WM-Achtelfinalisten im Check Auf der Suche nach dem Titelfavoriten

Brasiliens Neymar
Foto: ADRIAN DENNIS/ AFPMit Deutschland hat sich der Titelverteidiger bereits aus dem Turnier verabschiedet. Die restlichen Favoriten haben die Gruppenphase allesamt überstanden. Doch wie gut waren die Leistungen der Achtelfinalisten wirklich? Welche Prognosen lassen sich aus der Vorrunde für die K.-o.-Phase ableiten? Alle 16 Teams im Form-Check:
Frankreich - Argentinien
Frankreich: Wer vor der Weltmeisterschaft ein französisches Offensivspektakel erwartet hatte, wurde in den ersten drei Spielen enttäuscht. Drei magere Treffer erzielte das Team von Didier Deschamps im Turnier. Weil es Frankreich jedoch gelungen ist, das Spiel vor allem in der gegnerischen Hälfte stattfinden zu lassen, ließen auch wenige Teams weniger Torschüsse zu. Gegen Dänemark, den stärksten Gruppengegner, trat das Team besonders dominant auf, zeigte jedoch auch, dass in der mit Stars gespickten Offensive noch zu wenig zusammenläuft.
Argentinien: 27 Torschüsse, 257 angekommene Pässe im Drittel vor dem isländischen Tor - kein Team trat in diesem Turnier in einem Spiel so dominant auf wie Argentinien gegen Island. Das Problem: Die Überlegenheit reichte beim Unentschieden nur für einen Treffer. Und gegen stärkere Gegner wie Nigeria und Kroatien wurden die spielerischen Mängel des Teams um Superstar Lionel Messi dann offensichtlich. Gegen Frankreich wird es noch einmal schwerer.
Uruguay - Portugal
Uruguay: Als einziges Team des Turniers ließ Uruguay noch kein Gegentor zu. Das mag gegen Saudi-Arabien und Ägypten keine herausragende Leistung sein, doch auch die zuvor rauschhaft auftretende russische Offensive prallte an Diego Godín und seinen Nebenmännern ab. Das Team lässt den Gegner gern spielen, jedoch ungern treffen. Offensiv gab sich der zweimalige Weltmeister zunächst zurückhaltend, zeigte gegen Russland jedoch auch seine offensive Durchschlagskraft.
Portugal: Das Offensivspektakel gegen Spanien täuscht ein wenig darüber hinweg, wie schlecht der Europameister in Form ist. Spanien und selbst Marokko dominierten das Team über lange Phasen. Kein Team brachte verhältnismäßig so wenig Torschüsse innerhalb des gegnerischen Strafraums zustande. Kein Team ist so sehr von einem einzelnen Spieler abhängig wie Portugal von Cristiano Ronaldo.
Spanien - Russland
Spanien: Das Passspiel gehört zur DNA des spanischen Spiels, das hat auch dieses Turnier wieder eindrucksvoll gezeigt. Kein Team erreicht einen hören Wert. Spanien dominiert seine Gegner auch bei dieser WM. Nur Deutschland hat mehr erfolgreiche Pässe im Angriffsdrittel gespielt. Der Unterschied: Spanien war dabei mit sechs Toren deutlich effektiver. Obwohl das Team nur sieben Torschüsse pro Spiel zuließ, kassierte es mit sechs Gegentoren die meisten aller Achtelfinalisten. Eine beachtliche Schwachstelle.
Russland: Wie im Rausch hat Gastgeber Russland seine zwei ersten Spiele gewonnen. Allerdings waren die Gegner Ägypten ohne Superstar Mohamed Salah und Saudi-Arabien. Gegen Uruguay, den ersten starken Gegner, kam die vorher so treffsichere Offensive zum Erliegen, brachte es nur noch auf vier Torschüsse. Den Unterschied zwischen der Defensive Uruguays und Spaniens hatten wir allerdings bereits aufgezeigt.
Kroatien - Dänemark
Kroatien: Kroatien hat bei der WM durch Cleverness überzeugt. Gegen spielstarke Teams wie Argentinien und Nigeria blieben sie abwartend, auch die unter Erfolgsdruck stehenden Isländer ließen sie lange spielen. Doch in der Offensive nutzten sie ihre Chancen eiskalt. Sieben Treffer zeugen von einer durchschlagskräftigen Offensive.
Dänemark: Ein Tor hat Dänemark bislang im Turnier kassiert. Damit ist das Team in dieser Kategorie unter den Top 3. Allerdings liegt es bei den Dänen weniger daran, dass sie das Spiel vom eigenen Tor fernhalten, sie verteidigen es am eigenen Strafraum. Wenige verbleibende Teams ließen so viele Torschüsse zu. Gegen die treffsicheren Kroaten werden die Dänen Probleme bekommen.
