TV-Rechte für die Bundesliga Das Milliardenspiel

Die neue Ausschreibung der TV-Rechte für die Bundesliga läuft. Für die DFL war das bisher ein Riesengeschäft - ohne jedes Risiko und mit traumhaften Wachstumsraten. Durch Corona kann sich das ändern.
Wer darf seine Kameras künftig auf die Bundesliga richten?

Wer darf seine Kameras künftig auf die Bundesliga richten?

Foto: Christian Charisius/DPA

Wer hat bisher die Austragungsrechte?

Die Liverechte für die Fußball-Bundesliga liegen derzeit vor allem beim Bezahlsender Sky, der alle Samstags- und sehr viele Sonntagsspiele exklusiv und live ausstrahlt. Die Partien am Freitag und Montag sowie einzelne Sonntagspartien werden bei DAZN gezeigt - DAZN hatte dazu eine Sublizenz von Eurosport erworben. Die ARD-Sportschau und das ZDF-Sportstudio zeigen Zusammenfassungen der Partien.

In den Verhandlungen im Gefolge der Corona-Pause war zuletzt auch der US-Konzern Amazon ins Livegeschäft eingestiegen. Er profitierte davon, dass die Situation eines Rechtepakets, das derzeit bei Eurosport/DAZN liegt, über Wochen unklar war. Der Eurosport-Mutterkonzern Discovery war angesichts der mehrwöchigen Spielunterbrechung der Liga nicht bereit, sich an der Auszahlung der letzten Tranche der TV-Einnahmen zu beteiligen und pocht auf ein Sonderkündigungsrecht.

Um welche Rechtepakete geht es?

Vom heutigen Montag bis zum 19. Juni läuft die Ausschreibungsfrist für die TV-Rechte an den Spielzeiten 2021/2022 bis 2024/2025. Verkündet wird das Ergebnis am 22. Juni. DFL-intern wurde über eine Veränderung des Vergabezeitraums diskutiert. Denkbar war eine Reduktion auf zwei Jahre. Davon hat der Dachverband aber Abstand genommen. Es bleibt bei den vier Jahren.

Das größte Kuchenstück, das die DFL zu vergeben hat, bilden vier Livepakete: die Samstagskonferenz, die Samstagsspiele um 15.30 Uhr, das Topspiel am Samstagabend sowie die Partien am Freitag und Sonntag. Kleinere Kuchenstücke bilden Zweitverwertungsrechte (zum Beispiel Zusammenfassungen).

Das Montagsspiel wird es künftig nicht mehr geben, dafür ändern sich die Anstoßzeiten an anderen Tagen. Statt der bisherigen Sonntagsspiele um 13.30 Uhr werden demnächst zehn Partien am Sonntag um 19.30 Uhr angepfiffen. Das bisherige Sonntagsspiel, das um 18 Uhr startete, wird um eine halbe Stunde vorverlegt. In der zweiten Liga wandert das bisherige Montagabendspiel auf den Samstagabend.

Wer bietet mit?

Bei den vier großen Rechtepaketen ist das vor allem Sky. Der Pay-TV-Sender setzt voll auf die Karte Bundesliga, auch, weil er die Champions League verloren hat. In der Coronakrise ist Sky der DFL weit entgegengekommen, als man TV-Geld vorzeitig an die Vereine ausgezahlt hat - und das zu einem Zeitpunkt, als die Fortsetzung der Liga noch unsicher war. Sky hat dies sicherlich nicht aus Selbstlosigkeit getan, sondern in der Hoffnung, dass sich die DFL bei der neuen Rechtevergabe entsprechend erkenntlich zeigt. Allerdings: Kartellrechtlich gilt eine 20-Prozent-Regel, wonach die DFL ein Angebot akzeptieren muss, wenn es ab 20 Prozent über dem des Mitbewerbers liegt. Und die Klubs werden in der aktuell wirtschaftlich angespannten Lage keine großen Geschenke verteilen.

Als schärfster Konkurrent für Sky wird allgemein Amazon gehandelt. Der US-Gigant nutzt die Saisonschlussphase für einen Probelauf, in die Champions League hat er sich bereits eingekauft. Bei der DFL selbst sind die Erwartungen an ein Amazon-Gebot noch verhalten.

