Jean-Marie Pfaff
Foto: Bruno Fahy/ dpaBelgien wird Weltmeister. Davon ist Torwart-Idol Jean-Marie Pfaff überzeugt. "Wenn wir es jetzt nicht werden, werden wir es nie", sagte er. Er sieht die Roten Teufel auch wegen eines Franzosen im Vorteil: Thierry Henry. Der französische Weltmeister von 1998 ist bei der Endrunde in Russland Assistenztrainer bei den Belgiern.
Thierry Henry
Foto: FRANCK FIFE/ AFP"Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Frankreichs größter Gegner sitzt auf der belgischen Bank", sagte Pfaff. Henry, der gemeinsam mit Frankreichs aktuellem Nationaltrainer Didier Deschamps 1998 Weltmeister wurde, sei für Belgiens Coach Roberto Martínez "enorm wichtig", ein "Vertrauter". Der Spanier höre Henry zu, "bestimmt geht auch die eine oder andere taktische Umstellung auf eine Idee Henrys zurück".
Die Befürchtung, dass der ehemalige Weltklasse-Angreifer am Dienstag (20 Uhr/Liveticker: SPIEGEL ONLINE, im TV: ARD und Sky) eine Art Doppelagent werden könnte, hat Pfaff nicht: "Während der 90 Minuten wird es für ihn nur das belgische Herz geben."
1986 stand Pfaff im Tor der Belgier, als diese bei der WM in Mexiko mit Platz vier den bisher größten WM-Erfolg der Verbandsgeschichte erreichten. Diesmal glaubt er an mehr.
"Frankreich im Halbfinale ist ein sehr starker Gegner. Aber ich glaube, dass das Endspiel Belgien gegen England heißt. Und dass wir dann gewinnen werden. Bisher waren wir die beste Mannschaft im Turnier."
"Quasi zwei komplette Mannschaften"
Mit Vergleichen zwischen seinem Team von damals und dem heutigen tut sich der Keeper schwer. "1986 waren wir eine goldene Generation", sagte der 64-Jährige: "Das hier ist eine brillante." Diese Mannschaft sei über viele Jahre zusammengewachsen. Sie habe aus den Erfahrungen von 2014 und 2016 gelernt. Damals schied sie jeweils im Viertelfinale aus.
Ein Erfolgsgeheimnis sei die breite Basis an Top-Spielern, meinte Pfaff, der von 1982 bis 1988 für den FC Bayern spielte. Belgien habe quasi zwei komplette Mannschaften. "Argentinien hatte Messi, Brasilien hatte Neymar, bei uns sind es viele brillante Spieler. In der Offensive haben wir Hazard, De Bruyne, Lukaku. Es ist schwer, die allesamt auszuschalten." Gegen England hätten die Roten Teufel mit dem B-Team gespielt und gewonnen.
Die Situation vor 32 Jahren ist jedenfalls eine völlig andere als heute: "Wir sind 1986 mit 30 Mann nach Mexiko geflogen. Da gab es keinen Torwarttrainer, nur einen Physiotherapeuten, und schlafen mussten wir auf besseren Holzpritschen", ergänzte er und blickt etwas neidisch auf die umsorgten Superstars um Kevin De Bruyne: "Mir hat man früher immer nur gesagt: 'Halt die Klappe und stell dich ins Tor - Bälle halten.'"
Der ehemalige Bayern-Torwart war mit seinen Kollegen vor 32 Jahren im Halbfinale mit 0:2 am späteren Weltmeister Argentinien und am Doppeltorschützen Diego Maradona gescheitert.
"Traurig für den deutschen Fußball"
Zum deutschen Ausscheiden bei der WM sagte Pfaff: "Das ist traurig für den deutschen Fußball". Vor einem Jahr hätten sie noch mit einem B-Team den Confed-Cup gewonnen. "Aber ich habe bei dieser WM kein Aufbäumen gesehen, niemanden, der die Mannschaft aufgerüttelt hätte. Das war zu viel Alibifußball." Unterstützung erhofft Pfaff sich nun auch aus Deutschland. Er habe das Gefühl, seit dem Ausscheiden auch viele deutsche Fans zu haben, sagte er.
Sollten die Roten Teufel diesmal wirklich den Titel holen, "dann wäre Belgien zu klein", meinte Pfaff schmunzelnd: "Es wäre ja trotz allem ein Wunder und eine riesengroße Ehre für so ein kleines Land. So ähnlich wie der EM-Titel 1992 für Dänemark. Aber Europameister ist eben nicht Weltmeister." Diese Jungs hätten jetzt schon viel erreicht, egal, was noch komme. Aber er hoffe, dass sie diese große Chance nutzen werden.
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Belgien jubelt, Brasilien ist am Boden: Das Team von Trainer Roberto Martínez hat nach einem 2:1 (2:0)-Sieg das WM-Halbfinale erreicht. Zuletzt stand Belgien 1986 in Mexiko unter den letzten vier Teams.
Letzte Ansprache: Der Belgier Romelu Lukaku motiviert seine Teamkollegen vor dem Viertelfinal-Duell gegen Brasilien. Die erste Halbzeit zeigte: Sie haben zugehört.
