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Stuttgarts Krise: Vergebene Chancen, wirkungslose Abwehr

Foto: Thomas Niedermueller/ Bongarts/Getty Images

Stuttgarter Krise Bruno Labbadia kann nichts dafür

Bruno Labbadia galt lange Zeit als Trainer, der nur kurzfristig erfolgreich mit Mannschaften arbeiten kann. Beim VfB Stuttgart schien er diesen Ruf abgelegt zu haben. Doch die jüngste Krise lässt ungute Erinnerungen wach werden. Mit einem Unterschied: Diesmal trifft den Coach keine Schuld.
Von Jan Reschke

Hamburg - Einen Ruf wird man so schnell nicht los. Und so dürfte Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia nach dem sechsten Platz mit dem VfB in der vergangenen Saison ganz besondere Genugtuung verspürt haben. Endlich war er nicht mehr nur der kurzfristig erfolgreiche Trainer. Endlich galt er als gestanden statt wie zuvor beim Hamburger SV und Bayer Leverkusen als gescheitert.

Nach dem 0:3 (0:1) gegen die TSG Hoffenheim hat die Vergangenheit Labbadia wieder eingeholt. Er steht in der Kritik. Weil sein Team in der Liga bislang lediglich zwei Punkte geholt hat und auf dem vorletzten Tabellenplatz steht. Weil es gegen Hoffenheim komplett unterging. Weil es leidenschaftslos auftritt. Weil es in der derzeitigen Verfassung lediglich um den Klassenerhalt statt um internationale Plätze spielt.

Doch anders als bei seinen vorangegangenen Stationen ist er diesmal eher Opfer der Umstände denn Auslöser von Problemen.

  • Stichwort Verletzungen: Außenverteidiger Tim Hoogland fehlt wegen eines doppelten Bänderrisses seit Wochen verletzt, auf der anderen Seite pausierte in dieser Saison bereits Cristian Molinaro wegen einer Verletzung am Schultereckgelenk. Kapitän Serdar Tasci spielt seit Wochen mit einem Mittelhandbruch, zuletzt plagten ihn Oberschenkelprobleme. Tunay Torun ist ebenfalls am Oberschenkel verletzt und wird wohl auch in der kommenden Woche fehlen. Und gegen Hoffenheim musste sich auch noch Shinji Okazaki wegen Zehenproblemen auswechseln lassen.

  • Stichwort Transfers: Auf die vielen Verletzten kann Labbadia nicht reagieren, denn ihm fehlen schlicht die Spieler. Lediglich zwei Zugänge konnte er im Sommer neben diversen Talenten aus der zweiten Mannschaft begrüßen: Torun und Hoogland. Dazu Daniel Didavi, der an Nürnberg ausgeliehen war und mit einem Kreuzbandriss zurückkehrte. Auf der Seite der Abgänge fanden sich namhafte Spieler wie Khalid Boulahrouz, Julian Schieber, Matthieu Delpierre oder Timo Gebhart. Sicherlich nicht alles Stammspieler, aber Profis, mit denen sich auf die Personalprobleme nun mit weniger Qualitätsverlust reagieren ließe.

Angesichts der dürftigen Personaldecke fiel es Labbadia vor der Saison denn auch schwer, die eigene Perspektive zu benennen: "Solange alle Konkurrenten aufrüsten und wir abbauen müssen, kann ich kein Ziel ausgeben", hatte der Trainer gesagt.

Trotz der widrigen Umstände, für die Labbadia nichts kann, ist er nun gefordert, sein psychologisch stark angeknackstes Team aufzurichten. Es hat schon einige Rückschläge wegstecken müssen in dieser Saison. Auffällig ist, dass sich die Mannschaft zu wenig gegen Niederlagen stemmt. Wie gegen den FC Bayern München, als am Ende ein indiskutables 1:6 zustande kam. Wie nun gegen Hoffenheim.

"Das darf uns nicht passieren"

Labbadia sagte sichtlich konsterniert: "Wir haben nach dem 0:1 komplett unsere Linie verloren, was ich so nie erwartet hätte. Wir haben uns nicht als Mannschaft präsentiert - da ist es schwierig zu gewinnen." Auch Torwart Sven Ulreich attestierte seiner Mannschaft ebenfalls einen Einstellungsmangel: "Das darf uns nicht passieren. Wir waren nicht in der Verfassung, das Spiel zu gewinnen", so Ulreich.

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Man ist angesichts eines so labilen Teams, wie es der VfB derzeit ist, geneigt, sich zu fragen, was wohl passiert wäre, wenn Vedad Ibisevic im ersten Saisonspiel gegen Wolfsburg seinen Elfmeter in der 88. Minute verwandelt anstatt verschossen, und Bas Dost nicht in der 90. Minute den Siegtreffer für den VfL erzielt hätte.

Alles Psychologie, oder wie?

Manager Fredi Bobic hat offenbar ein tiefergehendes Problem bei seinen Spielern erkannt: "Die Leistung war indiskutabel, grottenschlecht. Wir werden mit den Spielern hart ins Gericht gehen, aber intern. Das Einmaleins des Fußballs hat heute nicht funktioniert.", sagte Bobic dem TV-Sender Liga total.

Zumindest die Stuttgarter Fans haben ihren Humor nicht verloren. Sie stimmten beim Stand von 0:3 gemeinsam mit den Hoffenheim-Fans "Oh, wie ist das schön" an. Fragt sich nur, wann die Stimmung kippt - und dann wird es wohl wieder einmal Labbadia sein, dem die Rufe gelten.

VfB Stuttgart - 1899 Hoffenheim 0:3 (0:1)
0:1 Usami (5.)
0:2 Joselu (47.)
0:3 Johnson (58.)
Stuttgart: Ulreich - Sakai, Tasci, Niedermeier, Molinaro - Kvist (56. Kuzmanovic), Gentner - Okazaki (39. Traore), Hajnal (46. Holzhauser), Cacau - Ibisevic
Hoffenheim: Casteels - Beck, Delpierre, Compper, Johnson - Williams, Rudy - Vukcevic (88. Schröck), Usami (67. Volland) - Firmino (82. Salihovic), Joselu
Schiedsrichter: Peter Sippel (München)
Zuschauer: 41.720
Gelbe Karten: Kvist, Cacau - Williams (3), Joselu

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