TV-Vermarktung im Fußball Jetzt geht der Kampf erst richtig los

4,4 Milliarden Euro nehmen die deutschen Erst- und Zweitligaklubs in den kommenden vier Jahren durch die deutschsprachige Vermarktung ein
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Der deutsche Profi-Fußball hat an Wert verloren. Deutlich weniger zwar, als in der Coronakrise befürchtet. Aber im internationalen Vergleich sind andere europäische Topligen in Zukunft zunächst besser ausgestattet.
Zu diesem Schluss kann man beim Blick auf die Ergebnisse der TV-Rechte-Auktion für die Spielzeiten 2021/2022 bis 2024/2025 kommen, welche die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Montagnachmittag präsentiert hat. Insgesamt 4,4 Milliarden Euro kassieren die 36 Erst- und Zweitligaklubs in den kommenden vier Jahren von den Rechteinhabern im deutschsprachigen Lizenzgebiet. Erstmals gehören auch Österreich, die Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein und Südtirol dazu. Durchschnittlich 1,1 Milliarden Euro gehen pro Spielzeit an die Klubs (progressiv gestaffelt über vier Jahre).
Fünf Prozent weniger Einnahmen als im vorigen Rechtezeitraum
2016 konnte die Bundesliga noch einen gewaltigen Zuwachs um rund 83 Prozent von 2,5 auf 4,64 Milliarden Euro feiern. Die Klubs kassieren bis 2021 noch durchschnittlich 1,16 Milliarden Euro. Von einem Bundesliga-Boom war damals die Rede.
Jetzt ist die Entwicklung rückläufig. Der Boom hat vorerst ein Ende.
Die DFL trieb rund fünf Prozent weniger ein als noch vor vier Jahren. Von einem "kleinen Rücksetzer" sprach DFL-Chef Christian Seifert bei der Pressekonferenz nach der erstmals seit März wieder mit Anwesenheit stattfindenden DFL-Mitgliederversammlung am Montag. Seifert zeigte sich dennoch zufrieden:
DFL-Geschäftsführer Christian Seifert
Erst zum dritten Mal in der Geschichte der Rechtevergabe der Bundesliga wurde weniger eingenommen als im vorangegangenen Zyklus. 2002 litt die Liga unter der Kirch-Insolvenz. Die Saisoneinnahmen fielen von 355 auf 278 Millionen Euro. Weniger drastisch war der Einbruch nach der Finanzmarktkrise 2009, als ein Rückgang von 407 auf 390 Millionen Euro verbucht werden musste.
Auch diesmal haben äußere Faktoren eine Rolle gespielt. Die Ausschreibung der Medienrechte kam für die DFL zu einem schlechten Zeitpunkt. Eigentlich sollte die Auktion bereits im Mai beendet werden, wurde dann aber aufgrund der Coronakrise in den Juni verschoben. Die Folgen der Pandemie sollen nun deutlich beim Bieterverfahren bemerkbar gewesen sein, heißt es aus der Branche.
Eingeschränkter Wettbewerb
Es gab weniger Wettbewerb, als sich das die DFL erhofft hatte. Der US-Versandriese Amazon steigerte in der Krise seine Umsätze und investierte im großen Stil - die Bundesliga-Rechtevergabe aber ließ er an sich vorbeiziehen und bot nicht bei den großen Live-Rechte-Paketen mit - ebenso die Telekom. So blieben nur noch Sky und DAZN.
Für den normalen Zuschauer kann das von Vorteil sein. So braucht man künftig keine drei oder vier Pay-TV-Abos, um alle Livespiele sehen zu können (es bleibt bei zwei). Vor einem solchen Szenario hatten sie auch in der DFL Angst, denn das hätte eine neuerliche Diskussion über die Zerstückelung entfacht.
Diese großen Rechtepakete für Bundesliga-Livespiele hat die DFL verkauft:
Pay-TV:
Samstagskonferenz 15.30 Uhr plus Konferenzen in "Englischen Wochen" (insgesamt 166 Spiele): Sky
Samstagseinzelspiele 15.30 Uhr plus Einzelspiele in den "Englischen Wochen" plus Relegationsspiele (170 Spiele): Sky
Topspiel am Samstag 18.30 Uhr plus Supercup (33 Spiele): Sky
Freitags- und Sonntagsspiele (106 Spiele): DAZN
Montagsspiele gibt es zukünftig nicht mehr. Dafür wird es zehn Mal in der Saison drei statt zwei Partien am Sonntag geben - übertragen vom Streamingdienst DAZN, der bisher nur Highlights der Bundesliga zeigt.
Neu ist auch, dass nicht mehr der 33. und 34. Spieltag zeitgleich gespielt werden, sondern nur noch der 34. Die Zerstückelung war bei der Vermarktung hilfreich. Auch erhalten die Live-Rechteinhaber nun "umfangreicher Marketingleistungen" der Klubs.