Dass der Streamingdienst DAZN, der bereits jetzt über Rechte verfügt, weiter an der Bundesliga interessiert ist, gilt als gesichert. Dazu kommt als möglicher vierter großer Bieter die Telekom, die sich schon bei vergangenen Ausschreibungen ins Rennen eingeschaltet hatte. Möglich aber, dass sie eher auf kleinere Rechtepakete abzielt.

Da gesetzliche Vorgaben existieren, die das Zeigen von Bundesligafußball in einem gewissen Rahmen im Free-TV vorschreiben, dürften auch ARD und ZDF zu den Mitbietern gehören, um auch künftig Zusammenfassungen zu gewährleisten. Ihnen könnte mit RTL ein Konkurrent erwachsen.

Was will Amazon wirklich?

Der US-Versandriese gehört zu den Gewinnern der Coronakrise und kann auch angesichts seines massiv gestiegenen Umsatzes relativ problemlos in den Bieterwettbewerb einsteigen. Offiziell ist von dem Unternehmen wenig zu hören, was die Ambitionen in Sachen Bundesliga angeht. Aber allgemein wird davon ausgegangen, dass Amazon mit dem Einstieg in die Fußballübertragungen vor allem am Sammeln neuer Daten interessiert ist. Damit sei, so vermutet zum Beispiel der Sportmarketing-Experte Karsten Petry, gezielte Werbung ausspielbar, und das würde letztlich wieder dem Versandhandel Amazons neue Impulse geben: die Bundesliga als Treiber für das eigentliche Kerngeschäft.

Ist eine weitere Gewinnexplosion zu erwarten?

Durch die zurückliegende Ausschreibung ist den 36 Klubs, die sich in der DFL organisieren, eine Ausschüttung von gut 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro pro Saison zugesichert worden. Ausdruck dessen, dass es bisher bei den TV-Rechten nur rapide bergauf ging - vor vier Jahren schossen die Einnahmen im Vergleich zur vorherigen Ausschreibung um 80 Prozent nach oben.

Schon vor der Coronakrise ging die DFL davon aus, dass es diesmal ein deutlich geringeres Wachstum geben würde. Durch die Pandemie ist die Situation komplizierter geworden. Zu hören ist, dass die DFL davon ausgeht, dass es einen "Corona-Effekt" bei dieser Ausschreibung geben wird. Noch sei aber unklar, wie stark er ausfallen wird.

Der Rechteverkauf ist zur Wundertüte geworden. Zwischen einem leichten Wachstum und einem Preisverfall ist derzeit alles denkbar.

Wo steht die Bundesliga international?

Die Summen in der Bundesliga sind im Lauf der Zeit horrende geworden, dennoch wird in einer anderen großen Liga noch deutlich mehr gezahlt: Die Rechte für die Premier League gingen zuletzt für fünf Milliarden Euro für drei Spielzeiten über den Tisch, dabei übertragen die beiden Hauptsender Sky und BT Sport längst nicht alle Ligapartien live.

Auch in Frankreich hat der neueste TV-Vertrag mit den Anbietern Mediapro und dem katarischen Medienriesen BelN Sports die Milliardengrenze pro Saison überschritten, wie in Spanien (Telefónica und Mediapro) werden den Vereinen etwa 1,1 Milliarden Euro pro Spielzeit ausgezahlt. In der italienischen Serie A lag die Ausschüttung durch Sky Italia und die DAZN-Mutter Perform zuletzt knapp unter der Milliardengrenze.

Was macht die DFL mit dem ganzen Geld?

Mit der Ausschreibung stellt sich für die DFL eine weitere Frage, die durch die Coronakrise öffentlicher diskutiert wird: Die kleineren Vereine pochen auf eine gerechtere Verteilung der TV-Einnahmen, von denen bislang die Topklubs am meisten profitieren. Die Vereine, die sportlich am besten abschneiden, erhalten nach dem Verteilungsschlüssel der DFL das mit Abstand meiste Geld. Diese Debatte wird seit Corona nicht mehr nur intern geführt, das Rumoren war zuletzt deutlicher vernehmbar. Der Umgang mit der Verteilung wird auch ein Beleg dafür sein, wie ernst es die DFL mit ihrer Solidaritätsrhetorik der vergangenen Monate wirklich meint.

Wenige Wochen nach der Rechtevergabe ist die Gründung der Task Force "Zukunft Profifußball" geplant, die notwendige Reformen anschieben soll.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten