
Fehlende Topstars: Verletzte, Aussortierte und Nicht-Qualifizierte
WM-Aus für Bayern-Star Mitleid mit Ribéry? Non!
Hamburg - Was war das für ein Jahr für Franck Ribéry! Der Franzose spielte eine überragende Saison, war in der Form seines Lebens. Mit dem FC Bayern gewann er das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League. Es folgten noch die Erfolge im Uefa-Supercup und bei der Fifa-Klub-WM. Dazu der persönliche Triumph, die Wahl zu Europas Fußballer des Jahres.
So wie 2013 der wahr gewordene Traum für Ribéry war, so ist 2014 der Albtraum. Alles begann damit, dass der sensible Franzose im Januar bei der Wahl zum Weltfußballer nur Dritter wurde. Ribéry war schwer gekränkt. Die Leistungen brachen ein, es folgten gesundheitliche Probleme. Und nun, eine gute Woche vor WM-Beginn, der Tiefschlag: Wegen seiner Rückenbeschwerden kann Ribéry nicht nach Brasilien reisen.
"Das ist ein schwieriger Moment für die Gruppe, ein trauriger Tag, aber wir müssen da durch", sagte Nationaltrainer Didier Deschamps, als er den Medien die Nachricht mit bedrücktem Gesicht mitteilte. "Mir bricht das Herz", sagte Ribéry selbst. In einem offiziellen Statement auf der Homepage des französischen Verbandes erklärte er, die Entscheidung sei aufgrund seiner anhaltenden Rückenschmerzen "unvermeidlich" gewesen. Er könne "weder normal trainieren noch spielen".
Kaum Mitleid mit Ribéry in der Heimat
Mit seiner Wortwahl hatte es Ribéry schon richtig getroffen, für die Mannschaft ist es traurig. Die "Bleus" verlieren ihren besten Scorer, Ribéry war an 11 der 18 französischen Tore in der WM-Qualifikation beteiligt. Eigentlich ist der Bayern-Star nicht zu ersetzen.
Fußball-Frankreich sieht das womöglich genauso, doch die Trauer über Ribérys WM-Aus hält sich trotzdem in Grenzen. Denn in seiner Heimat ist der 31-Jährige vor einigen Jahren in Ungnade gefallen - daran konnten auch seine überragenden Leistungen danach wenig ändern. Zu unglückselig waren die vorangegangenen Turniere für Ribéry:
- Bei der WM 2006 in Deutschland wurde Frankreich zwar Vize-Weltmeister, Ribéry spielte in der Mannschaft um den damaligen Superstar Zinédine Zidane jedoch noch keine zentrale Rolle. Bei der Europameisterschaft zwei Jahre später verletzte sich der inzwischen zum Schlüsselspieler aufgestiegene Ribéry schwer, sein Team schied schon nach der Vorrunde aus.
- 2010 der Tiefpunkt: Die Mannschaft rebellierte gegen Trainer Raymond Domenech und bestreikte zeitweise sogar das Training. Ribéry galt als einer der Rädelsführer, der französische Verband sperrte ihn nach dem Turnier, bei dem Frankreich nach der Vorrunde ausgeschieden war.
- Vor der WM 2010 hatte Ribéry durch eine Affäre mit einer minderjährigen Prostituierten Schlagzeilen gemacht, danach musste er sich in einem Prozess verantworten. Sein Verein, der FC Bayern, stellte sich auch in dieser Phase stets hinter seinen Star, doch bei vielen seiner französischen Landsleute war Ribéry nach all den Skandalen unten durch.
- Bei der EM 2012 konnten Ribéry und die "Équipe tricolore" keine Wiedergutmachung leisten, das Team scheiterte im Viertelfinale gegen den späteren Champion Spanien. Erst auf dem Weg zur WM 2014, als Frankreich sich erst in der Relegation qualifizierte, bildete sich wieder ein Mannschaftsgeist beim französischen Team, und auch Ribérys persönliches Image besserte sich.
Vor Brasilien hatte die medizinische Abteilung der Franzosen alles versucht, Ribéry wieder fit zu bekommen - vergeblich. Durch die Verletzung verpasst Ribéry seine wohl letzte Chance auf eine WM-Teilnahme. Er hatte angekündigt, dass er in Brasilien zum letzten Mal bei einer WM teilnehmen wolle.
In Frankreich wird das Aus weniger als Verlust, sondern vielmehr als Chance begriffen. Mut macht den Franzosen vor allem ein Blick zum Nachbarn nach Deutschland: "Vor vier Jahren hat der Ausfall von Michael Ballack bei der WM in Südafrika ja einige deutsche Spieler sowohl auf als auch neben dem Platz befreit. Diesem Beispiel müssen 'Les Bleus' nun folgen", schrieb "L'Équipe". Die französische Sportzeitung titelte daher auf Seite eins ohne Mitleid für Ribéry: "Ende des Romans".
Bei den Bayern geliebter Held, in Frankreich polarisierender Bad Boy - an diesem Image wird sich für Ribéry wohl nichts mehr ändern.
