kicker.tv

Kolumbiens WM-Held Rodríguez Der Traumtortänzer

James Rodríguez entschied das Achtelfinale gegen Uruguay mit zwei sensationellen Treffern. Fünf Tore hat der Kolumbianer jetzt schon auf dem Konto. Selbst die Gegner nennen den 22-Jährigen den besten Spieler der WM. Wer ist dieser Rodríguez?
Von Maik Rosner

Irgendwann umspielte sogar Óscar Tabárez' Mundwinkel ein Lächeln. Uruguays Trainer war angesprochen worden auf James David Rodríguez Rubio, auf den Mann, der Kolumbien gerade ins Viertelfinale der WM geschossen hatte. Doch aus Tabárez sprach nicht der enttäuschte Trainer der ausgeschiedenen Mannschaft, sondern der Liebhaber des Spiels. Der 67-Jährige sagte: "Er ist der beste Spieler der WM."

Tabárez bemühte sogar einen Vergleich zu den ganz großen Kickern. Und er spannte den Bogen dabei über das aktuelle Turnier hinaus. "Maradona, Messi, Luis Suárez, James Rodríguez - das sind die Spieler, die die Gabe haben, besondere Dinge tun zu können", sagte Tabárez. "Er hat Fähigkeiten, die andere nicht haben."

Es ist nach diesem 2:0 (1:0) Kolumbiens durch die beiden Tore von Rodríguez kaum ein Superlativ ausgelassen worden, um die Leistung des 22-Jährigen zu beschreiben. Sein Linksschuss aus 24 Metern nach einer Brustannahme und einer Drehung, flüssig in einer Bewegung und platziert an die Unterkante der Latte, war ein Kunstwerk, für das der Ausdruck Traumtor wohl erfunden worden ist. Und es war ein Beleg seiner Extraklasse innerhalb eines funktionierenden Kollektivs. Dass er mit seinen Kollegen danach ein Tänzchen aufführte, gehört mittlerweile schon zum Standardprogramm der Kolumbianer, die nun erstmals in der Geschichte im Viertelfinale stehen - und dort am Freitag auf Gastgeber Brasilien treffen (22 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE).

"Wir können für Brasilien gefährlich werden"

Bei aller Überhöhung bot das technisch feine und dennoch disziplinierte Spiel des Mannes mit dem Jungsgesicht berechtigten Anlass zur Schwärmerei. Rodríguez war der Traumtortänzer des Maracanã. Und er rechnet seiner Mannschaft auch gegen Brasilien Chancen aus. "Sie haben sehr gute Spieler, darauf müssen wir achten", sagte Rodríguez über den Viertelfinalgegner, "aber sie müssen auch auf uns achten. Wir haben auch sehr gute Spieler und können für sie gefährlich werden." Er trug das ähnlich selbstbewusst und gelassen vor, wie er zuvor gespielt hatte. Das galt auch für seine Anmerkung, jeder einzelne und alle zusammen müssten einen Plan haben. "Und wir haben unseren Plan immer umgesetzt. Gegen Brasilien wird sich das nicht ändern."

Fotostrecke

Kolumbien gegen Uruguay: Der doppelte James

Foto: Oliver Weiken/ dpa

Ein bisschen rätselt die Welt gerade, wie sie von diesem linken Mittelfeldspieler so überrascht werden konnte. Zum AS Monaco ist er vor einem Jahr vom FC Porto für 45 Millionen Euro Ablöse gewechselt, doch so richtig wahrgenommen hat ihn die Welt erst bei dieser WM. Dabei ist seine Vita ähnlich spannend wie seine aktuellen Auftritte, und zumindest die Anfänge stehen im krassen Gegensatz zu seinem reifen Auftreten, das ihn abhebt von so vielen anderen Jungstars.

Mit 15 debütierte James als Profi

2004, mit zwölf Jahren, wurde Rodríguez auf einem Jugendturnier vom Geschäftsmann Gustavo Adolfo Upegui López entdeckt, der mit Kolumbiens Drogenbaron Pablo Escobar Verbindungen unterhalten haben soll. Bei López' Verein Envigado FC gab Rodríguez bereits mit 15 Jahren sein Profidebüt, mit 17 kickte er als jüngster ausländischer Profi der Geschichte in Argentinien, bei CA Banfield. Zwei Jahre später folgte der Wechsel zum FC Porto.

Nun also die WM, bei der Rodríguez in jedem der vier Turnierspiele getroffen hat. In drei von vier Spielen wurde er als bester Akteur ausgezeichnet. Mit fünf Toren ist er nicht nur der erfolgreichste Spieler in Kolumbiens WM-Geschichte. Er liegt derzeit auch vor den erwarteten Größen dieses Turniers, vor Messi, Neymar und Thomas Müller, die bisher je viermal getroffen haben. Hinzu kommen bei Rodríguez noch zwei Vorlagen und die Elogen seines Trainers José Pékerman. Er sei trotz seines jungen Alters ein "Führungsspieler", sagte der Argentinier, "ich hatte nie Zweifel, dass dies seine WM werden würde".

Am Freitag gegen Brasilien könnte sie enden, doch wie die Kollegen und der Trainer strahlte Rodríguez beim Abschied aus dem Finalstadion Maracanã viel Zuversicht aus, ohne abgehoben zu wirken. Über sich sagte er nur kurz: "Ich bin ganz gut in Form."

Kolumbien - Uruguay 2:0 (1:0)
1:0 James Rodríguez (28.)
2:0 James Rodríguez (50.)
Kolumbien: Ospina - Zúñiga, Zapata, Yepes, Armero - Cuadrado (81. Guarín), Aguilar, Sánchez, James Rodríguez (85. Ramos) - Téofilo Gutiérrez (68. Mejía), Jackson Martínez
Uruguay: Muslera - Maximiliano Pereira, Giménez, Godín, Cáceres, Álvaro Pereira (53. Ramírez) - González (67. Hernández), Arévalo, Cristian Rodríguez - Forlán (53. Stuani), Cavani
Schiedsrichter: Kuipers (Niederlande)
Zuschauer: 73.804
Gelbe Karten: Armero - Giménez, Lugano

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten