

Was für eine bittere Bilanz: Zehn Heimspiele hat der einst ruhmreiche TSV 1860 München in dieser Zweitligasaison bislang absolviert, eine einzige Partie davon hat er gewonnen. Dagegen stehen sechs Heimpleiten - mit dem bisherigen Tiefpunkt am Montagabend, dem 1:2 gegen Aufsteiger 1. FC Heidenheim.
Wer solche Ergebnisse vorweist, landet da, wo die Münchner Löwen jetzt stehen: in der Abstiegszone. Vorläufiger Endpunkt eines Niedergangs, eines Weges gepflastert mit Eitelkeiten, Selbstüberschätzungen, Misswirtschaft und personellen Fehlgriffen. Was man im Fußball falsch machen kann, ist bei 1860 zuverlässig angepackt worden.
Die Löwen, das ist das Team, das in der ewigen Bundesligatabelle noch immer auf Platz 20 steht - vor dem VfL Wolfsburg. Das ist der Bundesligameister von 1966, das Team von Torwart-Legende Petar Radenkovic, eine Mannschaft, die im Jahr 2000 noch an der Qualifikation zur Champions League teilgenommen hat. Von da an ging es bergab.
Wie es ist, wenn man in die Niederungen des Fußballs abtaucht, und wie schwer es ist, wieder hochzukommen, dafür gibt es genügend Beispiele. Die Liste derjenigen, die mal glaubten, sich in der Bundesliga etabliert zu haben, dann aber doch verschwanden, ist lang. Und die Löwen sind drauf und dran, diesem Kreis bald auch anzugehören.
Von Waldhof Mannheim über den 1. FC Saarbrücken bis zum MSV Duisburg: Klicken Sie sich hier durch die Galerie der Verlierer!
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Ein Bild des Jammers: Anthony Annan von Zweitligist 1860 München spiegelt die ganze Tristesse des Traditionsvereins nach der 1:2-Heimpleite gegen den 1. FC Heidenheim wider. Den Löwen droht der Abstieg in die dritte Liga, es wäre die nächste Station des Niedergangs.
Was war dieser TSV doch ein stolzer Verein. Hier feiert die Stadt den Pokalsieg der Löwen 1964. Eine große Mannschaft um Rudi Brunnenmeier, mit dem unvergessenen Torwart Petar Radenkovic. 1966 feierten die Löwen die Meisterschaft.
30 Jahre später hatte 1860 noch einmal eine Hochzeit. Präsident Heinzi Wildmoser und Trainer Werner Lorant (Foto) standen für die großen Ziele der Löwen - der Kern des Absturzes war da aber schon gelegt. 1860 lebte über seinen Verhältnisse.
So ein Typ wie Lorant saß auch bei Waldhof Mannheim auf der Trainerbank. In den Achtzigern formte Klaus Schlappner die Waldhof-Buben, eine Mannschaft, die vor allem duch ihre Robustheit bestach. Jürgen Kohler, Roland Dickgießer, Christian Wörns - Waldhof hatte gute Innenverteidiger.
Karl-Heinz Bührer oder Fritz Walter - auch offensiv hatte Waldhof einiges zu bieten. Nach sieben Bundesligajahren war es vorbei mit der Herrlichkeit. Waldhof spielt heute in der Regionalliga.
Man mag es heute kaum glauben, dass das kleine Saarland drei ehemalige Fußball-Bundesligisten aufzuweisen hat. Borussia Neunkirchen war in den Sechzigerjahren drei Jahre lang ehrenwertes Mitglied des Oberhauses. Nach dem zweiten Abstieg 1968 kam der Verein nie wieder zurück. Die Borussia kickt heute in der fünftklassigen Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar.
Vorzeigeklub des Saarlands war von jeher der 1. FC Saarbrücken. Fünf Bundesligajahre kann der FCS vorweisen. Dafür stehen Namen wie Eric Wynalda, Michael Blättel, Anthony Yeboah, aber auch Felix Magath und Beckenbauer-Sohn Stephan. 1993 war das Kapitel Bundesliga vorbei, der FCS kämpft darum, mal wieder drittklassig zu werden.
Saarland, die Dritte: Solche Jubelbilder wie hier von Thomas Stickroth gab es beim FC Homburg nicht immer zu bewundern. Dafür hatte man aber den möglicherweise findigsten oder windigsten Manager der Liga mit Manfred Ommer, der den FCH durch Kondom-Trikotwerbung in die Schlagzeilen brachte. Liga-Nostalgiker erinnern sich zudem noch an den kleinen Andrzej Buncol. 1990 war Schluss mit der Bundesliga, die Gegenwart heißt Regionalliga Südwest.
Im Osten stand Energie Cottbus einige Jahre lang für den Erstligafußball. Unter Trainer Eduard Geyer, ähnlich knorrig wie Lorant oder Schlappner, brachte es Energie immerhin auf sechs Bundesligajahre. Nach dem Abstieg 2009 geht es langsam in der dritten Liga wieder aufwärts.
Platzhirsch im Osten war viele Jahre lang allerdings Dynamo Dresden. Der Klub im Osten, der immer noch die meisten Fans hat, obwohl die große Zeit lange her ist und Dynamo in der Bundesliga schon seit 1995 nicht mehr spielt. Der Klub hofft derzeit auf den Wiederaufstieg in die zweite Liga - und fordert im DFB-Pokal Borussia Dortmund heraus.
