Real-Stars Bale und Rodríguez Sie waren Galaktische

James Rodríguez (r.), daneben Gareth Bale von Real Madrid: Zuletzt eine Art Klassenclown
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Der Donnerstag endete für Real Madrid mit der 34. Meisterschaft der Vereinsgeschichte. Die ersten Glückwünsche gab es allerdings schon am Morgen. Mit einem Video von dessen besten Toren gratulierte der Klub seinem Außenstürmer Gareth Bale zum 31. Geburtstag. Ob sich der Waliser darüber freute, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich, so würden Spötter vermuten, stand er gerade auf dem Golfplatz.
"Wales, Golf, Madrid - in dieser Reihenfolge": So lautete das Plakat der Saison im internationalen Fußball. Weil es eine komplexe Angelegenheit genial zuspitzte. Und natürlich, weil es Gareth Bale selbst in der Hand hielt, nach geglückter EM-Qualifikation seines Landes, irgendwann in den Tagen vor Corona.
Während Corona ist Bale nun also spanischer Fußballmeister geworden. Wie auch James Rodríguez, der kolumbianische Zehner. Für sich genommen sind sie neben Kapitän Sergio Ramos und Ex-Weltfußballer Luka Modric wohl die prominentesten Namen im Real-Kader. Der eine kostete 2013 die damalige Rekordablöse von 101 Millionen Euro. Der andere war WM-Torschützenkönig 2014 und danach 80 Millionen Euro teuer. Weiterhin sind beide die Leader ihrer Nationalmannschaften.
Niederschmetternde Bilanzen
Für Real jedoch spielte Bale diese Saison wettbewerbsübergreifend nur 1260 Minuten, Platz 17 auf der teaminternen Liste. James kommt auf 728 Minuten und Platz 20. Der Waliser hat drei Tore beigesteuert, der Kolumbianer eines.
Aus heiterem Himmel kommen diese niederschmetternden Bilanzen nicht. Trainer Zinédine Zidane erklärte beide Profis schon vor Saisonbeginn in branchenunüblicher Deutlichkeit für überschüssig. Die Ursachen der Entfremdung rührten noch aus seiner ersten Amtszeit: Nach seiner Einschätzung leisteten sie sich zu viele Allüren für zu wenig Gegenleistung. Doch für Bale fand sich kein Abnehmer, der sein üppiges Gehalt übernommen, Ablöse obendrauf gezahlt und dem Spieler ein ähnlich attraktives Habitat geboten hätte wie Madrid (Golfplätze ganzjährig bespielbar). James wäre nach seiner Rückkehr von der Leihstation München gern zu Atlético gewechselt, aber das war Real zu heikel. Der Kolumbianer war immer beliebt bei den Fans, und man hatte sich in jenem Moment gerade mit einem 3:7-Testspiel gegen den Lokalrivalen blamiert.

Bild aus besseren Zeiten für ihn persönlich: James Rodríguez im April 2015
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Also musste es ausgesessen werden. Zidane hätte produktive Angreifer zwar durchaus gebrauchen können, denn Real hat mit 68 Toren ein Spiel vor Schluss so wenig Treffer erzielt wie kein spanischer Meister seit 13 Jahren; sogar die Defensivspezialisten von Atlético schafften 2014 mehr (77). Aber wenn er dem Problemduo mal eine Chance gab, drängte es sich nicht auf. So stieg es am Ende gar zur dritten Wahl ab.
James litt darüber im Stillen. Bale hingegen oszillierte zwischen Selbstironie und Stichelei. Legendär mit dem Plakat. Immer mal wieder, wenn er früher die Tribüne verließ oder im Training einen Golfer imitierte. Zuletzt als eine Art Klassenclown.

Gareth Bale in Granada
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Im viertletzten Ligaspiel gegen Alavés simulierte er auf den Ersatzspielerrängen eine Siesta, indem er sich die Maske über die Augen zog: Es war spätabends, und er geht gern früh schlafen. Im drittletzten Spiel gegen Granada formte er seine Finger zum Fernrohr, zur Beobachtung der Kollegen, der Vögel - oder vielleicht seiner Sterne? Die Mitspieler scheinen es mit Humor zu nehmen. Torwart Thibaut Courtois imitierte in Granada die Maske über den Augen, als er neben Bale aus dem Mannschaftsbus stieg.
Auch Zidane hat das jüngste Theater zunächst so gelassen gemanagt, wie es nur einer mit der Aura von Zidane machen kann. Bis ihm am Tag vor dem Villarreal-Spiel (2:1) plötzlich der Kragen platzte. Die Frage war eigentlich nur die Bestätigung dessen, was der Trainer seit Jahren findet: Ob es nicht besser wäre, wenn Bale im Sommer ginge? "Oh Mann, Alter, was für eine Frage", antwortete jedoch Zidane. "Du versuchst, hier irgendwas zwischen uns zu bringen, aber das wirst du nicht schaffen."
Epochale, unsterbliche Tore
Die Anspannung vor dem Meisterschaftsfinale, wahrscheinlich. In Wahrheit gibt es das Schisma zwischen Spieler und Klub, und es ist deshalb komplex, weil sich die Schuld nicht eindeutig verteilen lässt. Ja, Bale ist immer ein Solitär geblieben im Real-Kosmos. Aber vielleicht war man ihm gegenüber manchmal auch überkritisch: 105 Tore in sieben Jahren sind auch nicht direkt schlecht. Phlegmatisch wirkt er, klar, irgendwo auch desinteressiert, aber gleichzeitig hat er doch auch Tore von der Art geschossen, wie sie Real über alles liebt. Epochale, unsterbliche Tore. Sein Sprint über das halbe Feld samt Überholmanöver außerhalb des Spielfeldes, der 2014 das Pokalfinale gegen Barcelona entschied. Oder, noch bekannter: der Fallrückzieher im Champions-League-Finale 2018 gegen Liverpool, der vielleicht schönste Treffer der Endspielgeschichte.
Um das alles geht es jetzt freilich nicht mehr. Allenfalls noch um ein würdiges Ende. Real bräuchte eigentlich zumindest das Budget seines Gehaltspostens, um in diesem schwierigen Transfersommer selbst etwas bewegen zu können. Weil Bale aber keine Abwanderungsanstalten macht, stand zuletzt sogar zur Debatte, ihm seine letzten zwei Jahre Vertrag auszubezahlen. Die Kosten dieser Investition in den Betriebsfrieden betrügen rund 60 Millionen Euro brutto.
James wiederum hat nur noch ein Jahr Vertrag. Der Junge von 2014 ist jetzt auch schon 29. Zu seinem Geburtstag vor einigen Tagen erlaubte ihm Zidane, die Reise zum Spiel in Granada auszulassen. Er wusste ja, dass er ihn nicht brauchen würde.