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Deutschland vs. Serbien: Doppelter Schock vor der Pause

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WM-Flop gegen Serbien Podolski und Klose vermiesen Deutschland das Fußballfest

So sauer hat man Joachim Löw zuletzt selten gesehen: Deutschland hat gegen Serbien verloren - und ausgerechnet die Stars aus dem ersten Spiel haben maßgeblich dazu beigetragen. Klose sah nach 37 Minuten Gelb-Rot, Podolski verschoss einen Elfmeter. Jetzt zittert das DFB-Team ums Weiterkommen.

Es war kurz vor Abpfiff, Nachspielzeit, ein Serbe ließ sich gerade in seinem Sechzehnmeterraum verletzt behandeln - den Deutschen lief die Zeit davon. Da reichte es Joachim Löw. Er schrie, wutentbrannt nahm er eine Wasserflasche, holte aus, schleuderte sie auf den Boden. Dazu machte er ein Gesicht, das alles sagte: Dieser Trainer ist sauer. So sauer, wie ihn die deutsche Öffentlichkeit zuletzt nur selten zu sehen bekommen hat. Nach dem Abpfiff rauschte er sofort in die Kabine.

Als die "neuen Helden des Weltfußballs" wurde die deutsche Fußball-Nationalmannschaft noch zu Spielbeginn von TV-Reporter Béla Réthy gefeiert, aber die Helden haben sich in ihrem zweiten WM-Gruppenspiel gegen Serbien eine Auszeit genommen. In Port Elizabeth unterlag das deutsche Team gegen die kampfstarken Serben 0:1 - ein harter Rückschlag für die Elf von Löw.

Darüber hinaus muss Deutschland im abschließenden Gruppenspiel gegen Ghana (Mittwoch 20.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) auf den gesperrten Miroslav Klose verzichten. Klose sah bereits nach 37 Minuten die Gelb-Rote Karte. Zu allem Überfluss vergab Lukas Podolski auch noch einen Handelfmeter, er scheiterte am serbischen Schlussmann Vladimir Stojkovic. Jetzt muss gegen Ghana gewonnen werden, sonst ist sogar das Erreichen des Achtelfinals in Gefahr.

Löw: "Es ist vieles gegen uns gelaufen"

"Beim heutigen Spiel ist viel gegen uns gelaufen, das war nicht einfach wegzustecken", sagte Löw nach dem Spiel. Er könne seiner Mannschaft dennoch keinen Vorwurf machen, "in der zweiten Halbzeit hat sie alles gegeben". Man habe "immer noch eine gute Chance, das Achtelfinale zu erreichen. Und das werden wir auch schaffen." Sein serbischer Kollege Radomir Antic war vor allem mit der ersten Hälfte seines Teams hochzufrieden: "In der zweiten Halbzeit haben wir das Ergebnis verwaltet. Wir wollten eigentlich mehr nach vorne machen, aber der Druck war sehr stark."

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Fan-Reaktionen: Serbische Sause, deprimierte Deutsche

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Löw hatte in der WM-Vorbereitung mehrfach davon gesprochen, dass auch er nicht wisse, wie das junge deutsche Team auf Extremsituationen bei der Weltmeisterschaft reagieren würde. Bereits im zweiten Gruppenspiel trat so eine Extremsituation ein. Als Klose nach zwei überflüssigen Fouls im Mittelfeld durch den spanischen Schiedsrichter Alberto Undiano mit der Ampelkarte bedacht wurde, schien das Team kurzzeitig in Schockstarre zu verfallen. Nur eine Minute später nutzten die cleveren Serben die neue Spielsituation und erzielten durch Milan Jovanovic das Tor des Tages.

Abwehr beim Gegentor ohne Orientierung

Der serbische Mittelfeldspieler profitierte davon, dass die deutsche Abwehr in dieser Szene komplett desorientiert war. Erst entwischte der agile Milos Krasic zum wiederholten Male Bayern-Verteidiger Holger Badstuber, der einen ganz schwachen Tag hatte. Nach Krasics Flanke gewann Mittelstürmer Nikola Zigic anschließend das Kopfballduell mit Per Mertesacker. Weil auch Philipp Lahm sich zu Zigic orientierte, stand Jovanovic plötzlich vollkommen allein im Fünf-Meter-Raum und musste Zigics Kopfballablage nur noch ins Tor drücken.

