Argentinien gewinnt WM-Endspiel gegen Frankreich Das Jahrhundertfinale

Lionel Messi hat Argentinien zum WM-Titel geführt – trotz verspielter 2:0-Führung und drei Toren von Frankreichs Kylian Mbappé. In einem Endspiel der irren Wendungen brachte ein Elfmeterkrimi die Entscheidung.
Doppeltorschütze, Spieler des Turniers, Weltmeister: Argentiniens Lionel Messi

Doppeltorschütze, Spieler des Turniers, Weltmeister: Argentiniens Lionel Messi

Foto: Kirill Kudryavtsev / AFP

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Der Vollendete: Die Superstars machten den Anfang: Das WM-Finale konnte nur noch im Elfmeterschießen entschieden werden, und Kylian Mbappé und Lionel Messi gingen nach atemlosen 120 Minuten voran. Erst war es Mbappé, der Emiliano Martínez überwand, dann zog Messi mit einem lässigen Strafstoß gegen Hugo Lloris nach. Hätten sich nur diese beiden, Messi und Mbappé, duelliert – vielleicht hätte dieses Endspiel nie einen Sieger gefunden. Doch dann versagten Mbappés Mitspielern die Nerven: Kingsley Coman scheiterte an Argentiniens Keeper, Aurelién Tchouaméni schob links am Tor vorbei. So hatte Gonzalo Montiel, Verteidiger, eingewechselt und in der Verlängerung für einen Handelfmeter verantwortlich, die Chance, Geschichte zu schreiben. Er nutzte sie: Montiels Treffer bescherte Argentinien den dritten WM-Titel nach 1978 und 1986 – und Messi die Krönung seiner einzigartigen Karriere.

Der Moment der Entscheidung: Argentinien ist zum dritten Mal Weltmeister

Der Moment der Entscheidung: Argentinien ist zum dritten Mal Weltmeister

Foto: Julian Finney / Getty Images

Das Ergebnis: Argentinien setzt sich 4:2 im Elfmeterschießen gegen Frankreich durch. Es war ein denkwürdiges WM-Endspiel, das hin- und her wogte – 0:2 zur Pause, 2:2 nach 90 Minuten, 3:3 nach Verlängerung. Den Spielbericht zum Spektakel im Lusail-Stadion finden Sie hier.

Ein Schlitzohr, eine Bayern-Serie, keine Kranken: Schon aus den Startaufstellungen ließ sich ein WM-Finalduell herauslesen, das Spaß machen sollte: Bei Argentinien gab der zuvor angeschlagene Di María nach drei Spielen der Schonung sein Startelf-Comeback. Um die defensiven Duelle mit Kylian Mbappé zu vermeiden, fand der 34 Jahre alte Vorzeige-Straßenfußballer der Albiceleste sich auf der ungewohnten linken Seite wieder. Didier Deschamps konnte trotz einer im französischen Camp grassierenden Erkältungswelle aus dem Vollen schöpfen, brachte seine stärkste Elf – und setzte in der Innenverteidigung auch wieder auf Dayot Upamecano, der eine lange Serie fortführte: Seit 1982 lief in jedem WM-Endspiel stets ein Profi des FC Bayern München auf.

Auf den Punkt konzentriert: Argentinien startete mit einer Mischung aus Ellenbogentaktik und Spielfreude: Sofort machte sich Rodrigo de Paul per Rempler bei Adrien Rabiot bekannt, dann kam Alexis Mac Allister früh zum ersten Abschluss (5. Minute). Frankreich wirkte beeindruckt und nervös: Ousmane Dembélé brachte Di María im Strafraum zu Fall, Szymon Marciniak, Final-Referee und optisch wie qualitativ offenbar Polens Antwort auf Schiedsrichter-Legende Pierluigi Collina, sah den minimalen Kontakt sofort und zeigte auf den Punkt. Und aus den Reihen der Argentinier trat der Mann hervor, der schon gegen Saudi-Arabien, Polen, die Niederlande und Kroatien die Elfmeter geschossen (und drei von Vieren verwandelt) hatte: Lionel Messi.

