DFB-Gegner San Marino Campionato Dilettanti

San Marino gehört zu den schlechtesten Nationalmannschaften im Weltfußball. Der Gegner der deutschen Nationalmannschaft träumt dennoch von einem Tor gegen den Weltmeister.
Gegen Norwegen auch mal Jubel bei San Marino

Gegen Norwegen auch mal Jubel bei San Marino

Foto: © Norsk Telegrambyra AS / Reute/ REUTERS

Andy Selva war dabei. Am 28. April 2004, als in San Marino Geschichte geschrieben wurde. In Serravalle traf die Nationalmannschaft des kleinen Landes auf Liechtenstein, und die Gastgeber gewannen 1:0. Das entscheidende Tor machte Selva per Elfmeter, und es ist bis heute der einzige Sieg, den die Auswahl San Marinos in einem Länderspiel je erzielt hat.

Selva ist mittlerweile 40 Jahre alt, er ist Rekordnationalspieler seines Landes, und wenn San Marino am Freitagabend (20.45 Uhr RTL, Liveticker SPIEGEL ONLINE) in Serravalle auf den Weltmeister Deutschland trifft, dann führt Selva sein Team immer noch als Kapitän auf den Platz. So etwas lässt er sich nicht entgehen.

San Marino hat seit 1990 134 Länderspiele absolviert. 129 davon hat die Mannschaft verloren. Das Team lag fast sieben Jahre lang auf dem allerletzten Platz der Fifa-Weltrangliste und teilte sich diesen Rang mit den Caicosinseln. Die Caicosinseln liegen in der Karibik und sind eine beliebte Steueroase. Man hat aber schon mal die Cayman Islands im Fußball besiegt. Man darf, ohne böse zu sein, sagen, dass San Marino eine der schlechtesten Nationalmannschaften der Welt hat.

Gegen Norwegen vom Remis geträumt

Mittlerweile hat sich das Team immerhin auf Platz 201 von 212 nach oben gekämpft, auch dank eines 0:0 gegen Estland in der EM-Qualifikation. Andorra und Gibraltar hat man in Europa schon mal hinter sich gelassen, und Nationaltrainer Pierangelo Manzaroli hat durchaus ehrgeizige Ziele. Der 47-Jährige hat die Mannschaft vor zwei Jahren übernommen, er hat zuvor den Nachwuchs des Landes trainiert, und wenn man berücksichtigt, welche kärglichen Bedingungen der Trainer vorfindet, dann hat er schon ein bisschen was erreicht.

Gegen Aserbaidschan unterlag seine Elf nur knapp 0:1, in Norwegen hielt man sogar eine Weile ein 1:1, bevor es am Ende dann doch standesgemäß 4:1 für die Skandinavier ausging. Nach dem 1:1-Ausgleichstreffer wurde Torschütze Mattia Stefanelli in seinem Wikipedia-Eintrag kurzerhand zur "Legende" umgetauft. Es war das erste Auswärtstor San Marinos in der WM-Qualifikation seit 15 Jahren.

Es sind die ganz kleinen Schritte, die die Nationalmannschaft unter dem neuen Trainer unternimmt. Mit Manzaroli an der Seitenlinie hat San Marino noch einmal zweistellig verloren, es war ein fürchterliches 0:10 im März in Kroatien. Das war ein Rückfall in die vergangenen Zeiten, als man 0:10 gegen Polen unterlag und, noch schlimmer, gegen Deutschland 2006 ein 0:13 kassierte. Es ist immer noch der höchste Auswärtssieg, den das DFB-Team je erzielt hat. Lukas Podolski traf viermal, sogar Manuel Friedrich machte ein Tor.

Thorsten Frings beim 13:0 über San Marino 2006

Thorsten Frings beim 13:0 über San Marino 2006

Foto: A3483 Matthias Schrader/ dpa

Erst 1990 ist das kleine mittel-italienische Land mit seinen gerade einmal 32.000 Einwohnern auf der Fifa-Fußballbühne aufgetaucht, die erste Partie war ein 0:4 gegen die Schweiz, damit ging es los: Niederlage auf Niederlage. 572 Tore hat San Marino seitdem kassiert. 21 Tore haben die wackeren Stürmer des Landes im Gegenzug geschossen. 21 in 134 Spielen.

Rekordtorschütze mit acht Treffern

Acht von diesen 21 hat Selva erzielt. Er ist damit natürlich der Rekordtorschütze seines Landes. Selva gehört zu den ganz wenigen im Team, die so etwas wie Profifußball kennengelernt haben. Vor zehn Jahren spielte er bei Sassuolo, die damals allerdings noch in der dritten italienischen Liga kickten. Später gelang ihm sogar ein Wechsel zu Hellas Verona, ein großer Name im italienischen Fußball, aber schon damals ein Klub, der seine besten Tage längst hinter sich hatte.

Inzwischen ist Selva in seine Heimat zurückgekehrt, er spielt beim san-marinesischen Verein SP La Fiorita. San Marino hat tatsächlich eine eigene Liga, dort spielen 15 Verein in zwei Gruppen. Die Klubs haben so wunderbare Namen wie Libertas Borgo Maggiore, Virtus Aquava, Cosmos Serravalle und Tre Penne Galazzano. Die Liga heißt ganz offiziell und wahrhaftig Campionato Dilettanti.

Gespielt wird am Freitag in Serravalle, einem kleinen Städtchen mit 10.000 Bewohnern. Dort gibt es das einzige vorzeigbare internationale Stadion, Fassungsvermögen: 5387 Zuschauer. Es nennt sich Stadio Olimpico.

Eine Partie gegen den Weltmeister - für die Tifosi in San Marino ist das natürlich das Größte, was dem Team passieren kann. Als San Marino im Vorjahr in der WM-Qualifikation gegen England anzutreten hatte, hatte der damalige Coach der Three Lions Roy Hodgson noch gespottet, er könne wohl auch das englische Cricket-Team aufs Feld schicken und würde dennoch locker gewinnen. In Serravalle, Fiorentino und Domagnano war man darüber nicht besonders amüsiert. Hodgson hat dann doch seine Fußballer aufgeboten, England gewann immerhin nur 6:0.

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