Spaniens Sieg gegen die Türkei Der neue alte Favorit

Álvaro Morata (l.) feiert das 1:0
Foto: Eddie Keogh/ REUTERSAusgangslage: Spanien. Da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll vor lauter Superlativen. 2010 Weltmeister, 2008 und 2012 Europameister, seit 13 EM-Spielen unbesiegt, zudem seit sechs EM-Partien ohne Gegentor. Mit dem Turnier-Triumph wären die Spanier die erste Mannschaft, die die EM drei Mal in Folge gewonnen hat. Dann aber: Der Stolperstart. 1:0 gegen Tschechien, nicht gerade eine Fußballgröße. Der Sieg gelang erst durch ein Kopfballtor des Abwehrrecken Gerard Piqué, in der - Sie erinnern sich, wir sind bei der EM der späten Tore - 87. Minute. Nach wie vor lautet die große Frage des Turniers, ach was, des Weltfußballs, ob Spanien der Generationswechsel gelingt. Und die Türkei? Schwer zu sagen. Eigentlich immer für eine Überraschung gut. Aber bei der 0:1-Auftaktniederlage gegen Kroatien äußerst harmlos.

Sieg gegen die Türkei: Spanische Dominanz
Das Ergebnis: 3:0 für die Spanier, die damit ins Achtelfinale einziehen. Hier geht's zum Spielbericht.
Die Startaufstellungen:
Spanien: De Gea - Alba (81. Azpilicueta), Ramos, Pique, Juanfran - Busquets, Iniesta, Fabregas (71. Koke) - Nolito, Morata, Silva (64. Soriano)
Türkei: Babacan - Gönül, Popal, Balta, Caner - Selcuk (70. Malli), Oguzhan (62. Sahan), Tufan - Turan, Burak, Calhanoglu (46. Sahin)
Die erste Hälfte: Hitziger Start. Sergio Ramos geht noch übermotivierter in das Match, als Sami Khedira gegen Polen. Noch keine Minute ist gespielt, da sieht der spanische Kapitän Gelb. Auch die Türkei legt engagiert los. In der neunten Minute bekommt Burak Yilmaz nach einer Handabwehr, wie man sie eher aus dem Rugby kennt, ebenfalls Gelb. Spielerisch lange ausgeglichen. Jordi Alba bringt den Ball in der elften Minute nach innen, Álvaro Morata läuft ein, aber Hakan Balta klärt an den Außenpfosten. Auf der Gegenseite: Hakan Calhanoglu mit einem Freistoß aus rund dreißig Metern. Da guckt man ja sehr gespannt hin. Aber dann fliegt der Ball nicht nur über die Mauer, sondern auch übers Tor. In der 34. Minute der Bruch: Flanke von Nolito auf Morata, der per Kopf trifft. Nur drei Minuten später Rollenwechsel: Morata flankt auf Nolito, der frei vorm türkischen Torwart auftaucht und einschiebt. In nicht mal 180 Sekunden übernehmen die Spanier das Spiel.
Die zweite Hälfte: Geht so weiter, wie die erste zu Ende gegangen ist: Der Treffer von Morata nach Flachpassspiel von Andrés Iniesta und Jordi Alba kommt lässig wie ein Trainingstor daher (48. Minute). Ist allerdings abseits, was das Schiedsrichtergespann um Milorad Mazic übersieht. Dann: nichts mehr. Man hätte das Spiel nach der 48. Minute abpfeifen können.
Die Stimmung: Ganz schön viele Plätze leer. Christian Estrosi, der Präsident der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur, in der Nizza liegt, wollte sich mit dem Stadion ein Denkmal setzen. Dummerweise wurden beim Bau sowohl die Parkplätze als auch die Zug- und Straßenbahnanbindung vergessen. Und das Stadion liegt in einem Industrieviertel. Die Stadt Nizza hat Fans deswegen geraten, sich besonders früh auf den Weg zu machen. Hat's geholfen? Während des Spiels kamen die ersten Meldungen über Fans, die im Stau stecken geblieben seien. Die werden sich gefreut haben.
Die Bildzensur des Spiels: Die EM ist ja ein Turnier der Uefa. Und die Uefa will uns knitterfreien Kitsch präsentieren, der uns auch bloß keinen Schrecken einjagt. Also wird nicht gezeigt, wie da ein türkischer Fan aufs Spielfeld rennen will, aber von Ordnern gestoppt wird. ARD und ZDF haben bereits gegen die Bildauswahl der Uefa protestiert. Ändern wird das nichts.

War was? Ein türkischer Flitzer wird von Ordnern gestoppt. Für Fernsehzuschauer leider nicht zu sehen.
Foto: Thanassis Stavrakis/ APWas fehlt: Nein, es fehlt nichts.
"Erdoğan bestellt spanischen Botschafter ein" #wasfehlt #ESPTUR
— THS (@__ths__) June 17, 2016
Erkenntnis des Spiels: Ein Sieg. Drei Tore. Zu Null. Die Spanier können es noch. Und nachdem die ersten drei spanischen Treffer des Turniers nach hohen Hereingaben entstanden sind, war das vierte Turnier-Tor schließlich ein flach herausgespielter Tiki-Taka-Treffer. Die Spanier halten nicht mehr stur am Kurzpassspiel fest, Tiki-Takaismus war gestern, die Mannschaft von Trainer Vicente del Bosque macht's auch wieder mal nach alter Schule. Spanien ist neben Frankreich und Italien vorzeitig im Achtelfinale und muss zu den Turnierfavoriten gezählt werden. Für die Türken bleibt eine theoretische Restchance aufs Weiterkommen. Gegen Tschechien werden sie sich aber steigern müssen.