Sieg im Nord-Derby Eiskalte Rache des HSV

HSV-Verteidiger Joris Mathijsen fand nach dem gewonnenen Nord-Derby gegen Werder klare Worte: "Die Bremer haben die Fresse ganz schön weit aufgerissen, dafür wurden sie bestraft", ereiferte sich der 29-Jährige. Einige Bremer hatten vor dem Spiel daran erinnert, dass sie dem HSV in der vergangenen Saison in drei Wettbewerben die Tour vermasselt hatten - im Uefa Cup, dem DFB-Pokal und der Meisterschaft.
Umso wichtiger gerieten da die drei Punkte zum Hinrundenabschluss gegen den Erzrivalen. Es war das Duell zweier Teams, die unter ähnlichen Voraussetzungen in das Spiel gegangen waren. Beide hatten 28 Zähler, Werder stand auf Platz fünf der Tabelle, der HSV einen dahinter. Beide hatten vor der Partie sieben Siege, sieben Unentschieden und zwei Niederlagen auf dem Konto. Beide wollten auf einem Europa-League-Platz überwintern.
Jetzt gehen die Hamburger mit einem Sieg und die Bremer mit einer Niederlage mehr in die Winterpause. Dass diese Bilanz überaus verdient zustande kam, darüber waren sich nach dem Spiel alle einig. Hamburgs Trainer Bruno Labbadia sagte: "Wir haben von Anfang an nicht gewartet, sondern die Zweikämpfe gesucht. Wir haben heute eine sehr gute Moral bewiesen."
Wie dringend die Hamburger Revanche für die Schmach der vergangenen Saison nehmen wollten, zeigte ihre Reaktion auf die Schlüsselszene des Spiels: In der 33. Minute ging der Bremer Stürmer Marko Marin im Zweikampf mit Jérôme Boateng zu Boden. Schiedsrichter Florian Meyer entschied auf Notbremse und stellte Boateng vom Platz. 1:0 führte der HSV zu diesem Zeitpunkt durch ein Kopfballtor von Joris Mathijsen. Viele der 57.000 Zuschauer fürchteten, sofern sie HSV-Fans waren, nun einen Bruch im Spiel ihrer Mannschaft.
Doch es kam ganz anders. Der HSV erhöhte den Einsatz, Werder schien durch die Bürde, nun das Spiel machen zu müssen, gelähmt. Nur vier Minuten nach dem Platzverweis schauten drei Bremer staunend zu, wie sich der starke Elljero Elia durch ihr Mittelfeld dribbelte. Sein Pass fand Marcell Jansen, der 25 Meter vor dem Tor völlig frei stand. Bremens Torwart Tim Wiese stürzte ihm entgegen, doch Jansen behielt die Ruhe und schob den Ball zum 2:0 ein. Vorher schon waren die Hamburger Zuschauer mit viel Eifer bei der Sache gewesen - jetzt war die Lautstärke einem Nordduell angemessen.
Auch in der Folge gab es viele Szenen, die ein hitziges Derby ausmachen. Verbale Auseinandersetzungen, teils rüde Fouls. Je vier Gelbe Karten sahen beide Teams, ein klares Indiz für eine intensiv geführte Partie.
Bremer mit Problemen bei Eis und Matsch
"Meine Spieler waren heute im Kopf nicht so bereit, wie ich das gerne gesehen hätte", kommentierte Trainer Thomas Schaaf die Leistung seiner Mannschaft. Damit wird er auch gemeint haben, dass es seine Mannschaft nicht schaffte, ihre Spielweise den Platzbedingungen anzupassen. "Pferde würden sich weigern, hier zu laufen", sagte der Stadionsprecher in der Halbzeitpause.
Selbst diese wären auf dem matschigen-eisigen Untergrund kaum von der Stelle gekommen. Gleiches galt für die Bremer Offensivkräfte Özil, Hunt oder Marin - alle versuchten sie vergeblich, das gewohnte Bremer Kurzpassspiel aufzuziehen.
Der HSV gingen mit dem schlechten Zustand des Platzes klüger um. Mit einfachen Pässen in die Spitze gewannen Labbadias Spieler besonders in der ersten Hälfte viel Raum. Elia und Jansen, die häufig die Außenbahnen besetzten, sorgten für Gefahr. "Der HSV hat sich heute gut auf uns eingestellt", merkte Tim Borowski nach dem Spiel an. Damit gestand er auch ein, dass Werder das andersherum nicht gelungen war.
Hamburg mit Blick nach ganz oben
HSV-Mittelfeldmann David Jarolim machte nach dem Spiel direkt deutlich, worauf es die Hamburger jetzt abgesehen haben: "Natürlich wollten wir mal wieder ein Derby gewinnen. Aber viel wichtiger ist, dass der Abstand auf Platz eins jetzt nicht so groß ist." Vier Punkte beträgt der Rückstand auf Herbstmeister Leverkusen, das Rennen um die Meisterschaft ist völlig offen.
"Wir haben in dieser Vorrunde alles erlebt, was man erleben kann: Den besten Saisonstart aller Zeiten und eine Zahl von Verletzten, die nicht normal war", sagte Labbadia. Damit einher ging eine Reihe von Niederlagen. Doch durch die Siege gegen Nürnberg in der letzten Woche und nun gegen Werder mischt die Mannschaft im Titelrennen nun wieder ganz vorne mit.
Aus diesem muss sich Bremen erst einmal verabschieden. Sieben Punkte liegt Werder hinter Bayer, überwintert auf Platz sechs, der nicht für das internationale Geschäft qualifiziert. Doch was anderen Spitzenclubs das Weihnachtsfest verdorben hätte, lässt Thomas Schaaf nur schmunzeln: "Wir können insgesamt sehr zufrieden sein", sagte er über die Hinrunde. Nach 34 Spieltagen dürfte es dann aber doch gerne ein Platz weiter vorne sein - und natürlich eine Revanche am 8. Mai 2010 im nächsten Nord-Derby.