Brasilien - Mexiko
Brasilien: Trainer Tite hat den brasilianischen Fußball wieder auf Erfolg getrimmt. Kein Team ist gleichsam offensiv so engagiert und steht defensiv derart sicher. Nach Spanien spielt Brasilien von allen verbleibenden Mannschaften am meisten im Drittel vor dem gegnerischen Tor, niemand schießt so oft auf das Tor. Zudem lässt Brasilien am wenigsten Schüsse auf das eigene Tor zu und hat bislang erst ein Gegentor gegen stark aufspielende Schweizer bekommen. Dass Brasilien nach wie vor die beste Quote bei erfolgreichen Dribblings vorweisen kann, ist Ehrensache.
Mexiko: Gegner Mexiko spielt mit offenem Visier: Von allen verbleibenden Teams schießen die Mittelamerikaner am viertmeisten auf das Tor und das aus allen Lagen. Unter dem Offensivdrang leidet schon mal die Defensive, denn kein Team hat im gesamten Turnier durchschnittlich so viele Torschüsse zugelassen. Dass dies jedoch nicht zwingend zu Gegentoren führen muss, durfte das deutsche Team feststellen.
Belgien - Japan
Belgien: Niemand ist so torgefährlich wie Belgien. Drei Tore pro Spiel hat das Team in der Vorrunde geschossen, nach Deutschland und Brasilien sucht Belgien am häufigsten den Abschluss. Allerdings probierte die Mannschaft die Spiele nicht über ausufernde Passsequenzen zu dominieren, sondern suchte meist den direkteren Weg zum Tor. Mit Romelu Lukaku wird der zwischenzeitlich angeschlagene Top-Torjäger zum Achtelfinale vermutlich wieder fit sein.
Japan: Kein anderes Team hat in seinen Angriffen so beharrlich den Weg in den Strafraum gesucht wie Japan. Drei von vier Torschüssen gab das Team von dort aus ab. Allerdings wagt sich das Team auch wenig vor das gegnerische Tor, sondern ist auf viele Pässe und Stabilität bedacht. Damit wurde es schon gegen Polen schwierig, Belgien wird die Defensive noch vor ganz andere Probleme stellen.
Schweden - Schweiz
Schweden: Keines der verbleibenden Teams ist bei der WM so passiv aufgetreten wie Schweden. Die Skandinavier lassen den Gegner spielen und halten sich aus dessen Torraum größtenteils raus. Wenn es für Schweden nach vorn geht, dann schnell und zielgerichtet. Das Team kontert bevorzugt und ist damit erfolgreich. Zur Not richten sie es per Elfmeter.
Schweiz: Die Schweiz hält den Ball gern in den eigenen Reihen, schafft es damit jedoch nicht immer, den Gegner auch vom eigenen Tor fernzuhalten. Nur Mexiko ließ von den Achtelfinalisten mehr Torschüsse zu. Dafür zeigte sich das Team im Umschaltspiel gefährlich und überrumpelte damit Serbien, den größten Konkurrenten um Platz zwei in der Gruppe. Ein Punkt gegen Costa Rica reichte zum Weiterkommen und auch Schweden wird keine unlösbare Aufgabe.
Kolumbien - England
Kolumbien: Das Team um die Superstars Falcao und James Rodríguez hat in der Vorrunde nicht durch Offensivfußball geglänzt. Von allen Achtelfinalisten wagte sich einzig Schweden weniger ins Angriffsdrittel, nur Dänemark suchte genauso selten den Abschluss. Dafür stand Kolumbien kompakt und ließ nur wenige gegnerische Torschüsse zu.
England : Zwei Siege zu Beginn, darunter das deutliche 6:1 gegen ein überfordertes Team aus Panama, täuschen ein wenig darüber hinweg, dass England nicht so dominant spielt, wie es die Torquote suggeriert. Die Mannschaft von Gareth Southgate kontrolliert die Gegner nicht im Kollektiv wie Spanien, sondern setzt auf die individuelle Klasse eines Delle Alli oder Harry Kane. Das Kräftemessen der B-Teams im letzten Gruppenspiel zwischen England und Belgien war kein Maßstab. Aber in der K.-o.-Runde könnte England gegen starke Gegner schnell an Grenzen stoßen.
In einer ursprünglichen Version hieß es, Argentinien erzielte keinen Treffer gegen Island. Diesen Fehler haben wir korrigiert.