
Von Dortmund nach München So gut passt Lewandowski ins Bayern-Konzept
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Robert Lewandowski hatte sich gerade vor dem Tor in Position gebracht, als Marcel Schmelzers Flanke abgefälscht wurde. Lewandowski musste einen weiten Ausfallschritt zurück machen und sich vom Tor wegdrehen, um den Ball zu erreichen. Dann ging alles ganz schnell: Mit links nahm er den Pass an, stellte zugleich den Körper zwischen Ball und den heranstürmenden Xabi Alonso. Mit der rechten Sohle streichelte er die Kugel vorbei an Pepe, per präzisem Gewaltschuss jagte er sie ins rechte obere Eck - 3:1 für Dortmund gegen Real Madrid.
Es war nicht nur jenes erste von zwei Duellen mit Madrid im Halbfinale der vergangenen Champions-League-Saison, mit dem der Stürmer für Aufsehen sorgte. Dabei erzielte er alle Treffer beim 4:1-Erfolg der Borussia. Es war vor allem jenes dritte Tor, das nur deshalb gelingen konnte, weil Lewandowski Technik, Positionsspiel und körperliche Wucht zu einer Symbiose verschmelzen ließ.
Mit damals 24 Jahren wurde Robert Lewandowski zum vielleicht begehrtesten Stürmer Europas. Das ist knapp ein halbes Jahr her. Zurzeit besitzt mancher Angreifer eine größere Strahlkraft. Manchester Citys Sergio Agüero zum Beispiel oder Luis Suárez vom FC Liverpool. Verpflichtet hat der FC Bayern aber Lewandowski.
Lewandowski passt in Guardiolas System
Der Wechsel hatte sich längst angebahnt. Schon vor Amtsantritt von Josep Guardiola als Bayern-Trainer einigten sich Spieler und Club auf eine Zusammenarbeit. Der Rekordmeister holt damit einen der stärksten Stürmer der Bundesliga. Der Transfer wirft aber auch Fragen auf:
Ähnelt Lewandowski nicht zu sehr Münchens Mario Mandzukic? Wie gut passt er in Guardiolas Konzept?
Um diese Fragen zu beantworten, lohnt sich ein Blick auf das, was bei Bayern seit Guardiola anders ist. Einer der vielleicht signifikantesten Unterschiede zur Vorsaison ist die nochmals erhöhte Dominanz. Egal gegen wen es geht, die Münchner haben stets die Kontrolle über das Mittelfeld. Reine Strafraumstürmer sucht man im Münchner Kader daher vergeblich, alle Angreifer verlassen immer wieder ihre Positionen, um auf den Flügeln, in den Halbräumen oder im Mittelfeld Überzahl herzustellen.
Für Lewandowski wäre das keine große Umstellung. Beim BVB hat er einen sehr großen Aktionsradius, verstärkt die Mitspieler sowohl in der Breite als auch in der Tiefe auf dem Spielfeld. Zudem fühlt er sich auch in engen Situationen wohl. Wie bei seinem dritten Treffer gegen Real Madrid. Lewandowski und Guardiolas Spielweise: Das dürfte passen.
Ein anderer großer Unterschied zur Jupp-Heynckes-Zeit ist die erhöhte taktische Variabilität. Bayern hat bislang in (fast) jeder Partie Antworten auf Verteidigungsstrategien der Gegner gefunden. Guardiola besitzt verschiedene Stürmertypen, die er je nach der Ausrichtung des Kontrahenten bringen kann: Mario Götze oder Franck Ribéry funktionieren als herausragend spielstarke, technische Angreifer; Thomas Müller als Raumdeuter; Mario Mandzukic ist ein Arbeitstier, kopfballstark und zugleich intelligent in seinen Bewegungen, mit denen er seinen Nebenleuten Raum verschafft.
Lewandowski und Mandzukic unterscheiden sich
Mehr als einen solchen Spielertypen benötige Bayern nicht, argumentieren viele, die Lewandowskis Wechsel nach München für überflüssig halten. Möglicherweise verlässt Mandzukic nun sogar den Club, Gerüchte um einen Transfer halten sich hartnäckig. Dabei handelt es sich bei den beiden nicht einmal um den identischen Stürmertypus. Mandzukic und Lewandowski ähneln sich in mancher Weise: Beide gehören zu den physisch stärksten in Europa. Es gibt aber auch viele Unterschiede.
