und wurden zur Karikatur. Juventus haut im Bernabéu auf den Lukas."
El Mundo Deportivo: "MAMMA MIA! Juventus sorgt für die Überraschung. Das Bernabéu erschreckt keinen mehr. Ancelottis Männer beenden eine unheilvolle Saison mit einem dreifachen Scheitern.
ITALIEN
Gazzetta dello Sport: "Fiesta im Bernabéu-Stadion. Das Team von Trainer Allegri schafft das perfekte Match, tötet den Stier von Madrid und zieht nach Berlin, um den Champions-League-Titel zu erobern. Das ist die Stunde des Triumphs, Juve erreicht ein Ziel, das zu Saisonbeginn noch unerreichbar schien".
Corriere dello Sport: "Juve verwirklicht einen Traum und verdrängt Ronaldo aus der Champions League. Buffon und Pirlo kehren nach Berlin zurück, neun Jahre nach dem WM-Sieg. Die beiden sind die Symbole dieses Juve-Triumphs. Die Nacht im Bernabéu-Stadion ist historisch. Juve hatte seit zwölf Jahren nicht mehr solche Höhen im Fußball-Olymp erreicht".
Tuttosport: "Geschafft! Juve fliegt nach Berlin auf den Flügeln der Hoffnungen, des Stolzes und des Verdienstes. Der Ex-Real-Spieler Morata führt Juve ins Finale gegen Barcelona. Die Tore des Finales öffnen sich Juve zwölf Jahre nach der Niederlage gegen Milan wieder. Juve schickt Real und den armen Ancelotti in die Hölle."
Corriere della Sera: "Juve, der große Traum wird wahr. Die Turiner ziehen ins Finale gegen Messis Barça. Juve bestreitet zwar nicht das perfekte Match, aber eine großartige Partie."
Repubblica: "Real muss von Juve eine schmerzhafte Ohrfeige einstecken. In zwei Spielen haben die Turiner wesentlich besser als die Spanier gespielt."
ENGLAND:
Times: "Der Nachhall dieses angeblich schockierenden, aber eigentlich überhaupt nicht überraschenden Ergebnisses wird weit über die spanische Hauptstadt hinaus zu hören sein. Denn einerseits hat Juventus den Traum Reals zerstört, als erster Verein die Champions-League-Trophäe zu verteidigen, andererseits verweigern sie damit vielen Menschen das Finale, das sie eigentlich sehen wollten."
Daily Mail: "Real Madrid bleibt nur, Fehler zu bereuen - manche vom Abend, wie die von Gareth Bale vergebenen Chancen, aber manche auch in der Planungsabteilung, etwa, den Leistungsrückgang von Torwart Iker Casillas nicht früher anzugehen."
Guardian: "Bei Real Madrid wird nun die Frage sein, ob Carlo Ancelotti weitermacht; eine Saison ohne Trophäe endet oft mit einem arbeitslosen Trainer."
FRANKREICH:
Le Figaro: "Eine echte Anerkennung für die Alte Dame, die in den vergangenen Jahren auf europäischer Ebene im Niedergang war."
L'Équipe: "Das italienische Wunder hat wirklich stattgefunden, gestern in Madrid. (.) Juventus verlängert den Fluch von Real, das seit 1988 kein italienisches Team mehr in einem Hin- und Rückspiel geschlagen hat."
ÖSTERREICH:
Kurier: "Die neue Jugend der Alten Dame."
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Real Madrid - Juventus (1:1): In einem sehr interessanten Spiel mit zahlreichen Torraum-Szenen scheiterte Real Madrid am italienischen Meister. Dabei benötigten die Gastgeber im Rückspiel eigentlich nur ein Tor, was machbar schien: In den vergangenen 52 Heimspielen traf Madrid immer mindestens einmal. Das Problem war, dass Juventus nach der Pause zurück in die Partie fand und ebenfalls traf.
Paul Pogba, der im Hinspiel noch gefehlt hatte, stand Juve-Trainer Massimiliano Allegri wieder zur Verfügung. Damit konnten die Italiener ihre bestmögliche Startelf aufbieten. Bei Madrid fehlte aus der Wunschformation weiter Mittelfeldspieler Luka Modric.
