Schalker CL-Erfolg Den Suspendierten sei Dank
Welch ein Glück, dass Fußballspieler manchmal trotzig sind wie kleine Kinder. Eigentlich war die Schalker Vorbereitung auf das entscheidende Spiel um den Einzug ins Achtelfinale der Champions League ja empfindlich durch einen nächtlichen Diskobesuch von Mladen Krstajic und Ivan Rakitic gestört worden. Der gesamte Vorlauf auf das große Ereignis war geprägt von der Diskussion um die beiden suspendierten Nachtschwärmer, doch am Ende hatte es diese seltsame Schalker Mannschaft tatsächlich geschafft, Kraft auf dem Ärgernis zu schöpfen.
Kevin Kuranyi verkündete nach dem ungefährdeten 3:1 (3:1) gegen Rosenborg Trondheim, dass die Affäre "uns noch mehr motiviert" habe. Das Team sei zusammengerückt, und Zlatan Bajramovic behauptete gar, "zu wissen, dass die Jungs draußen saßen, hat mich persönlich noch fünf bis sechs Prozent mehr gepusht." Nach der Partie hielten Bajramovic und Kapitän Marcelo Bordon die Trikos der Suspendierten ins Publikum. "Das war ein Zeichen für die Jungs, die der Mannschaft von der Tribüne aus Kraft gegeben haben", sagte Kuranyi, und Trainer Mirko Slomka sprach von einer "Super-Aktion für die beiden Spieler", die wohl heute begnadigt werden.
Wie bei seinem Schweigegelübde vor einem Jahr hat das Schalker Team einen Anlass gefunden, zusammenzurücken. Wohl auch deshalb lag bei diesem Finalspiel nicht der alte Feind, die Versagensangst, über der Arena, sondern das Gefühl trotziger Willenskraft. Die Erklärungen der Spieler klangen jedenfalls so, als wäre dieser Abend viel komplizierter geworden, wenn sich Krstajic und Rakitic ihre nächtliche Eskapade erspart hätten. Man hätte sich schließlich mit anderen Dingen auseinandersetzen müssen.
Die frühen Tore von Gerald Asamoah (12.) und Rafinha (19.) ließen die letzten Ängste vorerst verschwinden. Es wurde ein leichtes Spiel für die Schalker, die gegen eine Abwehr ohne internationale Qualität anspielten. Immer wieder reichten zwei, drei schnelle Pässe, um große Lücken in Trondheims Defensive zu reißen. Die Norweger sind seit Wochen ohne Spielpraxis, weil ihre Liga sich längst in der Winterpause befindet, das war ihnen deutlich anzumerken. Kuranyi hatte daher wenig Mühe, nach dem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer (Yssouf Kone, 23.) schnell wieder für den komfortablen Zwei-Tore-Vorsprung zu sorgen (37.). Besonders in der ersten Halbzeit war es eine richtig gute Leistung der gekonnt von Carlos Grossmüller und Fabian Ernst gelenkten Schalker.
Als die erste Schalker Achtelfinalteilnahme vollendet war, wurden große Sätze der Kategorie "Heute haben wir Geschichte geschrieben!" (Kuranyi) formuliert. Slomka sprach von einem Schritt, der "sehr wichtig für die Entwicklung dieses Clubs" sei, das Gefühl einer ungehemmten Euphorie wollte aber nicht aufkommen. Das Publikum schunkelte, irgendwann schleppte sich mühsam eine La Ola durchs Stadion, doch die vielen Probleme der Schalker Gegenwart blieben anwesend.
Slomkas Job ist zwar nicht mehr akut gefährdet, doch der Trainer bleibt umstritten, nachdem vor dem Sieg gegen Trondheim nur zwei von zwölf Pflichtspielen gewonnen wurden. Der Abstand auf den angestrebten Platz unter den ersten Drei in der Bundesliga ist weiterhin beachtlich, vor allem jedoch hat der Herbst 2007 sehr deutlich gezeigt, dass die viel beschworene Qualität des Kaders eben doch nicht so hochwertig ist, wie Trainer und Manager lange behaupteten. Dem Ansehen der sportlichen Leitung war das nicht zuträglich, und dass Spieler die Suspendierung von Kollegen benötigen, um entsprechend motiviert zu sein, wenn es um den Einzug ins Champions-League-Achtelfinale geht, stärkt auch nicht gerade den Glauben an den Charakter dieser Mannschaft.
Statt diese Nacht zu genießen, waren die Schalker daher nachdenklich. "Wir haben das Ziel ausgegeben, uns zu qualifizieren, das ist erstmals passiert in der Vereinsgeschichte, und darüber freuen wir uns" sagte Müller. Wie Slomka wirkte er angestrengt, bestenfalls erleichtert und keineswegs überschwänglich.
Denn im Kern wurde vor allem drohendes Unheil abgewendet. Ein Misserfolg hätte eine ausgewachsene Trainerdiskussion entzündet, die suspendierten Spieler wären als Schuldige gebranntmarkt, außerdem hätte Müller deutlich weniger Geld zur Verfügung gehabt, um im Winter die dringend nötigen Verstärkungen zu finanzieren. Zwölf Millionen Euro sei das Weiterkommen wert, behauptet Präsident Josef Schnusenberg. Sie haben die Katastrophe verhindert und etwas Zeit gewonnen für ein paar Korrekturen. Das Fußballfest kann dann ja im Achtelfinale gegen Real Madrid, den FC Barcelona oder Manchester United nachgeholt werden.
Schalke 04 - Rosenborg Trondheim 3:1 (3:1)
1:0 Asamoah (12.)
2:0 Rafinha (19.)
2:1 Kone (23.)
3:1 Kuranyi (36.)
Schalke: Neuer - Rafinha, Bordon, Rodriguez, Westermann - Ernst, Bajramovic - Grossmüller, Özil (86. Kobiaschwili) - Asamoah (90.+2 Höwedes), Kuranyi (88. Altintop).
Trondheim: Hirschfeld - Stoor, Kvarme, Riseth, Basma - Skjelbred, Tettey, Strand (61. Traore) - Sapara - Iversen, Kone (77. Ya).
Schiedsrichter: Riley (England)
Zuschauer: 53.951 (ausverkauft)