Gewalt in Fußball-Stadien Fan-Anwälte bezeichnen Sicherheitspapier als rechtswidrig

Anhänger von Borussia Dortmund: Diskussionen rund um das Positionspapier
Foto: Stephan Schütze/ dpaHamburg - Die Deutsche Fußball Liga (DFL) will mit einer Informationsveranstaltung für die 36 Proficlubs den Weg zum neuen Sicherheitskonzept ebnen. In einem Schreiben an die Vereine nach der Sitzung der DFL-Sicherheitskommission am Montag wurde auch ein zusätzliches Angebot an die Fan-Vertreter gemacht. Für die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte steht das Positionspapier "Sicheres Stadionerlebnis" hingegen nicht im Einklang mit der bestehenden Rechtslage.
Dies teilte die Interessenvertretung in einer zwölfseitigen "rechtlichen Stellungnahme" mit. "Die genannten Maßnahmen sind nicht nur rechtswidrig und unverhältnismäßig, sondern das Papier enthält keine Erklärung, weshalb derartige Eingriffe in Rechte anderer überhaupt notwendig seien", heißt es darin.
Dagegen wehrte sich wiederum die DFL. "Die im Konzeptpapier vorgeschlagenen Maßnahmen werden in den verbandsrechtlichen Vorschriften selbstverständlich so ausgestaltet und in der Praxis selbstverständlich so umgesetzt, dass sie mit dem geltenden Recht in Einklang stehen", sagte ein Sprecher.
"In Eigenverantwortung zu Lösungsansätzen"
Fan-Vertreter wehren sich vor allem gegen Ganzkörperkontrollen am Stadioneingang und gegen eine Reduzierung von Ticket-Kontingenten für Auswärtsspiele als Strafe für Verstöße. "Wir weisen darauf hin, dass es sich weder um ein abschließendes Konzept noch um ein finales Arbeitsergebnis handelt", heißt es in dem DFL-Schreiben.
In den kommenden Wochen soll es Treffen mit Fan- und Sicherheitsbeauftragten der Clubs und der Arbeitsgemeinschaft Fan-Belange beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) geben. Die DFL hatte die Vereine schon ursprünglich dazu aufgefordert, ihre Fan-Vertreter mit einzubeziehen - nun soll dies auf vielfachen Wunsch auch auf oberster Ebene geschehen. Genau das verlangt auch der VfB Stuttgart. "Es macht keinen Sinn, über einen Maßnahmenkatalog abzustimmen, bevor die Interessen und Vorschläge der Fans einbezogen wurden", sagte Präsident Gerd Mäuser. Der VfB habe der DFL vorgeschlagen, neben der bereits bestehenden Sicherheitskommission eine zweite zu gründen, in der die Fan-Beauftragten der 36 Proficlubs sitzen.
Zweitligist 1. FC Union Berlin lädt nach der eigenen Ablehnung des Sicherheitskonzept-Papiers zum Fan-Gipfel am 1. November ein. Kommen sollen ein bis zwei Vertreter von Fanvertretungen und Fanprojekten aller Vereine der 1. bis zur 3. Liga. Auf dem Treffen soll ein weiteres Vorgehen diskutiert und eine vereinsübergreifende Fan-Position erarbeitet werden.
Die DFL will bei ihrem Vorhaben bleiben, das Konzept bei der Vollversammlung am 12. Dezember zu verabschieden. "Der Ligaverband ist weiterhin der Auffassung, dass er im Rahmen der Verbandsautonomie in Eigenverantwortung zu Lösungsansätzen kommen sollte, die der Besonderheit der Liga und damit auch ihrer Rolle als Veranstalter entsprechen", sagte Peter Peters, der Vorsitzende der DFL-Kommission Sicheres Stadionerlebnis.
Nach vielen Bedenken und Widerständen gegen das Papier hat sich Rekordmeister FC Bayern positiv zu den geplanten Maßnahmen gegen Gewalt geäußert. "Wir stehen hinter diesem Konzept", sagte Sprecher Markus Hörwick. Stephan Schippers, Geschäftsführer von Borussia Mönchengladbach, verwies auf den klaren Auftrag, den die Politik beim Sicherheitsgipfel in Berlin und bei der Innenministerkonferenz dem Fußball gegeben habe. Sollte es nicht gelingen, die Gewalt einzudämmen, laufe man Gefahr, dass entsprechende Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip von der Politik selbst ohne Einbeziehung von DFL und DFB festgelegt werden.