

England hat erstmals ein Elfmeterschießen bei einer WM für sich entschieden - und steht damit im Viertelfinale. Dort trifft das Team am Samstag (16 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) auf das Überraschungsteam aus Schweden.
Beim 5:4 (1:1, 1:1)-Erfolg gegen Kolumbien erzielte Harry Kane die Führung für England (57. Minute), Yerry Mina glich aus (90.+4). Den entscheidenden Elfmeter verwandelte Eric Dier - am Ende eines Spiels mit acht Gelben Karten, Foulelfmeter und Last-Minute-Treffer.
Dabei sah es lange Zeit nach keinem aufregenden Fußballabend aus, auch weil Kolumbien auf seinen Top-Star verzichten musste: James Rodríguez gehörte wegen einer Wadenverletzung nicht zum Kader. Den Südamerikanern fehlte damit der Ideengeber, sodass Torjäger Radamel Falcao wirkungslos blieb.
England tat sich fast genauso schwer. Kane köpfte aus spitzem Winkel knapp über das Tor - die einzige echte Chance der ersten Hälfte (16.). Anders als in den vergangenen Partien erzeugten die Three Lions auch nach Standardsituationen kaum Gefahr. Vor einem Freistoß gab es aber den ersten Aufreger: In der Mauer stieß Wilmar Barrios mit dem Kopf gegen Jordan Hendersons Brust. Eigentlich eine klare Tätlichkeit, für die es nur Gelb gab (41.).
Dass der Führungstreffer durch einen Elfmeter fiel, war nach dem Spielverlauf beinahe logisch. Carlos Sánchez hatte Kane im Strafraum umgerissen und der gefoulte verwandelte selbst - trocken in die Mitte. Im Anschluss wurde die Partie immer zerfahrener. Es gab viele Gelbe Karten, wenig durchdachte Aktionen.
Kurz vor Ende der regulären Spielzeit ergaben sich aber doch noch Möglichkeiten für Kolumbien: Juan Cuadrado jagte den Ball aus knapp elf Metern drüber (81.). In der Nachspielzeit konnte Jordan Pickford einen Distanzschuss gerade noch aus dem Winkel fischen. Die anschließende Ecke nutzt Mina zum Ausgleich, es war bereits der dritte Kopfballtreffer des Innenverteidigers bei dieser WM.
In der anschließenden Verlängerung dominierte Kolumbien auf einmal die Partie und Falcao köpfte neben das Tor (104.). Dann meldete sich England zurück. Der Schuss von Danny Rose trudelte nur Zentimeter am rechten Pfosten vorbei (111.), Jesse Lingard verpasste den Ball im Strafraum (114.) und Eric Dier köpfte nach einer Ecke über das Tor (115.).
Das Elfmeterschießen musste die Entscheidung bringen. Nach Hendersons Fehlschuss drohte ein weiteres englisches Drama vom Punkt. Dann traf Matheus Uribe für Kolumbien nur die Latte und Pickford hielt auch noch den Ball vom fünften Schützen. Eric Dier behielt die Nerven - und England schrieb Geschichte.
Kolumbien - England 1:1 n. V. (1:1) und 3:4 im Elfmeterschießen
0:1 Kane (57., Foulelfmeter)
1:1 Mina (90.+3)
Elfmeterschießen:
1:0 Falcao
1:1 Kane
2:1 Cuadrado
2:2 Rashford
3:2 Muriel
Ospina hält gegen Henderson
Uribe verschießt
3:3 Trippier
Pickford hält gegen Bacca
3:4 Dier
Kolumbien: Ospina - Arias (116. Zapata), Mina, D. Sánchez, Mojica - Lerma (61. Bacca), Barrios, C. Sánchez (79. Uribe) - Cuadrado, Quintero (88. Muriel) - Falcao
England: Pickford - Walker (113. Rashford), Stones, Maguire - Trippier, Henderson, Young (102. Rose) - Alli (81. Dier), Lingard - Sterling (88. Vardy), Kane
Zuschauer: 44.190 (Moskau)
Schiedsrichter: Mark Geiger (USA)
Gelbe Karten: Barrios, Arias, C. Sánchez, Falcao, Bacca, Cuadrado / Henderson, Lingard
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Eric Dier verwandelt gegen Kolumbien den entscheidenden Versuch: Erstmals in der WM-Geschichte gewinnt England ein Elfmeterschießen - und steht im Viertelfinale! Aber der Reihe nach.