Einige sind leicht zu erkennen: Lewandowski ist der bessere Dribbler, Mandzukic besser im Kopfball. Manche offenbaren sich erst nach genauem Hinschauen. Beide bewegen sich häufig weg vom gegnerischen Tor. Anders als Mandzukic zieht es Lewandowski nicht nur auf die Seiten und in die Halbräume, oft rückt er ins Mittelfeldzentrum und zwischen die gegnerischen Ketten. Dann, wenn er mit dem Rücken zum Tor steht, ist er vielleicht am besten.
Egal wie stark er auch bedrängt wird: Lewandowski behauptet Bälle, ob sie nun auf Brusthöhe angeflogen kommen oder in den Fuß gepasst werden. Statt diese dann nur abtropfen zu lassen, gelingt ihm oft das Aufdrehen Richtung gegnerischen Strafraum. Deutlich häufiger als Mandzukic bringt Lewandowski deshalb Steilpässe an.
Klicken Sie sich durch die Analyse für einen ausführlichen Vergleich der beiden Sturmstars.
Beide, Mandzukic und Lewandowski, im Kader zu haben, ergibt für einen Verein durchaus Sinn, wenn man in Dimensionen denkt wie der FC Bayern, der in jedem der kommenden Jahre ernsthafter Champions-League-Titelanwärter sein möchte. Die Wahrscheinlichkeit, dass das gelingen wird, hat der Club durch diesen Transfer nicht gerade verringert. Und die Skepsis, die die Verpflichtung Lewandowskis noch begleiten mag, dürfte schnell verfliegen.
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Bald im gleichen Trikot: Robert Lewandowski wechselt zur kommenden Saison zum FC Bayern München und wird dort voraussichtlich auf Mario Mandzukic als Sturm-Konkurrenten treffen. Die Analyse zeigt: Beide ähneln sich auf den ersten Blick, ihre Spielweisen sind jedoch bei weitem nicht identisch.
Die Fakten: Lewandowski, 25, hat in der laufenden Spielzeit in Bundesliga und Champions League insgesamt 15 Tore in 2002 Minuten Spielzeit erzielt. In der Liga trifft er im Schnitt alle 133 Minuten.
Mandzukic, 27, hat in Liga und CL zwölfmal getroffen, stand dabei aber nur 1344 Minuten auf dem Platz. In der Bundesliga trifft er statistisch gesehen schneller als Lewandowski: alle 109,9 Minuten.
In Bundesliga und Champions League hat Mandzukic in der laufenden und vergangenen Saison 30 Tore (in 54 Spielen) erzielt. Die Grafik zeigt: Kein einziges davon schoss der Kroate von außerhalb des Strafraumes. Mehr noch: Fast immer trifft Mandzukic aus Positionen unmittelbar vor dem Tor.
Im selben Zeitraum war Lewandowski 49-mal (in 57 Partien) erfolgreich. Auch der Pole traf fast nur aus dem Strafraum heraus. Anders als sein Konkurrent schoss der Noch-Dortmunder aber auch Tore aus verschiedenen Winkeln und größerer Entfernung. Dadurch ist er weniger leicht auszurechnen.
Dabei ist keiner der beiden ein Angreifer, der starr im Sechzehner verharrend auf Chancen lauert. So ein Spielertyp hätte bei Guardiola wohl keine Chance. Die Grafik zeigt alle Kurzpässe (Pässe über eine Distanz von höchsten zehn Meter; grüne Symbole visualisieren angekommene Pässe, rote Fehlpässe), die Lewandowski in dieser Saison in Liga und Königsklasse gespielt hat. Auffällig: Lewandowskis enormer Aktionsradius.
Mandzukic bewegt sich deutlich seltener ins Mittelfeldzentrum, er pendelt eher in der Horizontalen. Auf den Flügeln und in den Halbräumen funktioniert er als Wandspieler. Die Bewegungen aus dem Zentrum hinaus zieht im Idealfall gegnerische Verteidiger mit und verschafft den eigenen Mitspielern Platz im Strafraum.
Vergleicht man die aktuellen Passquoten beider Stürmer, erhält man den Eindruck, sie seien ähnlich gut im Verteilen von Bällen. Lewandowski kommt, beide Wettbewerbe zusammengenommen, auf eine Erfolgsquote von 73, Mandzukic auf 72 Prozent. Doch wer versucht die schwierigeren Pässe?
Die Antwort: Robert Lewandowski. Die Grafik zeigt alle Vertikalpässe des Polen, also solche, die mit Blickrichtung zum Tor in einem Winkel von 90 Grad liegen. 601 Pässe versuchte Lewandowski insgesamt, 171 davon waren Steilpässe.
Mandzukic spielte 397 Pässe insgesamt, 69 davon waren nach vorne gerichtet. Das entspricht 17,4 Prozent, bei Lewandowski liegt der Wert deutlich darüber (28,5 Prozent).
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