Hamburg - Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Manfred Amerell haben sich in ihrer Auseinandersetzung um angebliche sexuelle Übergriffe außergerichtlich geeinigt. Das gaben die Beteiligten nach einem dreieinhalbstündigen internen Vorgespräch in München bekannt. Die eigentlich geplante öffentliche Anhörung vor dem Landgericht München I kam daher nicht zustande.
Amerell zog seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung zurück. Der DFB darf demnach weiter behaupten, Amerell habe in der Vergangenheit mehrere Personen sexuell bedrängt und/oder belästigt.
Im Gegenzug bekommt Amerell allerdings Einsicht in die eidesstattlichen Versicherungen der vier Unparteiischen um Schiedsrichter Michael Kempter, die Amerell belastet hatten. Amerell darf die Namen der Referees bei einer Strafandrohung von 25.000 Euro aber nicht öffentlich machen.
Richter Peter Lemmers verkündete den Vergleich vor 150 Medienvertretern und Zuschauern im Saal 270 des Justizpalastes um 15 Uhr. "Es waren lange und intensive Verhandlungen. Beide Seiten waren bemüht, friedlich miteinander umzugehen", sagte Lemmers.
Der DFB zeigte sich in einer Pressemitteilung zufrieden mit der Einigung: "Der Zivilprozess ist damit für uns in jeder Hinsicht erfolgreich abgeschlossen", sagte Rechtsanwalt Christian Schertz, der den DFB vertrat.
Zwanziger hatte vor der Verhandlung seine Demission angekündigt, sollte der DFB den Prozess gegen Amerell verlieren. "Dann muss ich selbstverständlich sofort von meinem Amt zurücktreten", so der 64-jährige Jurist im Magazin "Kicker".
Amerell war im Februar von allen seinen DFB-Ämtern zurückgetreten. Der Fifa-Schiedsrichter Michael Kempter beschuldigt den 62-jährigen, ihn sexuell belästigt zu haben. Amerell hat dies immer abgestritten, räumt aber ein, dass es zwischen ihm und Kempter eine "intensive private Freundschaft" gegeben habe. Der DFB hatte sich früh darauf festgelegt, dass Kempters Version die richtige sei und den Rücktritt Amerells als "notwendig und überfällig" bezeichnet.
Staatsanwaltschaft sieht keinen Anlass für Ermittlungsverfahren
Trotz der wiederholten Vorwürfe gegen Amerell sieht die Staatsanwaltschaft Augsburg bislang keinen Anfangsverdacht. Dieser ist nötig für die Einleitung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens.
"Die Hinweise sind dafür nicht konkret genug", sagte Pressesprecher Matthias Nickolai am Donnerstag auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE. Dies bedeute jedoch nicht, dass seine Behörde den Fall bereits zu den Akten gelegt hätte.
"Wir prüfen weiterhin die Sachlage", so Nickolai und bestätigte, dass ein so genanntes "Vorermittlungsverfahren" gegen Amerell in Augsburg, wo der ehemalige Schiedsrichterfunktionär gemeldet ist, anhängig sei.
Ein "Vorermittlungsverfahren" ist in der Strafprozessordnung (StPO) förmlich nicht geregelt, hat sich in der staatsanwaltschaftlichen Praxis jedoch eingebürgert.
Mit diesem Verfahren versuchen die Ermittler zu verhindern, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, gegen einen Verdächtigen werde bereits ermittelt, was auf dessen Schuld hindeuten könnte.
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