Völler-Rücktritt "Ich hätte gerne die WM 2006 gemacht"

So schnell hatte wohl kaum jemand mit Rudi Völlers Rücktritt gerechnet. Knapp zwölf Stunden nach der EM-Pleite in Portugal legte er sein Amt nieder - und verriet, dass er schon vor dem Turnier geplant hatte, nach einem Vorrunden-Aus abzutreten. Er habe nicht aus purem Egoismus bis 2006 Trainer der Nationalelf bleiben wollen.



Lissabon - Zwei Jahre vor der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland hat die deutsche Nationalmannschaft in Rudi Völler ihre Führungspersönlichkeit verloren. Der 44-Jährige hat am Donnerstag im portugiesischen Almancil bestätigt, dass er von seinem Amt als Teamchef zurückgetreten ist. Völler zog damit nur wenige Stunden nach der 1:2-Niederlage gegen Tschechien die Konsequenz aus dem Ausscheiden des DFB-Teams aus der Europameisterschaft.

Angst vor dem Rucksack

"Ich hatte das Gefühl, dass durch die WM im eigenen Land es nur jemand machen kann, der unbefleckt ist, der einen gewissen Kredit hat in diesen zwei Jahren, einen ähnlichen Kredit, wie ich ihn hatte vor vier Jahren, der ist wichtig", begründete Völler seinen Rücktritt. Durch das vorzeitige Ausscheiden in der Vorrunde der Euro schleppe er "einen Rucksack" mit sich herum, der die kommenden zwei Jahre bis zur WM erschwert hätte.

"Wir bedauern diese Entscheidung sehr, wir haben sie aber zu respektieren", sagte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, der berichtete, er habe in der vorangegangenen Nacht versucht Völler "noch umzustimmen". Mayer-Vorfelder erklärte, dass mit dem Rücktritt Völlers auch die Amtszeit von Bundestrainer Michael Skibbe enden werde. Skibbe werde aber weiter als Jugendkoordinator für den DFB tätig sein.

Völler sagte, es müsse jetzt "jemand vorne stehen, der aufweckt". Er selbst erfülle diese Voraussetzung nicht mehr. Noch unmittelbar nach dem Spiel gegen Tschechien hatte der Teamchef erklärt, seinen Vertrag mit dem DFB bis 2006 erfüllen zu wollen. Zugleich hatte er betont, er klebe nicht an seinem Stuhl. Unmittelbar nach dem Spiel habe er "schon im Hinterkopf gehabt, dass es nicht mehr weitergehen würde". Es sei "keine spontane Entscheidung gewesen, ich hatte mir das schon früher überlegt".

Hitzfeld, Daum oder Rehhagel mögliche Nachfolger?

Als Nachfolger Völlers wird der ehemalige Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld gehandelt. Auch Otto Rehhagel, derzeit erfolgreicher Trainer der griechischen Nationalmannschaft, und Christoph Daum, Trainer von Fenerbahce Istanbul, sind im Gespräch. "Ich werde keine Namen nennen und auch nicht zu Spekulationen Stellung nehmen", sagte Mayer-Vorfelder.

Sein Nachfolger finde ein intaktes Umfeld vor, sagte Völler: "Ich sehe es nicht so schwarz wie vor vier Jahren." Er hätte das Team gern bis 2006 geführt. Aber in dieser Situation gehe es einfach nicht. "Da ist der Egoismus der falsche Freund." Jetzt müsse ein Mann kommen, "der die Ruhe bewahrt, der weiß, ich mache das zwei Jahre und dann nach mir die Sintflut". Er werde eine "Auszeit nehmen", kündigte Völler an. "Wann und wie ich wieder tätig werde, ist offen."

Kein Debakel wie noch vor vier Jahren

Das Abschneiden in Portugal sei "nicht das Debakel wie vor vier Jahren. Was mir wehtut, wir haben nicht gegen die beste Mannschaft Tschechiens gespielt. Das ist einfach zu wenig". Die Mannschaft habe alles gegeben, doch es reichte eben nicht.

Völler hatte die Nationalmannschaft vor vier Jahren nach dem EM-Debakel des von Erich Ribbeck betreuten Teams bei der Europameisterschaft in Belgien und den Niederlanden übernommen. Seine Bilanz ist positiv: Das deutsche Team holte unter Völler 29 Siege, spielte elfmal Unentschieden und kassierte 13 Niederlagen. Seinen größten Erfolg feierte Völler vor zwei Jahren: Bei der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea wurde Deutschland Vizeweltmeister. Das Team unterlag im Finale Brasilien.

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