Reals Ronaldo-Deal Europas Top-Clubs erwartet galaktischer Geldsegen
93 Millionen Euro. Diese Zahl ist - zumindest für den Fußball - so unvorstellbar groß, dass man erstmal kurz darüber nachdenken muss, was es dafür zu alles kaufen gibt. Rund 124 Millionen Arcandor-Aktien. 6200 Opel Meriva. Drei Mario Gomez. Die deutsche Wirtschaft oder Bayern München würden nicht unerheblich gestärkt. Nun freut sich Manchester United.
Und Real Madrid bekommt dafür genau einen Cristiano Ronaldo. Müssen jetzt alle europäischen Spitzenclubs (der FC Barcelona eingeschlossen) Angst haben vor Real? Das ist die Frage, die seit Donnerstag den Fußball bewegt. Seit einem Angebot, das man unmoralisch nennen kann - oder marktgerecht. Florentino Pérez, Präsident von Real Madrid und derzeit mit dem ganz großen Einkaufswagen in Europa unterwegs, bietet fast hundert Millionen Euro für Cristiano Ronaldo und macht seine Ankündigung wahr, in der kommenden Saison zum zweiten Mal seit der Jahrtausendwende in Madrid die weltbesten Spieler zu versammeln.
Aber schon diese Analogie könnte die Antwort auf die Frage sein. Angst muss voraussichtlich kein Club Europas vor der Neuauflage der "Galácticos" haben. Schon 2000 bis 2003 holte Peréz zwei Mittelfeldaußen (David Beckham, Luis Figo), einen Regisseur (Zinedine Zidane) und einen Stürmer (Ronaldo).
Der schwerreiche Bauunternehmer musste dann allerdings feststellen, dass er zwar alles gekauft hatte, was zwei Beine und einen Namen hatte - aber bis auf den Champions-League-Sieg 2002 (ohne Ronaldo und Beckham) und zwei Meisterschaften bis zu Pérez' Rücktritt im Februar 2006 keinen Erfolg hatte. Warum? Herr Pérez hatte schlicht vergessen, dass ein erfolgreiches Team auch gute Verteidiger braucht.
Genau diesen Fehler scheint der Mogul nun wieder zu begehen. Denn vom Interesse an Europas besten Innenverteidigern ist nichts zu lesen. Dabei sind die Madrilenen in der zentralen Hintermannschaft so gar nicht "königlich" aufgestellt. Da gibt es zwar mit Pepe einen sehr guten Innenverteidiger, der aber zuletzt vor allem durch einen Ausraster auffiel, in dessen Folge er diverse Gegner schlug und trat und schlussendlich auch noch den vierten Offiziellen einen "Hurensohn" schimpfte.
Neben ihm verteidigte Weltmeister Fabio Cannavaro, der zurück zu Juventus Turin geht und intern durch Miguel Torres ersetzt wird. Torres ist alles andere als torgefährlich und von Weltklasse so weit entfernt wie der ehemalige deutsche Nationalspieler Christoph Metzelder, der ja auch noch bei Real spielt.
Wird Hoeneß schwach?
Es ist ebenfalls nicht ohne Ironie, dass Pérez ausgerechnet in der Krise beschließt, sein ganz persönliches Konjunkturpaket für den europäischen Fußball zu schnüren. Der angeblich immer noch schwerreiche Bauunternehmer will 300 Millionen Euro in den Markt pumpen, obwohl in Spanien die Baubranche besonders schwer von der Finanzkrise getroffen wurde und einen massiven Einbruch erlebte. Das wäre so, als würde ein Boss der deutschen Autoindustrie beschließen, mal eben für die Bayern einkaufen zu gehen.
Und es soll ja noch lange nicht Schluss sein. Nach Kaká vom AC Mailand (65 Millionen) und Ronaldo sollen noch weitere europäische Clubs mit dem Füllhorn beglückt werden. Real möchte gern Franck Ribéry von Bayern München verpflichten und auch noch David Villa, den EM-Torschützenkönig vom FC Valencia. Zwar hat Pérez am Mittwoch erklärt, die Unverkäuflichkeit von Ribéry zu akzeptieren, aber das darf getrost nur als der Beginn eines weiteren Pokers gedeutet werden.
Und bei genauem Hinsehen könnte es für die Bayern sogar sinnvoll sein, den Franzosen abzugeben. Ribéry wirkte in den vergangenen Monaten oft wie ein Mann, der auf der Straße eine schöne Frau sieht und seine eigene dafür sofort verlassen würde.
Er begegnete dem FC Barcelona in der Champions League, er stand staunend auf dem Platz, als Barça die Bayern im Hinspiel 4:0 auseinander nahm. Danach konnte er sich nichts Schöneres vorstellen, als in der kommenden Saison für die Spanier aufzulaufen.
Er hörte dann, dass Real Madrid eine große, offensivstarke Mannschaft aufbauen will, und ließ sich in französischen Medien zitieren, dass er nun dorthin wolle. Plötzlich gab es anscheinend nichts Schöneres mehr für Ribéry, als in der kommenden Saison in Madrid zu spielen.
Was passierte? Das Tagesgeschäft litt. Ausgerechnet in der Phase des Barcelona-Flirts flog Ribéry am 29. Spieltag nach einem Frustfoul vom Platz. Wir erinnern uns, Bayern verlor gegen Schalke 0:1 und die Meisterschaft aus den Augen, Jürgen Klinsmann verlor seinen Job.
Will München wirklich einen wechselwilligen Spieler halten, dessen überragende Bedeutung für das Spiel der Bayern zwar unbestritten ist - der sich aber nach Spanien sehnt, statt gegen Nürnberg spielen zu müssen? Kann Manager Uli Hoeneß bei mehr als 70 Millionen Euro Ablöse nein sagen? So hoch soll vor wenigen Wochen das Angebot von Manchester United für Ribéry gewesen sein. Damals hatte der englische Meister allerdings noch Ronaldo unter Vertrag - und 93 Millionen Euro weniger.
Es wird also immer wahrscheinlicher, dass das Konjunkturpaket des Herren Pérez bald auch in München ankommt.