Verstorbener Enke Zwanziger will Benefizspiel, Balitsch wusste von Krankheit

DFB-Präsident Zwanziger: Spiel im kommenden Jahr
Foto: ddpHamburg - Theo Zwanziger will nach dem Freitod von Nationaltorwart Robert Enke auch einen finanziellen Beitrag zur Enttabuisierung im öffentlichen Umgang mit dem Thema Depressionen leisten. So denkt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nach Angaben seines Präsidenten über ein Spiel im kommenden Jahr nach. "Wenn das gelingt, werden wir mit dem Geld dazu beitragen, einen ganz klaren Schwerpunkt beim Thema Depression zu setzen", sagte er der "FAZ". "Wenn der sinnlose Tod von Robert Enke einen kleinen Funken Sinn haben soll, dann müssen wir jetzt versuchen, zu verhindern, dass zu viele Menschen in ähnlichen Lagen zurückbleiben."
Zwanziger erklärte weiter: "Wir müssen klare Zeichen setzen. Wir können dabei helfen, ein gesellschaftliches Klima zu verändern, damit eine Tabuisierung der Depression, aber auch der Homosexualität, unmöglich gemacht wird." Der 64-Jährige hatte schon bei der Trauerfeier im Stadion von Hannover am Sonntag an die Menschlichkeit im Profigeschäft appelliert und einen Blick über den Sport hinaus gefordert.
"Umso wichtiger ist es, dass wir als DFB im Kampf gegen falsches und altes Denken verstärkt in die Öffentlichkeit gehen, indem wir Projekte starten und teilnehmen an verstärkter wissenschaftlicher Forschung, etwa im Bereich der Depression", sagte Zwanziger. Der DFB-Präsident sprach von einem "gesamtgesellschaftlichen Kraftakt".
"Wir haben das Maß verloren"
Erneut kritisierte Zwanziger den überhöhten Leistungsanspruch im Spitzenfußball: "Und wer Menschen zu Helden ohne Schwächen erheben will, macht sie damit zu Göttern. Aber das geht nicht", so Zwanziger und erklärte: "Wir haben das Maß verloren." Er sei sehr für Leistungsförderung, man benötige Leistung und auch Vorbilder. "Wir müssen zu einer anderen Haltung kommen: Wenn du gut bist, strenge dich an, du kannst besser werden. Aber treibe dich nicht in Höhen, die nicht realistisch sind."
Das Bundesliga-Spiel von Hannover 96 beim FC Schalke 04 wird wie geplant an diesem Samstag (15.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) stattfinden. Nach dem Tod von Torwart Robert Enke brauche die Mannschaft einen "Zielpunkt", hatte 96-Sportdirektor Jörg Schmadtke am Montag im ZDF-Morgenmagazin gesagt. Nach dem Selbstmord Enkes am vergangenen Dienstag hatte der Verein zunächst eine Verlegung der Bundesliga-Partie nicht ausgeschlossen. An diesem Montag nahmen die Profis von Hannover 96 wieder das Teamtraining auf.
"Es gab Leute im Team, die von Roberts Problemen wussten"
Unterdessen berichtete Mittelfeldspieler Hanno Balitsch, dass er von den Depressionen Enkes gewusst habe. "Es gab Leute im Team, die von Roberts Problemen wussten, das waren ich und unsere beiden Physiotherapeuten. Wir haben versucht, ihm eine Stütze zu sein, ohne sein Vertrauen zu missbrauchen." Für die anderen im Team sei das nicht zu erkennen gewesen. "Robert war nicht alleine im Team, aber zuletzt hat er sich immer mehr zurückgezogen", so Balitsch.
Nach der mysteriösen Bakterieninfektion im September, durch die Enke zwei Länderspiele verpasste, seien die Depressionen wiedergekommen. "Davor die Jahre war er frei von Schüben", sagte Balitsch. Enke sei eine herausragende Persönlichkeit gewesen. Nicht nur wegen seiner sportlichen Leistungen, sondern auch, weil er junge Spieler unterstützte und sich für viele soziale Projekte einsetze, so Balitsch.
"Ich bin da sehr skeptisch"
Dass nach dem Tod von Enke ein Umdenken bei Tabuthemen wie Depression oder Homosexualität einsetzt, schließt Balitsch aus. "Ich bin da sehr skeptisch. Es geht im Geschäft Bundesliga und auch in anderen Bereichen des Lebens und der Wirtschaft darum, Leistung abzurufen. Da gesteht man wenig Fehler ein. Ich sehe da keinen Ausweg", sagte Balitsch.

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