- • Englands WM-Sieg im Elfmeterschießen: Sie können's ja doch
- • Szenen des Bundesliga-Spieltags: Darüber wird zu reden sein
Johan Mojica
Foto: KAI PFAFFENBACH/ REUTERSGleich acht Kolumbianer standen in der 55. Minute dieses Achtelfinals dicht gedrängt um Schiedsrichter Mark Geiger (USA) herum. Sie alle wollten es nicht wahrhaben: Strafstoß für England. Bei einem Rückstand würde das Aus drohen. Und so redeten unter anderem Carlos Sánchez, der den Elfmeter verursacht hatte, sowie Kapitän Radamel Falcao und David Ospina vehement auf den Unparteiischen ein.
Nicht so Johan Mojica. Der Außenverteidiger hatte kein Interesse daran, sich mit dem Schiedsrichter auszutauschen, er fühlte sich zu etwas anderem berufen: einer groben Unsportlichkeit.
Während seine Mannschaftskollegen noch so aufgebracht wie vergeblich versuchten, den Strafstoß zu verhindern, machte sich Mojica am Elfmeterpunkt zu schaffen. Immer und immer wieder rutschte er mit den Stollen seines rechten Schuhs über den Boden, es flogen Grashalme und Kreide. Als sich die Rudelbildung schon aufzulösen schien, wandte sich auch Mojica zunächst ab. Dann drehte der Kolumbianer aber noch einmal um und stieß vehement in den Elfmeterpunkt, diesmal mit der linken Fußspitze.
Was übrig blieb: Ein gänzlich malträtiertes Stück Boden, das nicht mehr viel gemein hatte mit einem Elfmeterpunkt.
Die Szene erinnerte stark an eine Bundesligapartie im Dezember 2015 zwischen dem FC Augsburg und dem 1. FC Köln. Auch in diesem Spiel gab es in der zweiten Hälfte beim Spielstand von 0:0 einen Strafstoß, damals lief die 58. Minute. FCA-Torwart Marwin Hitz machte sich damals nach dem Elfmeterpfiff ebenfalls massiv am Punkt zu schaffen. Anthony Modeste trat an, rutschte auf dem verunstalteten Boden aus, Hitz parierte. Und Augsburg gewann 1:0. "Es ist nicht die fairste Aktion, das muss ich zugeben", hatte Hitz danach gesagt. Der Keeper musste anschließend den Austausch des Rasens am Elfmeterpunkt bezahlen.
Zwischen den beiden Szenen liegen allerdings nicht nur zweieinhalb Jahre, bei all den Parallelen gibt es auch einen entscheidenden Unterschied. Anders als Modeste verwandelte Kane nach der rund dreieinhalbminütigen Verzögerung trocken. So, wie er es nun einmal immer tut.
Beim Elfmeterschießen im Anschluss an das 1:1 nach 120 Minuten schossen beide Teams dann übrigens auf das andere Tor, vom unzerstörten Elfmeterpunkt. England behielt auch hier die Nerven - und feierte einen historischen Sieg. Johan Mojica und Kolumbien treten die Heimreise an.
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Eric Dier verwandelt gegen Kolumbien den entscheidenden Versuch: Erstmals in der WM-Geschichte gewinnt England ein Elfmeterschießen - und steht im Viertelfinale! Aber der Reihe nach.
Moskau, Spartak-Stadion, Dienstagabend: "It's coming home" - Große Vorfreude bei den englischen Anhängern, die nach den starken Auftritten der Three Lions in der Vorrunde schon vom zweiten WM-Titel nach 1966 träumen.
Auch René Higuita und Carlos Valderrama ließen sich das Vergnügen in Moskau nicht entgehen. (Nee, Moment, das sind sie ja gar nicht! Das sind einfach nur zwei kolumbianische Fans mit Perücken und Bärten!)
Er war nach fünf Treffern in den ersten beiden Vorrundenbegegnungen der Mann, den es aus kolumbianischer Sicht zu stoppen galt: Tottenham-Angreifer Harry Kane.
Die erste wirklich gefährliche Situation hatten die Engländer nach einer guten Viertelstunde: Kieran Trippier hatte von der rechten Seite geflankt, Kane am langen Pfosten knapp verpasst.
Ansonsten war's zunächst ein zähes Ringen: Kolumbien setzte den Fokus auf die Defensive. Hier stoppt Davinson Sánchez Englands Kane.
Einer der wenigen Aufreger des ersten Durchgangs: Wilmar Barrios streckt Englands Jordan Henderson mit einem Kopfstoß nieder - und sieht dafür nur die Gelbe Karte. Ein Platzverweis wäre ebenso eine vertretbare Entscheidung gewesen.
Kolumbiens Trainer José Pekerman macht eine beruhigende Geste. Eigentlich nicht nötig: In den ersten 45 Minuten brachten die beiden Teams nur jeweils einen einzigen Schuss auf das gegnerische Tor zustande.
Die Szene, die das Spielgeschehen nachhaltig veränderte: Carlos Sánchez ringt Kane zu Boden, Schiedsrichter Mark Geiger zeigte auf den Elfmeterpunkt.
Kane hatte bereits im Spiel gegen Panama zwei Strafstöße sicher verwandelt, auch seinen dritten Versuch bei diesem Turnier setzte er souverän zur englischen 1:0-Führung ins Netz.
Diesmal in die Tormitte - ohne Abwehrchance für David Ospina, der sich früh nach rechts orientierte.
Turniertreffer Nummer sechs für Kane: 2014 hatte das für den "Goldenen Ball" gereicht, James Rodríguez war bei der Endrunde in Brasilien der erfolgreichste Torschütze gewesen.
Diesmal musste Kolumbien auf seinen Offensivstar verzichten. James Rodríguez konnte nach einem Bluterguss in der rechten Wade nicht auflaufen.
Hilflos sah auch James von der Tribüne mit an, wie Juan Cuadrado die vermeintlich letzte Chance der Partie vergab (81.).
Die dritte Minute der Nachspielzeit: Auch Schlussmann Ospina war mittlerweile im englischen Strafraum zu finden. An den Ball kam aber Yerry Mina (Nummer 13), der kolumbianische Innenverteidiger köpfte tatsächlich noch zum 1:1 ein.
Für Mina war es der dritte Torschuss des Turniers. Alle drei waren Kopfbälle, alle drei fanden den Weg ins Netz. Mina ist der erste Spieler seit Miroslav Klose 2002, der bei einem WM-Turnier mindestens drei Kopfballtore erzielt hat.
Verlängerung in Moskau: Und plötzlich war Kolumbien das klar bessere Team. England schaffte es kaum noch, Ballbesitz zu behalten und einen gezielten Angriff vorzutragen. Jamie Vardys Chance in der 107. Minute war eine seltene Ausnahme.
Bange Blicke: Danny Rose verfehlte in der 112. Minute nur um wenige Zentimeter den langen Pfosten - und das mögliche 2:1. Die Entscheidung musste im Elfmeterschießen fallen.
Falcao, Kane, Cuadrado, Rashford (Foto), Muriel - die ersten fünf Schützen trafen.
Dann scheiterte Henderson an Ospina.
Kolumbiens Mateus Uribe verschoss, Englands Keeper Jordan Pickford hielt danach gegen Carlos Bacca.
So war es an Eric Dier, dieses Stück WM-Geschichte für die Engländer zu beenden. Er verwandelte den entscheidenden Elfmeter mit etwas Glück.
Im Viertelfinale treffen die Briten am Samstag auf Schweden.