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Das Finale: Triumph und Tragödie

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Spaniens erster WM-Titel Triumph der Furie

Das erste Mal im Finale, und dann gleich der Titel: Spanien hat in einem harten Spiel die Niederlande besiegt - der entscheidende Treffer fiel nur wenige Minuten vor Abpfiff der Verlängerung. Die "Rote Furie" zerstörte Oranjes Hoffnungen, endlich mal die WM zu gewinnen.
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Fotostrecke: Die Bilder des Finales

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Es war ein wahres Finaldrama zum Abschluss dieser WM. Ein echtes Endspiel. Erst in der 117. Minute fiel im Soccer-City-Stadion in Johannesburg die Entscheidung zwischen Spanien und den Niederlanden - Andrés Iniesta schoss Spanien zum ersten globalen Titel. Die "Rote Furie", wie das Team wegen seiner roten Trikots genannt wird, ist nun nicht mehr nur Europa-, sondern auch Weltmeister.

Noch während die letzten Sekunden abliefen rannen Torhüter Iker Casillas und Innenverteidiger Gerard Piqué Freudentränen über das Gesicht, mit dem Abpfiff kannte der Jubel der Spanier dann keine Grenzen mehr. Alle Ersatzspieler und der gesamte spanische Betreuerstab stürmten auf den Platz, um den Titel zu feiern.

Die unterlegenen Holländer sanken frustriert zu Boden. Zum dritten Mal nach 1974 und 1978 waren sie in einem WM-Endspiel unterlegen, Oranje wartet weiter auf den wichtigsten Titel im Weltfußball.

"Es war ein hart umkämpfter Sieg, aber wir haben phantastische Spieler. Wir hätten das eine oder andere Tor mehr schießen können. Der Sieg war hoch verdient. Für mich ist das ein ganz glücklicher Tag", sagte Spaniens Trainer Vicente del Bosque nach dem Spiel. Siegtorschütze Iniesta jubelte: "Weltmeister! Das ist unglaublich, unfassbar, einfach ohne Worte. Wir werden das jetzt genießen. Dieser Triumph hat viel Kraft gekostet. Ich grüße meine Familie und danke ganz Spanien." (alle Reaktionen...)

Iniesta wurde nach Abpfiff zum besten Spieler der Partie gewählt, Spieler des Turniers wurde Stürmer Diego Forlán vom viertplatzierten Team aus Uruguay. Deutschlands Thomas Müller erhielt gleich zwei Auszeichnungen: Mit seinen fünf Toren (siehe Fotostrecke) wurde er bester Torschütze der WM, zudem zeichnete die Fifa ihn zum besten Nachwuchsspieler des Turniers aus.

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Alle Tore von Müller: Die Treffer des Torschützenkönigs

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Doch der Hauptpreis geht verdient nach Spanien. Die Elf hatte bei dieser WM mit Kurzpassspiel geglänzt und mit einer perfekten Raumaufteilung. Auf dem Papier waren der Finalgegner ebenbürtig: Die Holländer waren mit sechs Siegen aus sechs Spielen in das Finale eingezogen. Selten spielerisch überragend zwar, dafür überaus strukturiert, mit einem Wesley Sneijder in Weltklasseform und gelegentlichen Geniestreichen von Arjen Robben.

Spanien trat ohne den formschwachen Torjäger Fernando Torres an. Schon im Halbfinale gegen Deutschland hatte Trainer Vicente del Bosque auf den Mann vom FC Liverpool verzichtet. Für Torres erhielt wieder Pedro vom FC Barcelona eine Chance von Anfang an. Auf Seiten der Niederländer gab es keine Überraschung. Coach Bert van Marwijk vertraute der Erfolgsformation mit den drei Bundesliga-Legionären Robben und Mark van Bommel von Bayern München sowie Joris Mathijsen vom Hamburger SV.

Doch wer bei diesen Vorzeichen auf ein Spektakel gehofft hatte, sah sich getäuscht. Spanien attackierte nur in den Anfangsminuten mit der bekannten Spielfreude. Danach war das Finale ein einziger Reigen von Fouls - zwölf Gelbe Karten sind ein neuer Endspielrekord. Zudem sah Johnny Heitinga in der Verlängerung Gelb-Rot (110. Minute).

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Ausnahmezustand: Fans in Madrid und Amsterdam

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Die Spanier legten im Duell vor. Iniesta, Pedro und David Villa trugen mit ihrem gefürchteten Kurzpassspiel den Ball bis an den gegnerischen Strafraum. Piqué und Sergio Ramos waren zur Mittellinie aufgerückt, um Druck auf den holländischen Spielaufbau auszuüben. In der fünften Minute wurde Ramos bei einem Vorstoß gefoult, den Freistoß schlug Xavi in den Strafraum, wo erneut Ramos mit einem Kopfball Hollands Torhüter Maarten Stekelenburg zu einer ersten, starken Parade zwang.

Die Niederländer ließen sich Zeit. Nach einer der wenigen Unachtsamkeiten in Spaniens Defensive kam Dirk Kuyt aus 25 Metern an den Ball, doch sein Schuss war zu unplatziert und wurde mühelos gefangen. Es blieb zunächst eine Szene mit Seltenheitswert, Spanien war weiter absolut spielbestimmend in weiten Teilen der ersten Hälfte.