Der Blick auf die Statistiken des Spiels zeigt, dass Real Madrid in vielen zentralen Kategorien überlegen war. Was die allgemeinen Werte aber nicht verraten, ist der Verlauf des Spiels: Die beiden Hälften unterschieden sich stark.
Es waren nur wenige Minuten gespielt, als Karim Benzema die erste gute Chance für die Gastgeber hatte. Nachdem der Stürmer Stephan Lichtsteiner mit einem Trick überlistet hatte, schloss er jedoch überhastet ab.
Mitte der ersten Hälfte kam James Rodríguez im Juve-Strafraum zu Fall, nachdem Giorgio Chiellini ihn leicht berührt hatte - etwas theatralisch, aber sauberes Zweikampfverhalten des erfahrenen Verteidigers war es nicht. So war der von Jonas Eriksson verhängte Elfmeter vertretbar.
Cristiano Ronaldo verwandelte den Strafstoß souverän. Madrid hatte das Ergebnis, das für den Finaleinzug gereicht hätte, schon nach 23 Minuten erspielt. Und so, wie das Spiel vor der Pause lief, schien die einzig offene Frage zu sein, wie hoch am Ende Reals Sieg ausfallen würde.
Real Madrid hatte im gesamten Spiel 23 Torschüsse, die in dieser Grafik alle abgebildet sind. 23 ist ein Wert, der normalerweise ausreichen sollte, um ein Spiel zu gewinnen. Aber der einzige erfolgreiche Abschluss war der Elfmeter von Ronaldo (in der Grafik als Ball symbolisiert).
Vor der Pause hatte Juventus mehr Ballbesitz, aber zwischenzeitlich ein Abschlussverhältnis von 1:9. Das bedeutet, dass Madrid viel schneller in gefährliche Zonen vordringen konnte, während Juve den Ball umständlich hin- und herspielen musste. Nach dem Wechsel machten es die Turiner besser. Der entscheidende Ausgleichstreffer fiel allerdings aus einem umstrittenen Freistoß, den Andrea Pirlo (21) in den Strafraum schlug. Iker Casillas konnte den Ball zunächst herausfausten, aber über Arturo Vidal (23) und Pogba (6) kam er zum ehemaligen Madrider Álvaro Morata (9).
Morata konnte aus zwölf Metern abschließen. Casillas hatte zwar die Hände noch am Ball, aus dieser Distanz aber keine Abwehrmöglichkeit.
Juve-Star Andrea Pirlo hatte außer seinem Freistoß vor dem Ausgleich nicht allzu viele gute Szenen. Im direkten Vergleich mit Reals Toni Kroos sieht man den wesentlich größeren Einfluss des Deutschen auf das Geschehen. Dennoch konnte auch Kroos dem Match keine entscheidenden Impulse verleihen. Bei seinem einzigen Torabschluss traf der Ex-Bayer den von Gareth Bale abgelegten Ball nicht richtig.
Im Spiel gegen Juventus schien sich auf den ersten Blick der Vorwurf zu bewahrheiten, Kroos spiele vor allem Querpässe. Wie an seiner Passmatrix zu sehen ist, verteilte er die meisten Bälle tatsächlich auf die Flügel und konnte keine Schnittstellenpässe oder Anspiele in den Strafraum anbringen (mit Ausnahme zweier Ecken). Doch das lag nicht daran, dass Kroos das nicht kann, sondern daran, dass Juventus das Zentrum vor der Abwehr so kompakt verteidigte, dass es auf diesem Wege kaum ein Durchkommen für die Gastgeber gab.
War es Madrid vor der Pause noch oft gelungen, mit schnellem Direktspiel hinter die Abwehr der Turiner zu kommen, so stand Juve spätestens nach dem Ausgleich so tief und kompakt, dass sich Madrid gezwungen sah, über die Flügel zu kommen und von dort aus zu flanken. Die Grafik zeigt alle Flanken Reals nur in der zweiten Hälfte es waren 23, ein extrem hoher Wert.
Das Ergebnis der zahllosen Flanken war jedoch aus Madrider Sicht ernüchternd: Gegen Juves exzellente und kopfballstarke Verteidiger kamen sie kaum einmal zu wirklich aussichtsreichen Abschlüssen, auch wenn die Menge der Hereingaben immer wieder für turbulente Szenen im Gäste-Strafraum sorgte.
