Abstieg des SC Freiburg Sie werden wiederkommen
Roman Bürki war nicht der einzige Freiburger Spieler, dem die Tränen herunterliefen, als er sich bei den mitgereisten Fans für deren Unterstützung bedankte. "Einer wie Nils Petersen, der erst seit ein paar Monaten bei uns ist, sitzt weinend in der Kabine", sagte Christian Streich, der so lange beredt Auskunft über Gegenwart und Zukunft des Vereins gab, bis ihn ein Journalist fragte, wie er es schaffe, so gefasst zu wirken.
"Trauer und Fassungslosigkeit kommen nicht sofort", antwortete Freiburgs Trainer. "Das wird in den nächsten Wochen kommen, wenn du noch mal alles durchgehst." Die Fassungslosigkeit kam dann doch deutlich früher.
Zuvor hatte Streich zum achten Mal die nach eigenem Bekunden gleiche "abstruse" Frage beantworten müssen: Ob er auch in der zweiten Liga SC-Trainer bleiben werde? "Ich habe einen Vertrag unterschrieben und dem Verein sehr viel zu verdanken." Natürlich werde er also bei dem Verein bleiben, bei dem er seit 20 Jahren als Trainer arbeitet. Genau wie die beiden Sportdirektoren Jochen Saier und Klemens Hartenbach und wie Präsident Fritz Keller.
Wenn der Sportclub eine Gewissheit hat, die auch diese Saison nicht ins Wanken geriet, dann ist es die, dass personelle Kontinuität sich auszahlt - wenn die richtigen Leute an der richtigen Stelle sind.

Dabei ist es aus Freiburger Sicht geradezu unfassbar bitter, dass der Sportclub nach der 1:2-Niederlage bei Hannover 96 nun in der nächsten Saison wieder gegen Bochum und Leipzig statt gegen die Bayern ran muss - dieser Abstieg ist ungerechter als die bisherigen drei der Vereinsgeschichte.
- Weil selbst die Konkurrenz aus Hannover den Badenern noch mal attestierte, dass sie nicht zu den schlechtesten drei Teams der Liga zählten.
- Weil Mannschaften wie Hertha BSC oder der HSV mit ihren Riesenetats spielerisch so oft so schwach waren, dass Millionen Fußballinteressierte den Eindruck hatten, dass das auch mal Konsequenzen haben müsste.
- Und weil es dennoch genau diese Hamburger waren, die mit dem FC Schalke 04 ausgerechnet das Team am letzten Spieltag serviert bekamen, dem man derzeit am wenigsten zutraut, so etwas wie Eigenmotivation zu entwickeln.
Also nur die widrigen Umstände? Das wäre zu einfach. Schließlich hat der SC auch deshalb so viele Spiele, nämlich sechs, in den Schlussminuten aus der Hand gegeben, weil im entscheidenden Moment zu oft die Konzentration abfiel. Außerdem brauchte der SC - fast schon traditionell - auch in dieser Spielzeit viel zu viele Chancen, um mal zu treffen.
Dass Freiburg wohl schon im April abgestiegen wäre, wenn Petersen nicht in der Winterpause nachverpflichtet worden wäre, gehört dann auch zur Wahrheit dieses Abstiegs. Zumal es selbst in Hannover ein Leichtes gewesen wäre, einen Punkt mitzunehmen. Doch nach drei Minuten führten die Niedersachsen durch einen Kopfballtreffer des 1,73 Meter großen Hiroshi Kiyotake - vorausgegangen war ein kollektiver Tiefschlaf der gesamten Freiburger Hintermannschaft. "Das war spiegelbildlich für die gesamte Saison", sagte Sportdirektor Saier.
Frontzeck entschuldigte sich fast für den Sieg
Und hatte dabei genauso recht wie Michael Frontzeck, der wie auch andere Hannoveraner Offizielle so wirkte, als würde er sich am liebsten persönlich bei allen Freiburgern, die am Samstag in ihr Stadion gekommen waren, entschuldigen. "Es ist traurig, was da mit Freiburg passiert ist", sagte der 96-Trainer, der von 1997 bis 1999 als Spieler beim SC wirkte. "Aber das ist ein toller Klub, um den man sich keine Sorgen machen muss."
Nun ja, der SC steigt zumindest in eine Liga ab, in der Vereine wie Nürnberg und RB Leipzig jetzt schon spektakuläre Aktivitäten auf dem Transfermarkt entfalten. Und dass viele Spieler, die am Samstagabend noch Rotz und Wasser heulten, in der kommenden Saison nicht mehr beim SC spielen, dürfte auch klar sein.
Was sollte ein Petersen, der in zwölf Spielen für den SC neunmal traf, auch dort? Oder ein Roman Bürki, der zu den besten fünf Keepern der ersten Liga zählt? Vladimir Darida, Christian Günter, Oliver Sorg, Admir Mehmedi ... die Liste derer, die man sich beim besten Willen nicht im SC-Dress vorstellen kann, wenn es an einem verregneten Sonntagnachmittag vor 14.000 Zuschauern gegen Heidenheim geht, ist lang.
Andererseits: Seit dem erstmaligen Bundesliga-Aufstieg 1993 ist der SC 16 Jahre erstklassig geblieben und verbrachte nur sechs Jahre in der zweiten Liga. Und die Leute, die in Freiburg derzeit das Sagen haben, wissen am besten, warum das so ist.