De Jong gemeingefährlich, Schiedsrichter Webb gnädig

Dass die Niederländer nicht schon nach 22 Minuten in Unterzahl spielten, hatten sie Schiedsrichter Howard Webb zu verdanken. Der Engländer zeigte van Bommel nach einer Grätsche von hinten in die Beine von Iniesta nur die Gelbe Karte. Insgesamt waren Fouls zu diesem Zeitpunkt wichtigster Bestandteil der Holländer im Kampf gegen die überragende Ballkontrolle des Gegners auf engstem Raum und bei hohem Tempo.

Doch alle Probleme, das Spiel unter Kontrolle zu bringen, waren keine Entschuldigung für Nigel de Jongs Einsteigen in der 29. Minute: Mit gestrecktem Bein sprang der Spieler von Manchester City in einen Zweikampf gegen Xabi Alonso und traf diesen an der Brust. Wieder zeigte Webb nur Gelb - zu wenig, auch wenn Alonso nach einer Behandlungspause weiterspielen konnte.

Für eine kuriose Szene sorgte dann Casillas: Um Puyol nach einem Zusammenprall eine Pause zu verschaffen, schlug er den Ball ins Seitenaus. Die Niederländer handelten nach dem ungeschriebenen Fair-Play-Gesetz und gaben das Spielgerät wieder zurück. Doch der lange Ball flatterte in Richtung Casillas, setzte auf und sprang über den Keeper - knapp neben das Tor. Glück gehabt.

Die erste wirklich herausgespielte Torchance für die Niederlande hatte Robben erst in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Zwischen Joan Capdevilla und Alonso hindurch sah der Bayern-Stürmer die Lücke, doch den Schuss von der Strafraumgrenze klärte Casillas zur Ecke.

Robben vergibt frei vor Casillas

In der zweiten Hälfte setzte zunächst Oranje die Akzente. Die mit Abstand größte Chance vergab nach gut einer Stunde wiederum Robben. Sneijder spielte einen Steilpass, Piqué ging nicht richtig zum Ball und Robben tauchte frei vor Casillas auf. Der Torhüter wartete lange, tauchte dann nach rechts ab. Robben hatte sich für die linke untere Ecke entschieden, doch sein Schuss prallte noch an Casillas' Fuß und sprang von da knapp neben das Tor.

Doch dann drehte Spanien wieder auf. Der für Pedro eingewechselte Jesús Navas spielte den Ball flach vor das holländische Tor, Heintinga verpasste erst, dann warf er sich in den Schuss des hinter ihm lauernden Villa (66.). Noch besser war die Chance von Ramos in der 77. Minute, aber der Außenverteidiger köpfte freistehend aus fünf Metern vorbei.

Bei den Holländern ging nach wie vor im Sturm fast alles über Robben, Robin van Persie hingegen fand nie richtig in die Partie. Nach einem langen Pass setzte sich der Münchner im Laufduell gegen Piqué und Puyol durch, doch Casillas war herausgeeilt und nahm dem Stürmer den Ball vom Fuß.

Fabregás legt auf - Iniesta trifft zum Sieg

Immerhin: In der regulären Spielzeit kamen die überlegenen Spanier nicht zum Torerfolg. Es ging in die Nachspielzeit. Und die wurde turbulent. Zunächst forderten die Spanier Elfmeter, als Heitinga Iniesta beim Schussversuch blockte (92.). Der Eingewechselte Cesc Fabregás tauchte kurz darauf frei vor Stekelenburg auf, doch der wehrte mit dem Fuß ab. Auch Navas scheiterte nur knapp (101.) als sein von van Bronckhorst abgefälschter Schuss am Außennetz landete. Stekelenburg war bereits unterwegs in die andere Ecke gewesen.

Hätte Schiedsrichter Webb nicht einen sehr gnädigen Tag gehabt, hätten sowohl Iniesta (wegen Fordern einer Gelb-Roten Karte gegen Heitinga) und Robben (wegen Ballwegschlagens) Gelbe Karten sehen müssen - für Robben wäre es die zweite des Abends und damit ein Platzverweis gewesen.

Doch dann spielte Fabregás in der 117. Minute einen Pass auf Iniesta, der freistehend im Strafraum den Ball annahm, den Kopf hob und zum 1:0 in die lange Ecke einschoss. Van der Vaart und Edson Braafheid kamen zu spät, Stekelenburg konnte nicht mehr entscheidend abwehren.

Die anschließenden, verzweifelten Angriffe der Niederländer verpufften. Dann pfiff Webb die Partie ab, Spanien war zum ersten Mal Weltmeister.

Niederlande - Spanien 0:1 (0:0) n.V.
0:1 Iniesta (117.)
Niederlande: Stekelenburg - van der Wiel, Heitinga, Mathijsen, van Bronckhorst (105. Braafheid) - van Bommel, de Jong (99. van der Vaart) - Robben, Sneijder, Kuyt (71. Elia) - van Persie
Spanien: Casillas - Ramos, Piqué, Puyol, Capdevila - Busquets, Xabi Alonso (87. Fabregás) - Pedro (60. Jesús Navas), Xavi, Iniesta - Villa (106. Torres)
Schiedsrichter: Webb (England)
Zuschauer: 84.490 (in Johannesburg/Soccer City)
Gelbe Karten: van Persie, van Bommel, de Jong, van Bronckhorst, Robben, van der Wiel, Mathijsen - Puyol, Ramos, Capdevila, Iniesta, Xavi
Gelb-Rote Karte: Heitinga wegen wiederholten Foulspiels (110.)

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