Der Brasilianer Willian und der Belgier Axel Witsel im Zweikampf. (Keine Anmerkung zu den Frisuren. Das hier ist eine seriöse Fotostrecke.)
Schieflage: Fernandinho lässt den Ball ebenso wenig aus den Augen wie Gegenspieler Kevin De Bruyne. Die beiden Spieler sollten auch beim ersten Treffer des Tages entscheidende Rollen spielen.
Die belgische Führung: De Bruyne schlug eine Ecke auf den kurzen Pfosten, genauer: an den Oberarm von Fernandinho, der unglücklich ins eigene Tor traf (14.).
Vincent Kompany stand unmittelbar neben dem unglücklichen Eigentorschützen. Besonders mitfühlend zeigte sich der Belgier aber nicht.
Auch Belgiens Chef-Trainer Martínez und Assistent Thierry Henry bejubelten den belgischen Führungstreffer.
In der 31. Minute erhöhte De Bruyne sogar zum 2:0. Einen belgischen Konter schoss er mit einem präzisen Schuss ins lange Eck ab.
Tempo- und Größenvorteile: Lukaku rennt Gegenspieler Miranda davon.
Entsetzen und Ratlosigkeit in Rio de Janeiro: Brasilianische Fans verfolgten den Auftritt ihrer Elf auf einer Großbildleinwand.
Entsetzen und Ratlosigkeit in der Kasan-Arena: Brasiliens Trainer Tite musste mit ansehen, wie schwer sich sein Team nach dem Rückstand tat, klare Tormöglichkeiten herauszuspielen. Das änderte sich erst im zweiten Durchgang.
Deutliche Ansage: Referee Milorad Mazic erklärt Brasiliens Neymar, dass er bei ihm ganz genau hinschaut. (Achtung, natürlich bloß eine Spekulation. Der Inhalt des Dialogs ist uns nicht bekannt. Das hier ist eine seriöse Fotostrecke.)
Brasilien hatte im zweiten Durchgang deutlich mehr Ballbesitz, die belgische Defensive hielt aber stand.
Gabriel Jesus tunnelte Jan Vertonghen, wurde danach von Vincent Kompany abgeräumt (57. Minute). Einen Elfmeter gab es nicht, auch nicht nach der Konsultation des Videoschiedsrichters.
Neymar in belgischer Doppelbewachung: Brasilien drängte weiter - und wurde schließlich auch für den hohen Aufwand belohnt.
Nach Renato Augustos Anschlusstreffer (76.) hoffte Brasilien noch einmal darauf, sich zumindest in die Verlängerung zu retten. Vergebens.
Die Belgier überstanden die Schlussviertelstunde und auch die fünfminütige Nachspielzeit schadlos. Brasilien ging in der zweiten Spielhälfte zu großzügig mit den eigenen Möglichkeiten um. Am Dienstag trifft Belgien im Halbfinale auf Frankreich (20 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE).
Brasilien muss dagegen weiter auf den sechsten WM-Titel warten. Mindestens vier Jahre.
Schiri Néstor Pitana hatte viel zu tun in diesem umkämpften Viertelfinale. Da brauchte Uruguays Rodrigo Betancur gar nicht so zu gucken.
Kompliziert wurde es für Pitana in dieser Szene: Kylian Mbappé liegt nach einem Zusammenstoß am Boden.
Rot! Alle! Finden die Franzosen. Schauspieler! Alle! Finden die Uruguayer.
Auch Luis Suárez mischte sich ein - im Spiel fand er ohne seinen Sturmpartner Edinson Cavani kaum statt.
Aber ein bisschen gespielt wurde auch. Hier kann sich Kylian Mbappé (l.) noch durchsetzen.
Als Mbappé aber frei im Strafraum zur ersten großen Chance für Frankreich kam, köpfte er den Ball weit übers Tor.
Zum Glück für Frankreich machte es Raphaël Varane besser. Das 1:0 für Frankreich erzielte er nach einem Freistoß von Antoine Griezmann.
Eine Standardsituation also. Natürlich. Dem Schützen war es egal, wie das Tor zustande kam. An dem Freudensprung änderte es nichts.
Das fand auch Vorlagengeber Griezmann.
Viele Fouls, wenig Spielfluss - ein weiteres Symbolbild.
Hier wiederum wurde Olivier Giroud bearbeitet. Verbal, versteht sich.
Uruguays Diego Laxalt im Schwitzkasten von Mbappé.
Ohne Gegenspieler konnte Laxalt dann zeigen, dass er auch mit dem Ball umgehen kann.
Auch die Dehnbarkeit des hellblauen Zwirns wurde getestet.
Irgendwann kam es dann zu solchen Bildern.
Und dann auch noch das: Fernando Muslera, der Mann, der Uruguay ins Viertelfinale gebracht hatte, boxte sich den Ball nach einem Schuss von Griezmann selbst ins Tor. Danach war Uruguays Halbfinaltraum ausgeträumt.
Auch hier galt: Egal, wie der Treffer zustande kam - freuen darf man sich trotzdem.
Frankreich steht als erster WM-Halbfinalist fest. Bonne chance!
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