Die beste Chance der letzten halben Stunde hatte denn auch nicht Madrid, sondern Juventus. Als Morata (9) nach einem Ballverlust von Raphael Varane sofort auf Vidal (23) passte, leitete dieser den Ball perfekt in den Lauf von Claudio Marchisio (8) weiter. Dieser hatte frei vor Casillas eine klare Großchance, er scheiterte jedoch an Casillas.
Trotz Marchisios vergebener Chance reichte es am Ende für Juves ersten Finaleinzug seit zwölf Jahren. Madrids Marcelo, der ein gutes Spiel machte, konnte es nicht glauben: Der Fluch des Titelverteidigers in der Champions League hält an, seit 1990 hat kein Klub mehr zwei Endspiele in Folge gewonnen.
"Wir stehen kurz vor einem weiteren Endspiel und können mit der Titelverteidigung Geschichte schreiben", hatte Real Madrids Coach Carlos Ancelotti vor der Partie gegen Juventus Turin gesagt. Ob er das seinem Kollegen Massimiliano Allegri zur Begrüßung ins Ohr flüsterte? Die bessere Ausgangslage hatte in jedem Fall Allegri, Juve hatte das Hinspiel 2:1 gewonnen.
Real Madrid begann mit einer Chance: Gleich in der ersten Minute kam Gareth Bale nach einer Flanke von Marcelo vor Juves Tor zum Kopfball, zielte aber knapp drüber.
Juventus versteckte sich nicht: Carlos Tévez bediente den freistehenden Paul Pogba, der erst vor wenigen Tagen sein Comeback nach einer Verletzung feierte. Die Real-Abwehr kann klären.
Nächste Gelegenheit für Real gab es für Karim Benzema (6.), doch sein Linksschuss verrutschte.
In der 11. Minute trat Cristiano Ronaldo zu einem Freistoß an. Der Ball wurde leicht abgefälscht und ging knapp über das Tor.
Arturo Vidal zwang in der 14. Minute Reals Torwart Iker Casillas zu einer Parade - es war der einzige Schuss der Italiener aufs Tor in der ersten Hälfte.
Nach seinem Foul an James diskutierte Giorgio Chiellini (r.) mit Schiedsrichter Jonas Eriksson, doch der blieb bei seiner Entscheidung.
So hatte Ronaldo dann doch Grund zum Jubeln, hier mit Sergio Ramos: Per Elfmeter traf er für Real Madrid zur Führung (23.). Mit dem 77. Treffer in der Champions League hat der Portugiese seinen Dauerrivalen Messi wieder eingeholt.
Zuletzt war er von den eigenen Fans ausgepfiffen worden: Madrids Torwart Iker Casillas hatte vor der Partie viel Kritik einstecken müssen. Coach Ancelotti hatte die Fans aufgefordert, zusammenzustehen. In seinem 150. Champions-League-Spiel bekam Casillas zunächst nicht viel zu tun.
Ganz im Gegensatz zu Juves Torwart Gianluigi Buffon. Insbesondere gegen Ende der ersten Hälfte startete Real eine Offensive. Erst ging Benzemas Schuss knapp über das Tor (39.), dann traf Ronaldo das Außennetz (41.) und nur eine Minute später kam Benzema wieder zum Schuss - Buffon konnte den Ball ins Aus lenken.
Dann jubelte Juventus Turin: Alvaro Morata traf für den italienischen Meister zum 1:1 (57.).
Da ahnte Vidal bereits, dass es wohl für das Finale reichen würde.
Grund zum Ärger gab es bei Real Madrid genug: Allein Bale scheiterte mehrfach vor dem gegnerischen Tor. In der 63. Minute schoss er knapp links am Pfosten vorbei, in der 71. Minute ging sein Schuss aus etwa 23 Metern knapp rechts am Tor vorbei.
Juves Verteidiger Chiellini - hier gegen Reals James Rodriguez - hatte alle Hände voll zu tun: Real belagerte das Tor der Italiener, die schafften es kaum aus der eigenen Hälfte raus.
Pogba hatte in der 88. Minute noch einmal die Gelegenheit, Juve in Führung zu bringen, doch er scheiterte an Casillas.
Am Ende reichte es dennoch: Die Italiener konnten den Einzug ins Finale bejubeln.
Es ist das achte Mal, dass Juventus Turin im Endspiel des Europapokals der Landesmeister steht. 1996 gewannen sie zuletzt das Finale.
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