Wolfsburg-Sportchef Allofs Krise? Locker bleiben

VfL-Sportchef Allofs: Krise? Was ist eine Krise?
Foto: Guido Kirchner/ dpaFür einen Moment wurde Klaus Allofs vom Beobachter zum Teilnehmer. Im hell erleuchteten und weitgehend leeren Stadion der KAA Gent bestritten die Wolfsburger Profis die letzte Übungseinheit vor dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den belgischen Meister an diesem Mittwoch (20.45 Uhr ZDF, Liveticker SPIEGEL ONLINE).
Allofs stand an der Trainerbank, den Mantelkragen hochgeschlagen, dunkle Handschuhe gegen die Kälte, als der Ball auf ihn zurollte. Allofs stoppte ihn mit dem linken Fuß, hielt ihn für ein paar Sekunden, als würde er darauf warten, dass ein Gegenspieler angreift, und passte ihn mit der Innenseite zurück ins Feld. Dann lachte Allofs.
Die Szene beschreibt den Manager des VfL in der aktuellen Situation ganz gut. Allofs gibt sich Mühe, Lockerheit auszustrahlen in einer Zeit, in der der Klub gleich von zwei Krisen geplagt wird. Da ist zum einen die sportliche. Die Mannschaft ist in der Liga Tabellen-Achter, was viel zu wenig ist nach der Vizemeisterschaft und dem Pokalsieg in der Vorsaison. Mit einem mühevollen 2:0 über den FC Ingolstadt hat der VfL gerade eine Serie von sieben Spielen ohne Sieg beendet. Zum anderen schwebt die Krise bei Volkswagen über dem Klub und damit die Frage, ob die Wolfsburger plötzlich sparen müssen.

VfL-Coach Hecking: Zu wenig für die Ansprüche
Foto: Laurent Dubrule/ dpaWetterfest in Sachen Krisen-PR
Allofs ist ein geschickter Stratege, wetterfest auf dem Gebiet der Krisen-PR. Unaufgeregt spricht er über die komplizierte Gemengelage beim VfL und legt die Fakten so zurecht, dass sie den Eindruck vermitteln, es werde schon alles werden. "Der vierte Platz ist im Rahmen des Möglichen. Der Champions-League-Einzug bleibt unser Ziel", sagt er über die Ambitionen in der Liga und verweist darauf, dass der Rückstand auf die begehrten Ränge nur fünf Punkte beträgt. Allofs ist aber auch clever genug, die Königsklassen-Qualifikation nicht zur Pflicht zu erklären. So macht sich der Wolfsburger Sportchef schwerer angreifbar.
Die Krise bei VW moderiert er mit dem Hinweis darauf, dass der VfL sein Geld ohnehin nicht aus dem Fenster werfen dürfe, und dass unter seiner Führung schon immer die Maßgabe gewesen sei, sportlichen Erfolg und wirtschaftliche Solidität zusammenzubringen. Dass die Wolfsburger im Oktober die Planungen für ein millionenschweres Nachwuchszentrum gestoppt haben, will Allofs als Vernunftentscheidung verstanden wissen, nicht als erzwungene Sparmaßnahme.
"Volkswagen hat eine schwierige Zeit. Da sind wir genauso gefordert, die richtigen Signale zu setzen. Das heißt aber nicht, dass wir unsere Ambitionen zurückschrauben." Man kann das als angemessene Gelassenheit auffassen oder als Schönfärberei. In jedem Fall kommuniziert Allofs im besten Sinne seines Arbeitgebers.
"Wir haben schon mal geschnuppert"
Seit November 2012 amtiert Allofs in Wolfsburg. Dem ehemaligen Bremer Erfolgsmanager ist es gelungen, dem VfL einen seriöseren Anstrich zu verpassen. Er hat den unter Felix Magath überladenen Kader ausgedünnt und eine Mannschaft aufgebaut, die in der Vorsaison einen ersten Eindruck von Erfolg bekommen hat. "Wir haben schon mal geschnuppert, wie die Luft da oben ist. Etabliert haben wir uns noch nicht."

Offensivkräfte Draxler, Kruse, Bendtner: Erwartungen nicht erfüllt
Foto: Guido Kirchner/ dpaAußerdem haben die Wolfsburger in dieser Saison zum ersten Mal seit Jahren einen Transfer-Überschuss erwirtschaftet. Das liegt auch daran, dass es Allofs gelingt, bei Spielerverkäufen des Maximum herauszuhandeln. Kevin De Bruyne wechselte für die Rekordsumme von angeblich 75 Millionen Euro zu Manchester City, Abwehr-Back-up Timm Klose für kolportierte elf Millionen nach Norwich.
Allerdings haben sich längst nicht alle Personalentscheidungen bezahlt gemacht, die Allofs in der jüngeren Vergangenheit getroffen hat. Der vom FC Chelsea geholte André Schürrle wartet seit über einem Jahr auf seinen Durchbruch. Max Kruse und Julian Draxler neigen zur Lethargie. Und wenn der zu Saisonbeginn von der Bayern-Bank verpflichtete Innenverteidiger Dante am Ball ist, bricht bei vielen VfL-Fans der Angstschweiß aus.
Der Wolfsburger Angriff ist erstaunlich dünn besetzt für eine Mannschaft, die regelmäßig zu Gast im internationalen Wettbewerb sein möchte. Weil Bas Dost verletzt ist und Nicklas Bendtner mal wieder verbannt wurde, ist der VfL ohne einen gestandenen Mittelstürmer nach Gent gereist.
Allofs warnt davor, Bundesliga und Champions League gegeneinander aufzuwiegen. "Beide Wettbewerbe sind wichtig für uns. Der eine gilt nicht als Ausrede oder Ausgleich für den anderen." Doch mit einem möglichen Vorrücken ins Viertelfinale würden die Wolfsburger die triste Bilanz im nationalen Wettbewerb übertünchen. Allofs wäre dann weniger als Krisenmanager gefragt.