Neymar, Dembélé und Co. Die große Transfersummen-Analyse

Der 1. September ist in Fußballkreisen ein besonderes Datum: das Ende der Transferzeit in den meisten Ländern. Wer nun keinen guten Stürmer hat, der bekommt auch keinen mehr - zumindest bis zum Winter. Der Transfersommer war historisch, es wurden einige Rekorde aufgestellt, allein Neymar kostete Paris Saint-Germain 222 Millionen Euro. Christian Streich, Trainer des nicht ganz so reichen Bundesligisten SC Freiburg, sprach nach dem Wechsel des Brasilianers aus, was viele Fußballfans in den vergangenen Monaten gedacht haben dürften: "Es übersteigt meine Fähigkeit, das einzuordnen."
Schnell war ein Muster gefunden, Ablösesummen wurden wahlweise als "verrückt", "irrational" oder "wahnsinnig" bezeichnet. Dabei war eigentlich nur der nächste Schritt in einer Entwicklung zu beobachten, die schon länger anhält.
Wir wollen zeigen, dass die Mega-Transfers nicht so ungewöhnlich sind, wie sie vielleicht auf den ersten Blick anmuten. Seit 1995 haben die Vereine der fünf großen europäischen Ligen jedes Jahr durchschnittlich elf Prozent mehr Geld für Transfers aufgewendet als im Vorjahr - der Fußball hat also eine eigene Inflationsrate. Wendet man diese auf vergangene Transfers an, wäre nach heutigen Maßstäben Rio Ferdinand nach Neymar der zweitteuerste Spieler der Geschichte. Manchester United kaufte den Innenverteidiger im Jahr 2002 für 46 Millionen Euro, was auf dem aktuellen Markt etwa 200 Millionen entspräche.
Auch der teuerste Bundesligaeinkauf ist eine Überraschung und mit Jörg Heinrich hätte in diesen Listen vermutlich keiner gerechnet. Erkunden Sie unsere Tabellen mit den teuersten Transfers unter Berücksichtigung der Fußball-Inflation und nutzen sie das Eingabefeld rechts oben, um nach Spielern, Vereinen oder Jahren zu suchen.
Auch Durchschnittsspieler kosten jetzt vier bis fünf Millionen Euro
Dass die Inflation der Transferbeträge nicht nur die Superstars und Rekordtransfers betrifft, zeigt ein Blick auf die durchschnittliche Ablösesumme pro Transfer und Liga. Vor allem in den vergangenen fünf Jahren kennt der Trend in den fünf großen Ligen nur eine Richtung: steil nach oben. Besonders stark verteuert haben sich die Transfers in der englischen Premier League nach dem Abschluss des höher dotierten TV-Vertrags 2013. Für Transfers werden dort durchschnittlich rund 12,5 Millionen Euro bezahlt. Anschaulich zeigt sich das auch am Beispiel Kevin Wimmer. Der Verteidiger, der 2015 für sechs Millionen Euro vom 1.FC Köln zu Tottenham Hotspurs wechselte, ist diesen Sommer weiter gezogen zu Stoke City. Obwohl er bei Tottenham nie über die Rolle des Ergänzungsspielers hinaus kam, hat sich sein Wert mehr als verdreifacht. Er wechselte für 19,5 Millionen Euro.
Auch in der Bundesliga hat sich die Höhe der durchschnittlichen Transferzahlungen innerhalb kurzer Zeit verdoppelt. Für Talente, die auf ihren Durchbruch warten, wie Pascal Stenzel oder Robin Koch, zahlt selbst der SC Freiburg mittlerweile vier Millionen Euro.
Rekordsummen überraschen nicht, sie sind logische Folge
Auch wenn es so scheint, als hätte sich mit dem Rekordwechsel von Neymar auf einen Schlag das Preisgefüge für Transfers verschoben, so können die gezahlten Summen eigentlich nicht verwundern. Die Bundesliga-Erstligisten haben in der Saison 2015/2016 den zwölften Umsatzrekord in Folge aufgestellt. Ihre durchschnittliche Umsatzsteigerung pro Jahr beträgt 8,7 Prozent und liegt damit beinahe so hoch wie die Inflation der Transferbeträge. Gleichzeitig boomt die TV-Vermarktung national wie international, und die Superstars des Geschäfts sind längst globale Werbe-Ikonen.
Der allgemeine Anstieg der Transferpreise ist somit als beinahe zwangsweise Folge des allgemeinen wirtschaftlichen Booms des Profifußballs zu sehen. Gleichzeitig stehen die Bundesligavereine wirtschaftlich aktuell auf deutlich solideren Beinen als um die Jahrtausendwende, als unter anderem Borussia Dortmund haarscharf dem Bankrott entrann. Die damaligen Transfers von Rosicky, Amoroso und Evanilson finden sich nicht zufällig sehr weit oben bei den inflationsbereinigten Rekordtransfers.
So irreal die kursierenden Beträge auch wirken, es spricht alles dafür, dass Fußballfans sich an entsprechende Summen gewöhnen sollten. Bei der derzeitigen Entwicklung wird in nicht allzu ferner Zukunft auch der Neymar-Rekord gebrochen werden. Die Bundesliga-TV-Rechte wurden übrigens zur aktuellen Saison neu vergeben. Die Steigerung gegenüber der Vorsaison beträgt über 70 Prozent.