Sieg gegen Russland Spanier Villa entzaubert den Geheimfavoriten

Ein Mann, drei Tore, drei Punkte: Stürmer David Villa hat Spanien fast im Alleingang zum Sieg gegen Russland geschossen. Die vor der EM stark eingeschätzten Russen scheiterten an ihrer mangelnden Chancenauswertung - und ließen sich von kühlen Spaniern auskontern.

Innsbruck - Stürmer David Villa hat Titelanwärter Spanien einen perfekten Start in die EM beschert. Der 26-Jährige erzielte beim 4:1 (2:0)-Auftaktsieg in der Gruppe D gegen Russland drei Tore (20., 44. und 75.) für den Europameister von 1964, der seit 17 Spielen ungeschlagen ist. Den vierten spanischen Treffer erzielte Cesc Fabregas (90.+1), für die Russen traf vor 30.772 in neuen Tivoli-Stadion von Innsbruck Roman Pawljutschenko (86.). "Wir sind zufrieden. Wir haben in der ersten Halbzeit aber auch ein wenig Glück gehabt. Nach dem 1:0 haben wir beim Gegner Schaden angerichtet", freute sich Spaniens Trainer Luis Aragonés.

Zuvor hatte er mitansehen müssen, wie die Russen den besseren Auftakt in eine durchschnittliche erste Halbzeit erwischten. Nach vier Minuten zeigte Spaniens Torhüter Iker Casillas nach einem Freistoß beim Rauslaufen erste Unsicherheiten, von denen Russland allerdings nicht profitieren konnte. Während es die Russen in der Anfangsphase immer wieder über die Flügel versuchten, lief bei Spanien viel durch die Mitte.

Von dort gab auch Mittelfeldspieler David Silva in der 15. Minute den ersten Schuss ab, doch sein Versuch aus 20 Metern war sichere Beute für Russlands Torhüter Igor Akinfeev. Zwei Minuten später vergab Igor Semshov auf der anderen Seite eine gute Möglichkeit: Außenverteidiger Alexander Anyukov hatte den Ball von rechts zurück in den Strafraum gelegt, doch Semshov schoss aus sieben Metern deutlich am Tor vorbei. Mitten in die russische Drangphase hinein fiel dann der Führungstreffer für die Spanier.

Wer braucht dafür im modernen Fußball noch ein Mittelfeld? Ein weiter Ball landete aus der spanischen Abwehr herausgeschlagen genau bei Fernando Torres. Der Stürmer vom FC Liverpool tanzte auf der linken Seite zwei russische Verteidiger aus und flankte klug in die Mitte, wo sein Sturmpartner David Villa vom FC Valencia zum 1:0 einschieben konnte.

Auch der zweite spanische Treffer fiel in eine Angriffphase der Russen. Kurz vor der Halbzeit war das Team von Trainer Guus Hiddink bei einer Ecke weit aufgerückt, die Spanier eroberten den Ball, dann ging wieder alles ganz schnell: Mittelfeldspieler Andres Iniesta schickte Villa steil, der den Ball zum 2:0 durch die Beine des herauslaufenden Akinfeev spitzelte. Bitter für die Russen, die in der ersten Hälfte mehr Spielanteile als die Spanier hatten.

In der zweiten Halbzeit schalteten beide Teams zunächst in den Sparmodus um. Die Spanier schonten ihre Kräfte für das Duell am kommenden Samstag gegen Schweden (18 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) und auch die russischen Spieler hatten sich offenbar schon in der Halbzeitpause damit abgefunden, dass es heute gegen diese Spanier nichts zu holen gibt.

Diese Einstellung sollte man sich unter diesem Trainer allerdings nicht zu deutlich anmerken lassen. Guus Hiddink setzte von der Seitenlinie ein Ausrufezeichen, als er Vladimir Bystrov in der 70. Minute vom Platz nahm. Der Mittelfeldspieler von Spartak Moskau war erst zur zweiten Halbzeit eingewechselt worden, um für Kreativität zu sorgen. Zwar misslang das gründlich, doch war der 24-Jährige bei seinen Mannschaftskollegen damit in bester Gesellschaft. Trotzdem gab es die Höchststrafe von Hiddink.

Auch eine der zahlreichen Unachtsamkeiten der russischen Hintermannschaft wurde im zweiten Durchgang noch bestraft - wieder durch einen Konter. Diesmal bereitete Mittelfeldspieler Santi Cazorla vom FC Villarreal herrlich vor, wieder war es Villa, der den Angriff mit einem abschloss. Mit drei Treffern hat er sich in der Torjägerliste vor Lukas Podolski (zwei Treffer) gesetzt.

"Ich habe drei Tore erzielt, ich bin zufrieden. Aber das Wichtigste ist, dass wir drei Punkte haben", sagte der Matchwinner, während 10.000 spanische Fans im neuen Tivoli den Klassiker "E viva Espana" anstimmten.

Die letzten Tore fielen kurz vor dem Ende. Nach einer Ecke war Roman Pawljutschenko aus kurzer Distanz mit einem Kopfball unter die Latte zum 1:3 erfolgreich. In der 90. Minute vergaben die Russen noch eine große Chance mit vier Spielern freistehend vor dem Tor, ehe Cesc Fabregas vom FC Arsenal in der Nachspielzeit mit einem Kopfball-Abstauber den 4:1-Endstand markierte.

Ob Spanien nach diesem souveränen Sieg zum Kreis der Favoriten gehört, bleibt abzuwarten. Zu schwach war die Vorstellung der Russen, die seit heute Abend sicher nicht mehr als Geheimfavoriten taugen.

"Wir haben nichts aus unserem Ballbesitz gemacht. Wir sind hierhergekommen, um zu gewinnen, aber wir sind für unsere naiven Fehler bestraft worden. Die Fehler resultierten aus einem Mangel an Erfahrung", ärgerte sich Hiddink.

Mit Material vom sid

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