Moskau, Spartak-Stadion, Dienstagabend: "It's coming home" - Große Vorfreude bei den englischen Anhängern, die nach den starken Auftritten der Three Lions in der Vorrunde schon vom zweiten WM-Titel nach 1966 träumen.
Auch René Higuita und Carlos Valderrama ließen sich das Vergnügen in Moskau nicht entgehen. (Nee, Moment, das sind sie ja gar nicht! Das sind einfach nur zwei kolumbianische Fans mit Perücken und Bärten!)
Er war nach fünf Treffern in den ersten beiden Vorrundenbegegnungen der Mann, den es aus kolumbianischer Sicht zu stoppen galt: Tottenham-Angreifer Harry Kane.
Die erste wirklich gefährliche Situation hatten die Engländer nach einer guten Viertelstunde: Kieran Trippier hatte von der rechten Seite geflankt, Kane am langen Pfosten knapp verpasst.
Ansonsten war's zunächst ein zähes Ringen: Kolumbien setzte den Fokus auf die Defensive. Hier stoppt Davinson Sánchez Englands Kane.
Einer der wenigen Aufreger des ersten Durchgangs: Wilmar Barrios streckt Englands Jordan Henderson mit einem Kopfstoß nieder - und sieht dafür nur die Gelbe Karte. Ein Platzverweis wäre ebenso eine vertretbare Entscheidung gewesen.
Kolumbiens Trainer José Pekerman macht eine beruhigende Geste. Eigentlich nicht nötig: In den ersten 45 Minuten brachten die beiden Teams nur jeweils einen einzigen Schuss auf das gegnerische Tor zustande.
Die Szene, die das Spielgeschehen nachhaltig veränderte: Carlos Sánchez ringt Kane zu Boden, Schiedsrichter Mark Geiger zeigte auf den Elfmeterpunkt.
Kane hatte bereits im Spiel gegen Panama zwei Strafstöße sicher verwandelt, auch seinen dritten Versuch bei diesem Turnier setzte er souverän zur englischen 1:0-Führung ins Netz.
Diesmal in die Tormitte - ohne Abwehrchance für David Ospina, der sich früh nach rechts orientierte.
Turniertreffer Nummer sechs für Kane: 2014 hatte das für den "Goldenen Ball" gereicht, James Rodríguez war bei der Endrunde in Brasilien der erfolgreichste Torschütze gewesen.
Diesmal musste Kolumbien auf seinen Offensivstar verzichten. James Rodríguez konnte nach einem Bluterguss in der rechten Wade nicht auflaufen.
Hilflos sah auch James von der Tribüne mit an, wie Juan Cuadrado die vermeintlich letzte Chance der Partie vergab (81.).
Die dritte Minute der Nachspielzeit: Auch Schlussmann Ospina war mittlerweile im englischen Strafraum zu finden. An den Ball kam aber Yerry Mina (Nummer 13), der kolumbianische Innenverteidiger köpfte tatsächlich noch zum 1:1 ein.
Für Mina war es der dritte Torschuss des Turniers. Alle drei waren Kopfbälle, alle drei fanden den Weg ins Netz. Mina ist der erste Spieler seit Miroslav Klose 2002, der bei einem WM-Turnier mindestens drei Kopfballtore erzielt hat.
Verlängerung in Moskau: Und plötzlich war Kolumbien das klar bessere Team. England schaffte es kaum noch, Ballbesitz zu behalten und einen gezielten Angriff vorzutragen. Jamie Vardys Chance in der 107. Minute war eine seltene Ausnahme.
Bange Blicke: Danny Rose verfehlte in der 112. Minute nur um wenige Zentimeter den langen Pfosten - und das mögliche 2:1. Die Entscheidung musste im Elfmeterschießen fallen.
Falcao, Kane, Cuadrado, Rashford (Foto), Muriel - die ersten fünf Schützen trafen.
Dann scheiterte Henderson an Ospina.
Kolumbiens Mateus Uribe verschoss, Englands Keeper Jordan Pickford hielt danach gegen Carlos Bacca.
So war es an Eric Dier, dieses Stück WM-Geschichte für die Engländer zu beenden. Im Viertelfinale treffen die Briten am Samstag auf Schweden.
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