Höhenflug des SC Freiburg Erntezeit im Breisgau

Auf erfolgreiche Phasen folgte beim SC Freiburg in der Vergangenheit meist ein jäher Absturz. Viel spricht dafür, dass der Tabellenzweite diesen Kreislauf durchbrochen hat.
Aus Freiburg berichtet Jakob Schönhagen
Freiburg-Trainer Streich, Spieler (bei der Partei gegen Borussia Mönchengladbach am Sonntag)

Freiburg-Trainer Streich, Spieler (bei der Partei gegen Borussia Mönchengladbach am Sonntag)

Foto: Grant Hubbs / Eibner / IMAGO

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Der SC Freiburg ist ein Klub, der in der Vergangenheit nicht mit Erfolg umgehen konnte. Wenn sich das Team einen Platz im Europapokal erkämpft hatte – zweimal war das der Uefa-Cup, einmal die Europa League – dann folgte kurz darauf der Abstieg in die Zweitklassigkeit.

Nun ist der SC Freiburg nach neun Jahren wieder im Europapokal vertreten, 2:1 siegte der Klub zuletzt in der Europa League gegen den aserbaidschanischen Qarabag FK. Doch etwas ist diesmal anders: In der Bundesliga deutet bisher nichts auf einen Absturz hin – im Gegenteil. Nach dem 0:0 gegen Gladbach steht Freiburg auf Rang zwei.

Ein gewichtiger Grund: Der Kader ist breiter, größer und schneller geworden. Gegen Gladbach konnte Trainer Christian Streich Leistungsträger der vergangenen Saison ruhigen Gewissens auf der Bank lassen, denn die Zugänge haben eine Menge Qualität. Das lässt sich auch an einer simplen Zahl ablesen: Von den bisherigen zehn SC Toren stammen sieben von den Zugängen Matthias Ginter, Michael Gregoritsch und Ritsu Doan.

Ginter ersetzt Schlotterbeck

Der Sportclub war einmal ein Ausbildungsteam, das Talente entdeckte, entwickelte und mit den Erlösen genug Geld verdiente, um in der Bundesliga ordentlich mitzuspielen. Aktuell ist das nicht der Fall. Zwar mussten die Freiburger diesen Sommer Nico Schlotterbeck abgeben. Doch den Nationalspieler ersetzten sie mit Weltmeister Ginter.

Matthias Ginter

Matthias Ginter

Foto: Tom Weller / dpa

Freiburg spielt aber auch deshalb so stark, weil sich viele aus dem Team seit Jahren kennen und eingespielt sind. Spieler wie Christian Günter oder Nicolas Höfler haben hier das Kicken gelernt. Andere wie Petersen, Manuel Gulde und Philipp Lienhart sind hier zu gestandenen Bundesliga-Spielern gereift.

Während solche Spieler früher nach ein paar Entwicklungsjahren beim Sportklub weitergezogen wären und die Höhepunkte ihrer Karrieren bei anderen Vereinen erlebt hätten, wirkt es derzeit so, als wolle das Streich-Team nun in Freiburg die Meriten einheimsen.

Es ist Erntezeit im Breisgau.

Wie kein anderer steht Streich, der dienstälteste Trainer der Liga, für die kontinuierliche Arbeit des SC. Es ist ein beeindruckendes Argument für die Beständigkeit im schnelllebigen Fußball, dass in Union Berlin mit Urs Fischer und Freiburg gerade die Teams ganz oben stehen, die besonders eingespielt sind und deren Trainer die längsten Amtszeiten haben.

Neues Stadion, neue Ambitionen

Angesichts der guten vergangenen Spielzeit und des guten Saisonstarts hat Freiburg einen tiefgreifenden Wahrnehmungswandel durchgemacht. Konnte die vergangene Saison noch als Überraschungsspielzeit abgetan werden, wurde Gladbachs Trainer Daniel Farke am Sonntag nicht müde zu betonen, dass man hier einem absoluten »Spitzenteam« ein Unentschieden abgerungen habe, »in unserem besten Saisonspiel bisher«.

Der SC Freiburg ist nicht mehr der kleine SC.

Dass Freiburg als Spitzenteam wahrgenommen wird, hat auch mit dem neuen Stadion zu tun. Während das alte Dreisamstadion mit seinem zu kurzen und krummen Feld noch für das Image des kleinen SC Freiburg stand, demonstrieren die steilen Ränge des Europa Park Stadions neues Selbstvertrauen.

Das neue Dreisamstadion

Das neue Dreisamstadion

Foto: Tom Weller / dpa

Dabei ist es beeindruckend, wie schnell sich der Sportklub hier eingelebt hat. Seit fast einem Jahr spielt der SC in der neuen Heimspielstätte. Nur fünfmal hat er darin bisher verloren. Die 34.700 Zuschauer fassende Arena ist zu 98 Prozent ausgelastet, und die Stimmung kann sich sehen lassen. Die Fans fremdeln kaum noch, der Umzug ist geglückt.

Wie übersteht der Klub die englischen Wochen?

Bei allem Überschwang, den man in Freiburg aktuell spürt: Gegen die Schwergewichte der Liga musste Freiburg noch nicht oft antreten. Gegen Borussia Dortmund verlor der SC zum Beispiel 1:3. Und die zentrale Frage wird ohnehin lauten: Wie kommt Freiburg durch die vielen englischen Wochen? Am Mittwoch reist der Klub nach Griechenland, wo das zweite Spiel in der Europa League gegen Olympiakos Piräus ansteht.

Nach dem Abpfiff gegen Gladbach versammelte Streich sein Team auf dem Rasen, um es auf die kommenden Wochen einzustimmen. Es war ein schönes Bild, wie sie da so im Kreis standen. Die Geschichte vom kleinen aber eingeschworenen SC Freiburg am Rande des Schwarzwalds.

Es ist eine Geschichte, die Geschichte ist.

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