ProSieben/Sat1 kehrt nach 17 Jahren zurück
Im Free-TV-Bereich ist die große Überraschung dieser Rechtevergabe die Rückkehr von Sat1 in die Bundesliga-Berichterstattung nach 17 Jahren. Die Sendergruppe ProSieben/Sat1 erwarb insgesamt neun Livespiele - am 1., 17. und 18. Spieltag (bisher liefen die Partien beim ZDF) sowie das Auftaktspiel der Zweiten Liga, den Supercup und die vier Relegationspartien. "Dass ProSieben/Sat1 zurückkehrt, freut mich auch aus nostalgischen Gründen", sagte Seifert. Sat1 hatte vor allem in den Neunzigerjahren mit seinen Spielzusammenfassungen in den Sendungen "Ran" und "Ranissimo" die Bundesliga-Berichterstattung mitgeprägt.
Die ARD-Sportschau und das "Aktuelle Sportstudio" des ZDF zeigen weiter Zusammenfassungen im Free-TV. Die Zweite Liga wird komplett von Sky übertragen. Die neu eingeführten Partien am Samstagabend (20.30 Uhr) laufen zudem parallel bei Sport1.

DFL-Geschäftsführer Christian Seifert
Foto: ARNE DEDERT/ AFP"Jetzt haben die Klubs Planungssicherheit bis 2025", sagte Seifert und verwies darauf, dass sich das Fußballgeschäft unter dem Eindruck der Pandemie wandeln wird. "Die finanziellen Rahmenbedingungen werden sich nach unten regulieren", so der DFL-Chef. Da sei das nun erzielte Ergebnis "immer noch sehr sehr viel Geld".
Und dann sagte Seifert einen Satz, dessen Wahrheitsgehalt sich noch erweisen muss: "Das Ergebnis wird auch im Vergleich zu den anderen Topligen Europas, die in den nächsten zwei Jahren neu ihre TV-Rechte vergeben, mehr als sehen lassen können."
Zunächst aber verliert der deutsche Profi-Fußball im internationalen Vergleich etwas an Boden:
Die französische Ligue 1 hat kürzlich einen Großdeal abgeschlossen. Die Klubs um Paris Saint-Germain kassieren ab der neuen Saison 2020/2021 durchschnittlich 1,15 Milliarden Euro pro Spielzeit. Bisher waren es verhältnismäßig wenig: 762 Millionen Euro pro Spielzeit bis 2020. Nun verbucht die Ligue 1 einen Zuwachs von rund 60 Prozent.
La Liga hat 2019 ebenfalls einen größeren Anstieg erreicht. Die spanischen Klubs kassieren seit der Spielzeit 2019/2020 1,14 Milliarden Euro pro Saison: eine Steigerung von etwa 15 Prozent.
In Italien kassieren die Serie-A-Klubs bis zum Ende der Saison 2020/2021 mindestens 973 Millionen Euro pro Saison, was einen kleinen Anstieg von rund drei Prozent im Vergleich zur vorigen Ausschreibung bedeutet.
In der englischen Premier League, dem TV-Geld-König, war die Entwicklung dagegen rückläufig. Hatte die Liga zwischen 2016 und 2019 noch 2,3 Milliarden Euro pro Saison kassiert, sind es seit 2019 bis 2022 "nur" noch 1,7 Milliarden. Die Premier League ist immer noch die Liga mit den höchsten TV-Einnahmen.
Alle vier Konkurrenzligen haben ihre Ergebnisse allerdings nicht in der Coronakrise erzielt. Wie viel der neuerliche Abschluss für die deutschen Klubs wert ist, wird sich daher erst in ein, zwei Jahren zeigen, wenn andere Ligen neu vermarktet werden.
Der FC Bayern kassiert fast dreimal so viel TV-Geld wie Paderborn
Interessant wird bald schon die zukünftige Verteilung der Fernsehgelder an die 36 Klubs werden. Bisher kassiert der TV-Geld-Tabellenführer FC Bayern (68 Millionen Euro pro Saison) fast dreimal so viel wie der SC Paderborn auf Rang 18 (26 Millionen). Und der Abstand ist in den vergangenen Jahren sogar größer geworden: 2012 erhielten die Münchner (25,22) nur doppelt so viel wie Aufsteiger Fürth (12,6). Dazu kommen für die Bayern noch die Erlöse aus dem internationalen Wettbewerb.
Eine Umverteilung gilt manchen in der Liga als Hebel, um die Langeweile mit acht Meistertiteln in Serie der Bayern zu durchbrechen. "Das wird sicherlich in den nächsten Wochen sehr sehr intensiv zur Debatte stehen. Die Klubs müssen bis Ende des Jahres wissen, mit welchen Geldern sie planen können für die Lizenzierungsverfahren", sagte Seifert. Die Entscheidung darüber fällen die 36 Klubs in ihrer Mitgliederversammlung. Vor allem die Zweitliga-Vertreter sollen für eine Umverteilung sein.
Der Kampf um die TV-Gelder hat jetzt eigentlich erst so richtig begonnen.