Schon von Beginn an war klar, dass dies ein ganz anderes Spiel werden würde als beim WM-Auftakt am Sonntag gegen die Australier. Die Serben mit Weltklasseverteidiger Nemanja Vidic an der Spitze versuchten, die deutschen Angriffe frühzeitig zu stören. Während die Australier der deutschen Mannschaft weitgehend die Initiative überlassen hatten, standen die serbischen Offensivakteure den deutschen Aufbauspielern schon in deren Hälfte auf dem Fuß. Ein Spielfluss kam kaum zustande.

Stärkste Phase nach dem Wechsel

Der konsequent pfeifende Schiedsrichter tat sein Übriges: Er verteilte schon in der ersten Hälfte fünf Gelbe Karten - schon nach einer halben Stunde waren auf deutscher Seite Lahm, Sami Khedira und eben Klose mit einer Verwarnung vorbelastet. Der Mittelstürmer, der zuvor eine durchaus ansprechende Partie abgeliefert und mit zwei knappen Abseitsstellungen Pech gehabt hatte, ließ sich von der kleinlichen Spielführung Undianos nicht davon abhalten, noch einmal im Mittelkreis zu foulen - dass er Gelb-Rot sehen würde, war logisch.

Erst nach dem Rückstand schien die Mannschaft aufgerüttelt und stemmte sich gegen die drohende Niederlage. Khedira bot sich mit dem Pausenpfiff die ganz große Chance im Anschluss an einen Eckball - doch sein Schuss knallte an die Unterkante der Latte. In der zweiten Hälfte ging es weiter Richtung serbisches Tor: Die Anfangsviertelstunde gehörte ganz klar den Deutschen. Es waren die Minuten des Lukas Podolski. Erst konnte der Kölner in der 58. Minute einen perfekten Diagonalpass von Mesut Özil nicht verwerten und verfehlte das Tor knapp. Nur zwei Minuten später traf er aus ähnlich aussichtsreicher Position nur das Außennetz. Und wieder eine Minute danach scheiterte er mit seinem Strafstoß an Torwart Vladimir Stojkovic. Vidic hatte zuvor den Ball im Strafraum unbehindert mit der Hand gespielt. "Gegen Australien geht der erste Schuss rein, und heute gingen sie halt daneben", kommentierte Podolski anschließend.

Der Elfmeter-Fehlschuss war der zweite Schock nach Kloses Feldverweis, den die deutsche Mannschaft wegzustecken hatte. Und diesmal erholte sich das Team nicht mehr. Löw wechselte nach 70 Minuten zwar noch Marko Marin und Cacau ein, später kam noch Mario Gomez, aber alle drei konnten nicht mehr die Wende erzwingen. Im Gegenteil: Die Elf hatte noch Glück, dass Torschütze Jovanovic bei einem der wenigen serbischen Konter in der zweiten Halbzeit nur den Pfosten traf. Zigic köpfte zudem eine Krasic-Flanke auf die Latte.

TV-Experte Oliver Kahn hatte vor dem Spiel im ZDF angekündigt, im Falle eines deutschen Sieges werde er die Nationalhymne auf der Vuvuzela intonieren. Zumindest dies blieb den deutschen Fans am Freitag erspart.

Deutschland - Serbien 0:1 (0:1)
0:1 Jovanovic (38.)
Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Friedrich, Badstuber (77. Gomez) - Schweinsteiger, Khedira - Müller (70. Cacau), Özil (70. Marin), Podolski - Klose
Serbien: Stojkovic - Ivanovic, Subotic, Vidic, Kolarov - Kuzmanovic (75. Petrovic), Stankovic - Krasic, Jovanovic (79. Lazovic) - Ninkovic (70. Kacar), Zigic
Schiedsrichter: Undiano (Spanien)
Zuschauer: 38.294 (in Port Elizabeth)
Gelbe Karten: Khedira, Lahm, Schweinsteiger - Ivanovic, Kolarov, Subotic, Vidic
Gelb-Rote Karte: Klose (Deutschland, 37.) wegen wiederholten Foulspiels
Besonderes Vorkommnis: Stojkovic (Serbien, 60.) hält Handelfmeter von Podolski

Mit Material von dpa
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