Fortuna Düsseldorf gegen Hertha BSC Gute Chance für Neuauflage

Bekommen die Berliner noch eine Chance auf den Klassenerhalt? Hertha BSC hat nach der Skandal-Partie von Düsseldorf Einspruch eingelegt, hofft auf ein Wiederholungsspiel. Sportrechtler sehen gute Chancen für BSC, Sieger Fortuna hält das für ausgeschlossen.
Düsseldorfer Fans: Platzsturm noch vor dem Schlusspfiff

Düsseldorfer Fans: Platzsturm noch vor dem Schlusspfiff

Foto: Thomas Starke/ Bongarts/Getty Images

So etwas hat auch der renommierte Sportanwalt "noch nicht gesehen". Mit offenem Mund habe er vor dem Fernseher gesessen, als die Düsseldorfer Fans über die Balustraden kletterten und das Spielfeld stürmten, sagt Michael Lehner. Der Heidelberger Anwalt fordert eine detaillierte juristische Aufarbeitung des Skandal-Relegationsspiels zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC - und räumt der Hoffnung der Berliner auf ein Wiederholungsspiel gute Chancen ein.

"Der Verein hat Aussicht auf Erfolg", sagt Lehner, der sich im Sport bisher besonders einen Namen in Doping-Verfahren machte. Aus seiner Sicht ist eine Wiederholung des Spiels die einzig gangbare Lösung: Die Berliner seien durch die Spielunterbrechung einer großen Chance beraubt worden, die gesamte Mannschaft sei in ihrem Spielfluss gestört worden. Der Veranstalter - in dem Fall Fortuna Düsseldorf als gastgebender Verein - sei seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen. Dadurch hätten die Gäste keine Chancengleichheit mehr gehabt, das rechtfertige den Einspruch von Hertha.

Wenngleich der Unparteiische Wolfgang Stark, der das Spiel nach 20 Minuten wieder anpfiff, sich bei der Polizei grünes Licht für die Fortsetzung des Spiels geholt habe, habe er eine juristisch anfechtbare Tatsachenentscheidung getroffen. "Stark hätte abbrechen können, hatte aber Angst vor der Gewalt-Eskalation. Seine Entscheidung ist sportrechtlich nicht relevant", sagt Lehner. "Es geht hier nicht um einen Elfmeter nach einem Foul." Bei derart übergeordneten Einflüssen dürfe der Schiedsrichter nicht alleine entscheiden.

"Fernbleiben wäre vertretbar gewesen"

Lehner ist überzeugt davon, dass die Spieler das Recht gehabt hätten, in der Kabine zu bleiben. "Das Gewaltrisiko war sehr hoch. Juristisch wäre ihr Fernbleiben absolut vertretbar gewesen", sagt er. Der Anwalt warnt davor, nach den Vorkommnissen zu schnell wieder zur Tagesordnung überzugehen. "Das Spiel muss zum Präzedenzfall werden: So kann und darf nicht über Auf- und Abstieg oder Meisterschaften entschieden werden." Die Deutsche Fußball Liga müsse mit der Wiederholung des kompletten Spiels ein Signal setzen.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Sportanwalt Rainer Cherkeh aus Hannover. "Die Spielordnung der DFL sieht einen Einspruch innerhalb von zwei Tagen vor", sagt er. Laut Paragraf 13 kann Einspruch gegen die Spielwertung erhoben werden, wenn eine "Schwächung der eigenen Mannschaft durch einen während des Spiels eingetretenen Umstand, der unabwendbar war und nicht mit dem Spiel und einer dabei erlittenen Verletzung im Zusammenhang steht" auszumachen ist. Aus Sicht von Cherkeh spreche vieles dafür, dass beide Faktoren zutreffen. "Letztendlich hat das DFB-Sportgericht darüber zu entscheiden", sagt er, "dem Einspruch könnte aber stattgegeben werden." Verhandelt wird die Sache am Freitag ab 13.30 Uhr.

Der DFB selbst hält sich mit einer rechtlichen Bewertung bisher zurück, vom Verband war am Mittwoch noch keine Stellungnahme dazu zu bekommen, welche Aussichten der Protest haben könnte - anders als vom Gewinner Fortuna Düsseldorf. Fortuna-Manager Wolf Werner geht "fest davon aus, dass wir aufgestiegen sind". Zwar sprach er von "unschönen Szenen", aber "das Wort Gewalt" wolle er in diesem Zusammenhang nicht angewendet haben. Auch den Vorwurf, dass zu wenig Ordner im Stadion gewesen seien, wies er entschieden zurück: "Es waren eine Unzahl von Ordner da. Die Massen in dieser Form waren nicht zu bändigen." Die Reaktion von Hertha-Anwalt Schickhardt hält er für "total überzogen".

Schickhardt hatte am Mittwoch in mehreren Interviews von "Todesangst" der Hertha-Spieler geredet und davon, dass die Polizei ein "Blutbad" befürchtet habe, wenn die Berliner Spieler nicht auf den Platz zurückgekehrt wären.

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