Vom Makel zum Rekord: Rechts unten schlug der Ball ein, Messi schraubte seine Quote auf vier von fünf (plus einen Treffer im Elfmeterschießen gegen Oranje) hoch. Die Führung war Messis letzter Pinselstrich, um einen lange kritisierten Makel aus seiner Vita zu tilgen: Vor dem WM-Start hatte der siebenfache Gewinner des Ballon d'Or nie in einem K.-o.-Spiel auf dieser größten aller Bühnen treffen können. Das hat Messi nun nachgeholt – in Achtelfinale, Viertelfinale, Halbfinale, Finale. Das hatte zuvor noch keiner geschafft.

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Cry for me, Argentina: Tatsächlich gehörte diese erste Hälfte aber nur bedingt Messi. Dafür strahlte ein anderer Argentinier zu hell: Di María, womöglich wie Messi mit seiner letzten echten Chance auf einen WM-Titel, dazu frisch genesen, war auf seinem linken Flügel kaum zu greifen. Und seinen großen Moment bekam der Juventus-Profi auch noch: Einen herrlich über Messi und Mac Allister ausgespielten Konter veredelte Di María am langen Pfosten zum 2:0 (36.). Noch beim Jubel, mit den Fingern ein Herz gen Publikum formend, brach er in Freudentränen aus.

Seit 2008 im Nationalteam, nun einer der Finalhelden: Ángel Di María

Seit 2008 im Nationalteam, nun einer der Finalhelden: Ángel Di María

Foto: Catherine Ivill / Getty Images

Hilferuf an die Bundesliga: War dieses Spiel schon vorbei? Frankreich hatte bislang auf ganzer Linie enttäuscht und keinen einzigen Schuss aufs Tor gebracht. Nationaltrainer Deschamps reagierte früh und radikal: Olivier Giroud, immerhin vierfacher Turnier-Torschütze, und der erschreckend schwache Dembélé verließen fünf Minuten vor dem Pausenpfiff das Feld. Stattdessen vertraute Deschamps nun zwei Deutschland-Legionären: Randal Kolo Muani von Eintracht Frankfurt und Marcus Thuram von Borussia Mönchengladbach sollten es richten.

Der Blitz schlägt zweimal ein: Und tatsächlich: Sie richteten es, reichlich spät und als Wegbereiter für den zweiten großen Protagonisten des Abends. Ewig konnte Superstar Mbappé seine blitzschnellen Antritte kaum einbringen, dann schlug er zweimal zu: Einmal als Nutznießer eines Elfmeters, den Kolo Muani gegen Argentiniens Abwehrchef Nicolás Otamendi herausgeholt hatte (80.). Und dann, als er eine Spielverlagerung von Coman zu Thuram tropfen ließ, der Mbappé seinerseits in die Tiefe schickte. Ein trockener Abschluss – und das Spiel, in dem die Franzosen bis gut zehn Minuten vor Schluss anscheinend chancenlos einem Rückstand hinterhergelaufen waren, war wieder völlig offen. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron klatschte auf der Tribüne Beifall, Argentinien gab wie schon gegen die Niederlande einen Zwei-Tore-Vorsprung aus der Hand.

Erzielte im Endspiel seine Turniertore sechs, sieben und acht: Kylian Mbappé

Erzielte im Endspiel seine Turniertore sechs, sieben und acht: Kylian Mbappé

Foto: FRANCK FIFE / AFP

Die Zugabe: In der regulären Spielzeit sollte die Entscheidung nicht fallen: Marciniak erkannte eine Schwalbe von Thuram korrekt als solche (87.), Messi fand bei einem Gewaltschuss in Hugo Lloris seinen Meister (90.+7). So folgten 30 Minuten, die das Spiel im Kleinformat erneut abbildeten. Messi brachte Argentinien wieder in Front (108.), nach seinem Abstauber rannten selbst die Ersatzspieler auf den Platz und feierten, als sei der Pokal schon gewonnen. Sein 13. WM-Tor ließ Messi, mit 26 Einsätzen nun alleiniger WM-Rekordspieler, nach Treffern an Pelé vorbei- und mit Just Fontaine gleichziehen. Doch das Goldene Tor war es nicht, selbst der Goldene Schuh ging an jemand anderen: an Mbappé nämlich, der Montiels Handspiel zum erneuten Ausgleich nutzte (118.). Nach Englands Geoff Hurst 1966 ist er nun der zweite Spieler, der in einem WM-Endspiel drei Tore erzielte.

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