Strafverfahren gegen Infantino Der Präsident ist in Not

Die Eröffnung des Strafverfahrens durch die Schweizer Behörden bringt Fifa-Boss Gianni Infantino in Schwierigkeiten. Dass er sogar seinen Posten räumen muss, gilt jetzt als denkbar.
Ungemütliche Zeiten für Gianni Infantino

Ungemütliche Zeiten für Gianni Infantino

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Giuseppe Cacace/ AFP

Gegenwind kommt für Fifa-Boss Gianni Infantino derzeit nicht nur von der Schweizer Justiz, sondern auch vom eigenen Vorgänger. Joseph Blatter teilte dem Züricher Boulevardblatt "Blick" die Einschätzung mit : "Gianni Infantino ist als Fifa-Boss nicht mehr tragbar." Blatter, befragt auf einer Vernissage in Zürich, wie man in dem Bericht erfährt, ist möglicherweise nicht der allerglaubwürdigste Kronzeuge, aber mit Skandalen und wieweit man es damit als Fifa-Boss treiben darf, kennt er sich zweifellos bestens aus.

Für Gianni Infantino ist es tatsächlich unversehens ungemütlich geworden, nachdem die Schweizer Bundesanwaltschaft am Donnerstag offiziell ein Strafverfahren gegen den 50-Jährigen eröffnet hat. Der Fifa-Boss hat in seiner bisher vierjährigen Amtszeit viele gegen sich aufgebracht: Sein unverhohlenes Bestreben, der Fifa um jeden Preis mehr Einnahmen zu verschaffen, seine Amtsführung, bei der er sich auch mal den Privatjet des Emirs von Katar ausgeliehen haben soll, seine Nähe zu Russlands Präsident Putin und zu den Machthabern am Golf - all das hat seine Position bislang aber wenig geschwächt.

Das jedoch kann sich jetzt ändern: Die Kumpelei mit dem bisherigen Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber droht für Infantino nachhaltige Folgen zu haben. Man soll mit Abgesängen stets vorsichtig sein. Aber für den Mann aus dem Wallis steht das Amt auf dem Spiel.

Blatter und Platini wurden gesperrt

Das beginnt schon damit, dass die Fifa ihren eigenen Chef nun eigentlich für maximal 90 Tage sperren müsste - so geschah es jedenfalls mit Blatter, als er 2015 ein Strafverfahren an den Hals bekam wie auch mit dem damaligen Uefa-Chef Michel Platini. Die Artikel 83, 84 und 85 im Ethik-Code der Fifa  sehen bei Verstößen und schon bei Verdachtsmomenten entsprechende Sanktionen vor. Der nächste Fifa-Kongress ist für September angesetzt, Infantino könnte wegen einer vorläufigen Suspendierung den Termin verpassen. In einem gemeinsamen Statement von Fifa und Infantino am Donnerstagabend war von einer Suspendierung erstmal keine Rede. Der Verband teilte mit, man habe die Vorgänge "zur Kenntnis genommen" und wolle - ebenso wie Infantino - mit den Behörden kooperieren.

Mindestens zweimal, so steht mittlerweile fest, hat sich Infantino in den vergangenen Jahren mit Lauber getroffen - dem Chefermittler in Sachen Fifa-Skandal, der eigentlich die zahlreichen Korruptionsvorwürfe rund um den Fußballweltverband untersuchen soll. Allein das macht diese Treffen bereits pikant. Dass Lauer sie nicht protokollieren ließ und sich erst nach und nach an diese Treffen zu erinnern begann, als kritische Nachfragen auftauchten, machte die Angelegenheit zum Skandal.

Ein drittes Treffen vom Juni 2017 in einem Berner Hotel haben Lauber und Infantino bis heute nicht eingestehen wollen - obwohl es deutliche Hinweise darauf gab. Unter anderem eine mittlerweile schon fast berühmte Spesenrechnung über "fünf Snacks zu sechs Franken", die der Angelegenheit den Namen "Snackgate" verliehen hat.

Infantino soll auf die Treffen mit Lauber gedrängt haben, will die "Süddeutsche Zeitung" erfahren haben. Es soll dabei unter anderem um ein Verfahren gegangen sein, das die Lauber-Behörde 2016 gegen Infantino angestrengt hatte. Beleuchtet werden sollte die Rolle, die Infantino als damaliger Uefa-Generalsekretär bei der Abfassung eines TV-Vertrags mit südamerikanischen Rechtehändlern gespielt hatte. Dieser Vertrag tauchte im Rahmen des Fifa-Prozesses von New York auf. Die Ermittlungen der Schweizer Ankläger wurden jedoch ungewöhnlich rasch eingestellt. Und es bleibt der Ruch, dass dies mit den Treffen zwischen Lauber und Infantino zusammenhängen könnte.

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Lauber nimmt seinen Hut

Den Bundesanwalt hat das mittlerweile seinen Posten gekostet. Nachdem Lauber in einem Sonderbericht einer Disziplinarkommission für das Bundesverwaltungsgericht der Lüge bezichtigt worden war, war er nicht mehr haltbar. Der Chefankläger nahm als ordentlicher Beamter noch seinen gesamten Resturlaub und wird ab Januar 2021 nicht mehr im Amt sein.

Stattdessen hat nun der neu eingesetzte Sonderermittler Stefan Keller das Sagen. Der Staatsanwalt aus dem Kanton Obwalden hat sich nicht übermäßig lange mit dem Prüfen einer Strafanzeige gegen Infantino aufgehalten, schon am Donnerstag wurde das Verfahren gegen den welthöchsten Fußballfunktionär und seinen Justizberater, den Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold, eröffnet. Arnold soll bei mindestens zwei Treffen ebenfalls dabei gewesen sein und bei der Kontaktanbahnung zwischen Lauber und Infantino geholfen haben. Anstiftung zum Amtsmissbrauch, Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses und Anstiftung zur Begünstigung, so lauten die Vorwürfe.

Infantino und die Fifa hatten die Vorwürfe bisher immer zurückgewiesen und die Treffen mit Lauber als völlig normal dargestellt. "Lasst mich das ein für allemal klarstellen: Mich mit dem Bundesanwalt der Schweiz zu treffen, ist absolut legitim und legal. Es ist kein Verstoß gegen irgendetwas", so Infantino im Juni vor dem Fifa-Council.

Der Weltverband hatte mit einer Erklärung nachgelegt: Infantino habe bei dem Treffen Laubers die "Motivation gehabt, den Schweizer Behörden jegliche Unterstützung anzubieten". Dazu erhält er jetzt erneut Gelegenheit.

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