Umfrage zu parteiischen Unparteiischen FC Bayern reagiert mit Humor auf Kempter-Mail

Schiedsrichter Michael Kempter soll auf eine Niederlage des FC Bayern gehofft haben - so zitiert es zumindest Manfred Amerell aus einer E-Mail. SPIEGEL ONLINE hat bei den Clubs nachgefragt: Die meisten vertrauen weiter auf das DFB-System, auch die Bayern blieben gelassen.
Von Peter Ahrens und Frieder Schilling
Bundesliga-Schiedsrichter Kempter (Archiv): Gesprächsbedarf beim DFB

Bundesliga-Schiedsrichter Kempter (Archiv): Gesprächsbedarf beim DFB

Foto: Franz-Peter Tschauner/ dpa

"Gleich spielen die Bayern. Hoffentlich fliegen sie raus. Dann können wir darauf anstoßen."

Ein Bruchstück aus einer angeblichen E-Mail von Michael Kempter, zitiert von DFB-Schiedsrichterfunktionär Manfred Amerell. Drei kurze Sätze, mehr nicht. Doch sie haben die Bundesliga aufgeschreckt. Es wird kaum eine Fankurve geben, in der am kommenden Wochenende nicht über diese Aussage diskutiert wird, kaum ein Gespräch in der Schlange am Bierstand wird ohne dieses Thema auskommen. Eine Frage drängt sich Fans und Verantwortlichen auf: Könnte mein Verein durch parteiische Unparteiische Schaden nehmen? SPIEGEL ONLINE hat nachgefragt.

Bundesligist Hannover 96 ist zwar nicht direkt betroffen von der Affäre, äußert seine Zweifel aber deutlich: "Wenn da statt Bayern München Hannover 96 erwähnt worden wäre, wüsste ich nicht, ob solch ein Schiedsrichter noch ruhigen Gewissens ein 96-Spiel pfeifen könnte", sagte Sprecher Andreas Kuhnt. Jedem Schiedsrichter sei zwar auch "eine private Sicht der Dinge" zuzubilligen, doch "lassen sich daraus schon gewisse Vorurteile gegen einen Club ableiten", so Kuhnt. Von daher sei die Kempter-Aussage "sicher sehr fragwürdig".

Der im Mittelpunkt stehende FC Bayern München hat den Ball weitergespielt. Ihm liege die "Fotokopie einer E-Mail von Bundesliga-Schiedsrichter Michael Kempter vor". Die darin gemachten Aussagen würden "nun vom DFB geprüft", der Club habe vollstes Vertrauen in den Verband. Mehr sagt der Tabellenführer dazu vorerst nicht. Der von Bayern München so in die Pflicht genommene DFB wollte sich zu seiner genauen Vorgehensweise in dieser Untersuchung nicht äußern. Sprecher Ralf Köttker aber sagt, dass man als erstes Michael Kempter zu einer Unterredung einladen wird: "Das ist der nächste Schritt, den wir gehen werden."

Bayern: "Nicht wegen Kempter nicht Deutscher Meister geworden"

Beim VfL Bochum ist man sich "sicher, dass es eine Ausnahme ist". Nichtsdestotrotz stellt Sprecher Christian Schönhals klar: "Es bedarf in diesem Falle einer Überprüfung." Befragt zu eigenen Erfahrungen mit Schiedsrichter-Ansetzungen berichtet er: "Sicherlich ist es so, dass man, wenn man das Gefühl hat, ein Schiedsrichter hat ein, zwei Mal eher unglücklich für den eigenen Verein gepfiffen, Rücksprache hält. Sowohl mit dem betroffenen Unparteiischen als auch dem DFB." Auf konkrete Ansetzungen aber habe der Verein nie eingewirkt und wolle auch in Zukunft generell nicht tun. Man sei "mit der hohen Qualität der Schiedsrichter zufrieden".

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Schiedsrichter-Skandal: Die Akteure um Amerell und Kempter

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Zurückhaltend äußert man sich auch bei Ligakonkurrent Borussia Mönchengladbach. "Eine solche private Aussage würde ein Schiedsrichter öffentlich sicher nie tun", ist Borussia-Sprecher Markus Aretz überzeugt. Andererseits sei es durchaus "legitim, wenn Schiedsrichter auch ihre Lieblingsvereine haben und sich zu einem Verein bekennen". Schließlich seien "Referees auch Fußballfans, sonst würden sie dieses Amt sicher nicht ausüben". Der DFB trage ja bereits Sorge, dass solche Vorlieben bei den Ansetzungen berücksichtigt würden. "Ich hätte aber auch kein Problem damit, einen Münchner Schiedsrichter ein Bayern-Spiel pfeifen zu lassen" - so lange die professionelle Unparteilichkeit nicht berührt sei, so Aretz.

Ähnlich sieht man das beim Hamburger SV. Sympathien und Antipathien hätten bei der Ausübung des Amtes keine Rolle zu spielen, sagt Sprecher Konstantin Krüger und verweist ansonsten auf die Zuständigkeit des DFB für Schiedsrichter-Ansetzungen. Was auch die Deutsche-Fußball-Liga tut, die jede offizielle Stellungnahme vermeidet, aber eine Aussprache bei der Präsidiumssitzung des DFB am kommenden Freitag ankündigt.

In München hat man sich unterdessen trotz des "Vorgangs Kempter", wie der Verein es in seiner Mitteilung bezeichnet, den Humor bewahrt. Ob man nun in der Vergangenheit von Kempter geleitete Spiele des Clubs nachträglich untersuche? "Nein", sagte Sprecher Markus Hörwick: "Wir sind nicht wegen Herrn Kempter letztes Jahr nicht Deutscher Meister geworden."

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