Streit um Web-Videos DFB-Landesverband klagt gegen Hobbyfußballer
Ein letzter, kurzer Blick über die rechte Schulter, vier Schritte Anlauf, und der Ball zappelt im Netz. Michael Materners Freistoß schlägt wie ein Geschoss über dem Torwart des SC Bogenhausen ein. Der Torschütze dreht ab und jubelt wie ein Großer.
Materner kickt in der B-Jugend des Kreisligaclubs ATSV Kirchseeon. Seinen sehenswerten Freistoßtreffer kann trotzdem die ganze Welt bestaunen. Ein Hobbyfilmer war an diesem Herbsttag zufällig dabei und stellte die Szene bei den Hartplatzhelden ein, einem Internetportal für Amateurfußballer. Über 1100-mal ist der Filmausschnitt bereits angeklickt worden.
Doch damit könnte schon bald Schluss sein. Der Württembergische Fußballverband (wfv) hat gegen die Betreiber des Portals Klage eingereicht. Der Verband sieht "wettbewerbsrechtliche Verstöße" und begründet seine Klage damit, dass er den Spielbetrieb organisiert und gemäß eigener Satzung das alleinige Nutzungsrecht am Geschehen auf den Fußballplätzen besäße.
"Wir koordinieren jedes Wochenende 13.000 Teams, teilen 6500 Schiedsrichter ein, erstellen Ergebnislisten und Tabellen. Dadurch entstehen hohe Verwaltungskosten", sagt wfv-Justitiar Frank Thumm. "Die Vereine finanzieren durch ihre Beiträge diese Leistungen und ein Dritter, in diesem Fall die Hartplatzhelden, sagt 'Danke schön' und verdient daran. Das kann nicht sein", sagt Thumm weiter.
"Der DFB bevormundet seine Landesverbände"
Fabian Reinholz sieht die Dinge anders: "Wer steht denn auf dem Spielfeld?", fragt der Anwalt der Hartplatzhelden. Seiner Meinung nach schießt der wfv in diesem Fall weit über das Ziel hinaus: "Der Verband hat die Aufgabe, den Breitensport zu fördern. In der Satzung steht nichts davon, dass er die Vereine in wirtschaftlicher Hinsicht fördern soll", so Reinholz zu SPIEGEL ONLINE. Hartplatz-Gründer Thomas Ramge wird deutlicher: "Wenn es irgendwo einen Cent zu verdienen gibt, sind die Fußballverbände offenbar zur Stelle."
Wfv-Justitiar Thumm wehrt sich gegen den Vorwurf, der DFB habe seinen Verband vorgeschickt: "Das ist barer Unsinn. Der DFB braucht keinen Landesverband, der die Kohlen für ihn aus dem Feuer holt. Wir wollen die Grundsatzfrage klären, wem die Rechte an diesen Bildern gehören." Das Urteil dürfte auch innerhalb des DFB von Interesse sein. Denn eigentlich wollte der DFB auf der Webseite www.fussball.de ein ähnliches Portal wie die Hartplatzhelden etablieren.
Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen gibt es aber seit langem Streit um die Zuständigkeiten beim Einpflegen des Contents. Zudem sei die Technik nicht ausgereift, so dass sich die Unterstützung der Landesverbände für www.fussball.de bislang in Grenzen halten soll. Außer Arbeit kommt für die Verbände nicht viel herum.
Das könnte sich bei einem Urteil im Sinne des wfv ändern. Die Landesverbände hätten dann künftig die Möglichkeit, die Bilder ihrer Spiele selbst zu vermarkten. Wird da ein Streit zwischen zwei Parteien aus einem Haus auf dem Rücken eines externen Dritten ausgetragen? Schließlich geht es in Anbetracht eines florierenden Web-2.0.-Marktes möglicherweise in der Zukunft um eine Menge Geld.
Wem gehört der Fußball?
Das Wort Kommerz hört wfv-Justitiar Thumm in diesem Zusammenhang gar nicht gerne: "Es geht uns dabei nicht darum, Gewinne zu erzielen. Wir sehen es allerdings auch nicht ein, dass Dritte von unseren Vorleistungen profitieren." Ramge wiederum hält dagegen, dass die kleine GmbH mit dem Portal zurzeit sowieso noch kein Geld verdient. Dennoch will er mit diesem Prozess notfalls auch "durch mehrere Instanzen gehen" - und so eine Antwort auf die Frage liefern, wem denn eigentlich der Fußball gehört.
"Freizeitfußballer müssen doch im Netz die Möglichkeit haben, ihre Leistungen darzustellen und sich untereinander zu vernetzen. Wo sollen sie das sonst in einem sinnvollen Rahmen tun", fragt Ramge und liefert die Antwort gleich mit: "Bei YouTube passiert doch nichts anderes. Aber mit so einer kapitalstarken Plattform legt sich der wfv natürlich nicht an."
Thumm hält auch in diesem Punkt dagegen. Der Unterschied bestehe darin, dass YouTube ein Portal sei, "das nicht ausschließlich dazu auffordert, Filme vom Amateurfußball ins Netz zu stellen."
Die Fronten sind verhärtet. So hatten es die Hartplatzhelden zuletzt abgelehnt, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Solange der Rechtsstreit dauert, können Freizeitkicker weiterhin ihre Videos hochladen. "Wir starten in diesen Tagen wieder mit dem beliebten Tor des Jahres", kündigt Ramge an. Dabei wählt eine Jury aus Prominenten wie Günther Jauch, Marco Bode und Marcel Reif das schönste Amateurtor 2007. Ramge wünscht sich rege Beteiligung "natürlich auch von den Mitgliedern des württembergischen Fußballverbandes."