Dynamo - das stand und steht allerdings auch für die Fan-Problematik im Osten. Durch die Randale der Dynamo-Anhänger hat der Verein nicht nur viel Geld, sondern auch viel Kredit eingebüßt.
Wer sich an die ruhmreichen Dynamo-Zeiten erinnert, kommt am FC Bayern nicht vorbei. Legendäre Europapokalspiele waren das damals in den Siebzigerjahren, und wieder begegnet uns Eduard Geyer, hier als Gegenspieler von Uli Hoeneß.
Niedergang: Hansa Rostock weiß, was das ist. Das Team von der Ostsee verbrachte immerhin zwölf Jahre in der ersten Liga, bis es 2008 endgültig abwärts ging. Es ging runter bis in die dritte Liga, aber auch dort steht Hansa schon wieder auf der Kippe.
Was bleiben wird: Die Frisuren, die Hansa der Bundesliga geschenkt hat. Mike Werner ist seitdem eine Stil-Ikone des deutschen Fußballs.
In Hessen gab es nicht nur Eintracht Frankfurt, nein, auch die Offenbacher Kickers ließen zeitweilig am Bieberer Berg die Liga beben. Ein gefürchtetes Stadion für Auswärtsteams. Hier erlebt Borussia Mönchengladbach 1983 die Heimstärke der Kickers mit ihrem Mittelfeld-Genius Uwe Bein.
Bein ging später weg, ein Abgang, von dem die Kickers sich nicht mehr erholt haben: 1984 ging es in die zweite Liga, mittlerweile sind die Kickers in der Regionalliga Südwest angekommen. Und hoffen im Pokal auf den großen Coup - denn wieder kommt Mönchengladbach in der nächsten Runde an den Bieberer Berg.
Tief im Westen, dort verstaubt nicht nur die Sonne. Auch zahlreiche ehemalige Erstligisten haben dort ihren Absturz hinter sich. Der MSV Duisburg zum Beispiel, über viele Jahre ein unumstrittenes Mitglied der Liga. Teilweise gar ein Spitzenteam mit Spielern wie Bernard Dietz oder Ronnie Worm. Als Ailton für die Zebras auflief, befand sich der Verein schon im Strudel nach unten.
28 Jahre durfte der MSV jubeln, dann war 2008 endgültig Schluss mit der Erstklassigkeit. In der dritten Liga hofft der MSV auf den Wiederaufstieg.
So geht es auch Arminia Bielefeld. Die Ostwestfalen bereicherten immer mal wieder die Bundesliga. Sieben Mal schaute Arminia ganz oben vorbei. Das Spiel bei Werder Bremen von 1981 wird nicht nur Ewald Lienen nie vergessen. Seine spektakuläre Verletzung nach dem Foul von Norbert Siegmann ist Bundesliga-Geschichte.
Arminias größte Zeit hatte man mit Jahrhunderttrainer Ernst Middendorp. Er steht für Aufbruch und Hybris zugleich.
2009 war das bislang letzte Bundesligajahr für die Ostwestfalen. Mit einem 0:6 in Dortmund verabschiedete man sich zumindest standesgemäß.
Der nächste Westklub, der seine guten Tage erst einmal hinter sich hat: Alemannia Aachen hielt sich vier Jahre in der ersten Liga, drei Jahre davon in den Sechzigern, dann noch einmal in der Saison 2006/2007. Jan Schlaudraff stieg hier zum Nationalspieler auf und seilte sich dann rasch Richtung Bayern München ab.
In der Schlussphase der Saison wollte Trainer Michael Frontzeck wohl am liebsten gar nicht hinschauen. Alemannia verschenkte den Klassenerhalt in den letzten Spielen und ist heute Viertligist.
Die SG Wattenscheid 09 lebte von 1990 bis 1994 ihren Bundesligatraum, am Leben gehalten auch von Mäzen Klaus Steilmann und den Toren der Stürmer Marek Lesniak und Souleymane Sané. All das reichte 1994 nicht mehr, die SG stürzte bis in die Regionalliga.
Dort begegnet sie dem KFC Uerdingen, einst als Bayer Uerdingen in der Bundesliga. Ein Team mit den Brüdern Friedhelm und Wolfgang Funkel, das nicht nur die Bundesliga rockte, sondern auch Europa. Man frage mal bei Dynamo Dresden nach. Nach immerhin 14 Bundesligajahren war das Kapitel 1996 beendet.
Damals schon konnte man bei Rot-Weiß Essen nur neidisch Richtung Uerdingen blicken. RWE hat sich schon 1977 aus der Erstklassigkeit verabschiedet. Bis auf Pokalhöhepunkte wie hier 2006 beim Erfolg über Cottbus gab es danach im Georg-Melches-Stadion wenig zu feiern.
Dabei hat der RWE so viele große Spieler hervorgebracht: Horst Hrubesch, Frank Mill schossen hier ihre Tore und natürlich der Boss, Helmut Rahn.
Unweit von Essen hat ein anderer Rot-Weiß-Klub mit dem Thema Bundesliga längst abgeschlossen. Rot-Weiß Oberhausen gehörte vier Jahre bis 1973 zur Fußball-Elite. Heute ist die vierte Liga der Alltag.
Über die vierte Liga wäre der Wuppertaler SV heilfroh. Der WSV ist fünftklassig, die Zeiten der Pröppers sind lange vorbei. Im Zoostadion wurde von 1972 bis 1975 Bundesligafußball gespielt. 2008 gab es noch mal ein Highlight, als der FC Bayern im Pokal vorbeischaute.
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