Karriereende von Wayne Rooney Ein Rüpel mit Herz

16 Jahre ist das her: Wayne Rooney, im Jahr 2005 für Manchester United aktiv
Foto: Jon Super / APManchmal nehmen laute Karrieren ein leises Ende. So wie bei Wayne Rooney. Der Rekordtorschütze der englischen Nationalmannschaft und von Manchester United, der stets auch für Skandale neben dem Platz gut war, machte das letzte Spiel seiner mehr als 18 Jahre langen Laufbahn am 25. November für den Zweitligisten Derby County. Bei einem 0:3 beim FC Middlesbrough. Zu diesem Zeitpunkt war Rooney 35 und schon Interimstrainer beim Klub aus den East Midlands.
Dass die Partie in Middlesbrough der letzte Auftritt des aktiven Fußballers Rooney war, das steht erst seit Freitag endgültig fest. Da erklärte Derby County, dass der Ex-Profi die Mannschaft künftig hauptamtlich betreut, als Cheftrainer, ausgestattet mit einem Vertrag über zweieinhalb Jahre. Um sich voll auf den neuen Job zu konzentrieren, habe sich Rooney entschieden, seine Spielerlaufbahn zu beenden, teilte der Verein fast beiläufig mit. Eine der schillerndsten Karrieren im englischen Fußball endete im Kleingedruckten.
Am Anfang dieser Karriere stand der Hype. Mit 16 Jahren debütierte der im Liverpooler Stadtteil Croxteth aufgewachsene Rooney in der Premier League für seinen Lieblingsverein, den FC Everton, und zwar zu pompöser Begleitmusik. Britische Medien, immer auf der Suche nach dem nächsten Heilsbringer, verglichen den milchgesichtigen Stürmer mit Pelé. Rooney wurde dem Trubel gerecht und führte die Toffees bei einem seiner ersten Auftritte mit einem herrlichen Fernschusstor zum Sieg gegen den damals fast unbezwingbaren FC Arsenal.

Bereit für neue Taten: Wayne Rooney im Jahr 2020
Foto: John Walton / imago images/PA ImagesNach zwei Spielzeiten für Everton wechselte Rooney zu Manchester United. Die rund 37 Millionen Euro, die der damalige Branchenführer des englischen Fußballs als Ablösesumme zahlte, waren Rekord für einen Teenager. Im Old Trafford wurde Rooney zum »kompletten United-Helden«, wie der »Guardian« später formulieren sollte. Unter Trainer Sir Alex Ferguson gewann er alles, was es zu gewinnen gab: fünfmal die englische Meisterschaft, den FA-Cup, 2008 die Champions League und die Klub-WM. Insgesamt 253 Tore schoss der Stürmer in seinen 13 Jahren für den Verein, mehr als jeder andere Fußballer, der jemals das Red-Devils-Trikot trug.
Rooney war stets ein Instinktfußballer, kein Trainingsweltmeister. Mit der Zeit wurde er schwerfälliger. Stets bewahrt hat er sich seine Unberechenbarkeit, das chaotische Element des Unzähmbaren, das Rüpelhafte. Nicht immer gereichte ihm das zum Vorteil. Das bezeugen seine umfassende Kartenstatistik und Zwischenfälle im Privatleben.
Viele Tore, aber kein Titel mit der Nationalauswahl
Nach dem Ende seiner Tätigkeit bei Manchester United und einer kurzen Rückkehr zu Everton spielte er anderthalb Jahre in den USA, bei DC United in Washington. In diese Zeit fällt eine Festnahme Rooneys wegen Alkohol in der Öffentlichkeit. Frau Coleen soll danach gedroht haben, ihn nur noch mit Überwachung vor die Tür zu lassen. Nicht umsonst lautet Rooneys Spitzname »Wazza«, an den von Paul »Gazza« Gascoigne angelehnt, dem Stereotypen des genialen englischen Fußballers mit wechselhaftem Lebenswandel.
Wie alle anderen englischen Profis seit 1966 auch, muss Rooney mit dem Makel leben, dass es ihm nicht gelang, die Nationalmannschaft zu einem Titel zu führen. Auch er war nicht der erhoffte Heilsbringer. Seine Karriere blieb unvollendet. Bei seinen vielen Turnierteilnahmen überzeugte Rooney nur bei einer, seiner Ersten, und das auch nur kurz – bei der EM 2004 gelangen ihm vier Tore in der Vorrunde. Im Viertelfinale gegen Portugal verletzte er sich, England schied im Elfmeterschießen aus.

Old Trafford: Von 2004 bis 2017 war das die fußballerische Heimat von Wayne Rooney
Foto: Peter Byrne / imago images/PA ImagesMit 53 Treffern ist Rooney bester Schütze seines Landes, doch in seiner Biografie steht nur ein einziges WM-Tor. Dieses gelang ihm 2014, konnte das Vorrunden-Aus aber nicht verhindern. Im Vorlauf auf die WM 2018, als offensichtlich wurde, dass Trainer Gareth Southgate auf junges Personal setzt, zog sich Rooney aus der Nationalmannschaft zurück – und England debattierte, welcher Platz in der nationalen Ruhmeshalle ihm eigentlich zusteht. Während die einen meinten, Rooney bekomme zu wenig Anerkennung, hielten ihn andere stets für überschätzt.
Was ihn immer ausgezeichnet hat, waren Hingabe, Leidenschaft und Verständnis für Fußball. Diese Eigenschaften könnten ihm auch in der Karriere nach der Karriere entgegenkommen. Neun Spiele hat Rooney als Interimstrainer von Derby County schon moderiert. Die Ausbeute ist ordentlich mit drei Siegen und vier Unentschieden, die Mannschaft hat den letzten Tabellenplatz verlassen. Ein Grund dafür ist die Rückkehr zu den Grundlagen. Rooney vertraut als Trainer einfachen Lösungen. Seine Ansprache ist direkt. Außerdem hat er ein Herz für Spieler aus dem Nachwuchs.
Er könnte davon profitieren, dass der Trend im englischen Fußball gerade grundsätzlich zum Trainer-Neuling mit illustrer Profibiografie geht. Manchester United vertraut dem 1999er Helden Ole Gunnar Solskjær, der FC Arsenal setzt auf seinen einstigen Kapitän Mikel Arteta, beim FC Chelsea führt Frank Lampard Regie. Dieser empfahl sich übrigens bei Derby County für den Posten an der Stamford Bridge. Von der zweiten Liga in die Premier League – diesen Weg dürfte auch Rooney anstreben.