Die Rassismusvorwürfe gegen Union-Profi Hübner, er habe den Leverkusener Amiri beleidigt, waren ein Aufreger des Wochenendes. Bayer-Sportdirektor Rudi Völler relativiert das Geschehen. Mit einem fatalen Satz.
Nadiem Amiri beim Spiel am Freitag bei Union Berlin
Foto: ANDREAS GORA / AFP
Bayer Leverkusens Sportchef Rudi Völler hat am Montag im Nachklang der Aufregung um die Rassismusvorwürfe gegen den Union-Berlin-Profi Florian Hübner gesagt: »Meine grundsätzliche Einstellung ist: Was auf dem Platz gesagt wird, bleibt auch auf dem Platz.« Damit sei die Angelegenheit um die Beleidigung von Völlers Spieler Nadiem Amiri durch Hübner beim Spiel in Berlin am Freitagabend »erledigt«, sagte er dem »Kicker«.
Es soll hier nicht um die Aufarbeitung der Dinge vom Freitag gehen, wer wem was gesagt hat. Es kursieren anscheinend mehrere Versionen, was in den 90 Minuten an der Alten Försterei genau passiert ist. Zumindest hat Union-Geschäftsführer Oliver Ruhnert negiert, dass die Beleidigung wie kolportiert gefallen sei. Wenn allerdings nichts gewesen wäre, hätte Hübner wohl kaum nach dem Spiel bei Amiri um Entschuldigung gebeten. Der Nationalspieler hat die Entschuldigung angenommen, wie Bayer Leverkusen am Samstagmorgen mitteilte.
Es geht vielmehr um diesen Satz Völlers: »Was auf dem Platz gesagt wird, bleibt auch auf dem Platz.« Es ist ein Satz aus dem Fußball-Arsenal von vorgestern.
Auch mal unter die Gürtellinie
Der Satz stammt aus einer Zeit, in der sich der Fußball noch als eine eingeschworene Gemeinschaft versteht, in der die Mittel auch mal den Zweck heiligen dürfen. Da ist auch der Trash Talk erlaubt, die gezielte Beleidigung eines Gegenspielers. Wenn es sein muss, geht es auch unter die Gürtellinie, Hauptsache, nach dem Spiel ist das vergessen, und man geht zur Tagesordnung über. Im Zweifelsfall wird so etwas sogar noch als abgezockt und clever honoriert. A Hund is er scho.
Der Bundesligafußball ist aber keine Geheimloge, er findet mitten in der Gesellschaft statt, medial auf dem Präsentierteller, und wenn in der Pandemie keine Zuschauer das Geschehen übertönen können, dann ist die Chance, dass Millionen mithören, was auf dem Feld passiert, auch noch ein bisschen größer. Es geht hier nicht um Interna, es geht um die möglicherweise öffentlichste Sache der Welt. Ein Fußballspiel, in dem jede Szene mit x Zeitlupen seziert wird.
Aber wenn Leute während dieser alleröffentlichsten Angelegenheit beleidigt werden, dann soll das, bitte schön, unter ihnen bleiben. Abgesehen davon: Zur Professionalität von Berufsfußballern gehört, dass sie sich auch in dieser Hinsicht im Griff haben. Nicht nur die Beleidigung des Schiedsrichters ist ein Grund, einen Spieler des Feldes zu verweisen. Völler sollte im Übrigen am besten wissen, wie es ist, von einem Gegenspieler auf dem Platz herabgewürdigt zu werden. Er hat es 1990 selbst erlebt.
Wenn jemand einen anderen Menschen beschimpft, diffamiert, bepöbelt, dann ist ohnehin gleichgültig, ob das beim Bäcker passiert, in der U-Bahn oder auf dem Fußballplatz. Es bleibt eine Beleidigung. Aber auf dem Platz ist es vermutlich noch ein bisschen verwerflicher, weil die Branche parallel so gern ihre hohen Werte als Monstranz vor sich herträgt. Nach außen rufen alle laut im Chor: Fair geht vor. Die PR-Agentur will das schließlich so.
Was auf dem Platz gesagt wird, hat nicht auf dem Platz zu bleiben. Es geht alle an. Das sollte selbstverständlich sein.